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Mode

Neue afrikanische Mode

2050 werden etwa 20% der Weltbevölkerung in Afrika leben, Afrika wird also vielleicht das neue China und modeinteressierten Menschen sollten sich für die Arbeit von Helen Jennings interessieren.
Jamie Clifton
London, GB

2050 werden etwa 20% der Weltbevölkerung in Afrika leben, Afrika wird also vielleicht das neue China und alle fortschrittlichen, modeinteressierten Menschen sollten sich für die Arbeit von Helen Jennings interessieren. Sie war von Anfang an Redakteurin beim Arise Magazine, das sich mit so ziemlich allem, was so in Afrika passiert und neu ist, beschäftigt. Jetzt hat sie das Buch New African Fashion geschrieben, in dem sie die größten neuen aufstrebenden Designer, Models und Künstler der afrikanische Modewelt vorstellt.

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VICE: Hey Helen, warum hast du dich entschieden, dieses Buch zusammenzutragen?

Helen Jennings: Nun, ich denke, in den letzten paar Jahren hat die afrikanische Mode in etwa das durchgemacht, was die japanische Mode in den späten 80ern durchlaufen hat, als diese sehr schnell hochgekommen ist. Ich habe ein bisschen recherchiert und sah, dass es kein Buch zu dem Thema gab. Auf jeden Fall gab es nichts Aktuelles.

Warum ist es plötzlich so aufgeblüht? Du sagst in der Einleitung, es wäre vorher nur eine Quelle der Inspiration gewesen, aber offensichtlich ist es heute viel mehr als das.

Der Raum und die Infrastruktur wachsen gewaltig, genau wie die Kunstszene, die Innenarchitektur und die Mode. Alles ist Teil einer schnell wachsenden Kreativszene. Natürlich wird es auch vom Internet, Blogs und Social Media angetrieben, so wie es überall anders auch ist. Eine andere Sache ist tatsächlich, dass die kreative Industrie als OK angenommen wird. Weißt du, hier wird es angespornt, aber da. Wenn du einen wohlabenden Hintergrund hast, wurde von dir erwartet, dass du Rechtsanwalt wirst oder in einer Firma arbeitest oder in die Medizin gehst oder was auch immer. Wenn du Künstler warst, wurdest du als Penner betrachtet. Jetzt verändern sich die Dinge, es gibt mehr Menschen aus der oberen Mittelklasse, die ihren Abschluss in Kunst- oder Modefächern machen können. Dieser Bereich wächst also stetig.

Bedeutet das dann, die Menschen drücken sich heute in ihrem Alltag mehr durch Mode aus?

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Ja, genau. Alles modernisiert sich. Das, was wir tragen dürfen, verändert sich und die Hürden werden immer kleiner.

Ich vermute, es gibt in Afrika auch eine lange Geschichte der Kleiderherstellung und des Kleiderbedruckens. Wird das nicht immer größer, jetzt, wo es mehr und mehr zeitgenössische Designer gibt, die Aspekte ihrer Kultur in ihre Arbeit einfließen lassen?

Ja, natürlich. Afrika hat eine eigene sehr reiche Kultur, wenn es um Stoffe geht, oder wie die unterschiedlichen Stämme sich kleiden, ihre eigenen Traditionen haben, verstehst du? Und aus internationaler Sicht ist das, denke ich, sehr interessant. Es fühlt sich sehr frisch an. Es ist nicht, wie wenn John Galliano sagt: „Oh, ich verwende jetzt Massai-Muster“. Die Designer, die das tun, werden es natürlich viel besser machen, als wenn beispielsweise Paul Smith es einfach nachmacht.

Ja, was für einen Einfluss hat afrikanische Street Fashion, alte und neue, auf die Designer heutzutage?

Nun, es gibt The Smarteez, die die Dinge von Grund auf beeinflussen. Sie fingen als eine Art schneidernde Straßengang an und haben jetzt ihre eigene Kollektion. The Sapeurs inspirierten Paul Smiths Frühling/Sommer Kollektion 2010—er hat sie einfach total kopiert—es gibt also einen direkten Bezug. Hinsichtlich anderer Einflüsse machen die Designer jetzt mehr mit traditionellen Stoffen und Formen, sie nehmen die und verwandeln sie in High Fashion. Jewel by Lisa, die eine der größten nigerianschen Designerinnen ist, nahm z.B. das Agbada—dieses weite Oberteil, das afrikanische Männer tragen—sah sich ein Foto davon aus den 50ern oder 60ern an und verwandelte es zu Frauenmode.

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Cool. Wann war es genau, dass diese moderne Moderevolution losging?

