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Drogen

10 Fragen an einen Drogendealer, die du dich niemals trauen würdest zu stellen

Wen er abzockt, wo er sein Geld versteckt und ob er schon mal Drogen gegen Sex getauscht hat.
Der Drogendealer | Foto: Grey Hutton | VICE

Der Drogendealer | Foto: Grey Hutton Er ist überhaupt nicht so, wie man sich Drogendealer vorstellt. Anfang 20, sieht aus wie aus einer Boyband entlaufen, lächelt viel. Er modelt nebenher, studiert Marketing und sieht im Vergleich zu taffen Typen von The Wire aus, als käme er gerade aus einem Spa. Mit Drogen dealt er schon seit vier Jahren—ein Freund der Familie hat ihn ins Geschäft gebracht.

OK, vielleicht fragt ihr ohnehin die Dealer im Park oder im Club, immer alles, was ihr wissen wollt. Wenn ja, könnt ihr hier aufhören zu lesen. Wenn nicht: die zehn Fragen, auf die wir immer schon mal Antworten haben wollten.

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VICE: Bei welcher Droge zockst du deine Käufer am meisten ab?
Drogendealer: Ecstasy bringt am meisten Profit. Ich zahle für eine Pille 10 Cent. Ich kaufe sie in Großmengen ein und verkaufe sie an Drogendealer weiter, die sie wiederum an Endkonsumenten verticken. Sie müssen mir mindestens 1.000 Pillen auf einmal abnehmen. Wenn ich sie kenne, zahlen sie mir 1 bis 1,50 Euro pro Stück, wenn nicht—zwei Euro. Das heißt, bei einem Deal mache ich mindestens 900 Euro Gewinn.

Im Club kostet eine Pille dann zwischen 5 und 10 Euro—also 50- bis 100-mal so