Also, Design im modernen Sinne machen die Leute in Afrika definitiv schon seit den 50ern und 60ern. Weißt du, Designer, die diese Art von Twiggy-Style-Kleidern gemacht haben und Zeug, das du damals in London oder New York gesehen hast. Die meisten der noch aktiven Designer, die ich im Buch präsentiere, sind aber in den letzten fünf Jahren oder so aufgekommen. In bestimmten Ländern sind Modeindustrie und Fashion Weeks aber immernoch etwas total Neues.

Gibt es Länder in Afrika, die in Sachen Mode besonders fortschrittlich sind?

Ja, es gibt zwei große Modenationen. Südafrika, das offensichtlich das weit entwickelste Land des Kontinents ist. Dort gibt es viele südafrikanische Versionen von großen internationalen Modemagazinen, fortschrittlichere Medien und aktive Blogger. Das andere große Land ist Nigeria, weil es dort viel Wohlstand und viele Leute gibt, die um die Welt reisen.

Eric Raisina.

Haben diese Länder jeweils ihren eigenen Look?

Naja, in Nigeria findest du eine Menge Zeug wie Givenchy und Lara Bohinc, aber es gibt auch viele nationale Designer. Die Designer in Johannesburg sind ebenfalls edler, aber es gibt auch sehr viel einfachere Kleidung für den Strand.

Tragen die Leute irgendwo in Afrika so Zeug wie Gold Coast Trading Co., oder dominieren immernoch Marken wie adidas und Nike den Straßenlook?

Beides, aber Johannesburg ist definitiv am meisten entwickelt für solche Mode. Das Streetwear-Label Ama Kip Kip, das von dort kommt, ist sehr beliebt. Es gibt auch Einige, die diese aus den 80ern inspirierte Retro-Sportswear herstellen. Oder Cuss, eine Zeitschrift, in der es darum geht, 80er-Sportswear und Neon-High-Tops oder was auch immer zu finden. Also ja, dieser eher ausgefallene, sportliche Streetwearlook ist Johannesburg.

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Gibt es auch andere Szenen oder Subkulturen, außer The Smartees und The Sapeurs? So etwas wie Die Antwoords ZEF-Clique, die das Tragen von eigenartiger und unkonventioneller Kleidung als Teil ihrer Subkultur ansieht?

Nun, es gibt eine Menge Streetstyle-Blogs in Ländern wie Kenia und Nigeria, aber die sind geradliniger und konzentrieren sich mehr auf Mode. Aber ich bin mir nicht wirklich sicher. Cuss taucht mit immer seltsameren Subkulten auf. Aber ja, ich bin mit bei ZEF nicht so sicher, Die Antwoord machen mir Angst, um ehrlich zu sein.

Haha.

Ein südafrikanischer Fotograf erzählte mir von der Szene iamcoolkid, die diese 80er-Sportwear-Schiene fährt, aber ich konnte nirgendwo etwas dazu finden.

Buki Akib.

Ich leider auch nicht. Welche afrikanischen Designer sind deine Favoriten?

Hmm, in Nigeria gibt es ein brandneues Label names Maki Oh. Sie hat, glaube ich, in Bournemouth studiert und ging dann zurück nach Lagos. Ich liebe ihre Sachen, sie sind wirklich sehr intellektuell—sehr viel Konzept dahinter. Sie schaut sich auch Stoffe aus der Region an, arbeitet diese aber um und gibt ihnen eine neue Bedeutung. Weißt du, du schaust es dir nicht an und denkst ‚Oh, das ist afrikanisch.' Es ist ein wirklich cleveres Design, sehr speziell.

Magst du es, ein bisschen afrikanischen Einfluss darin zu sehen, wie beispielsweise Drucke von bestimmten Stämmen etc., oder spielt das für dich keine Rolle?

Nein, ich denke nicht, dass das so eng gesehen werden sollte. Einige Designer machen das vielleicht immernoch, weil sie sich bewusst sind, dass sie Außenseiter sind, als Afrikaner wahrgenommen werden wollen. Also benutzen sie klassische afrikanische Motive. Natürlich gibt es auch andere neue Designer, die nicht das Gefühl haben, soetwas tun zu müssen. Stattdessen lassen sie japnische Elemente in ihre Arbeit einfließen, oder nehmen ihre Inspiration aus dem Internet oder vom Futurismus. Man kann da ganz verschieden rangehen und sollte sich nicht auf einen Stil festlegen.

Wer macht das, sich vom Internet und Futurismus inspirieren zu lassen?

Naja, das sind eher die Leute, die sich nicht daran stören, auf ihre eigenen Wurzeln zu schauen. Das ist eine große Debatte—nur weil du afrikanisch bist, heißt das nicht, dass du afrikanisch aussehen musst. Stiaan Louw macht dekonstruierte, auseinandergerissene, trostlos aussehende Kleidung, also ist er da möglicherweise am nächsten da dran, ja.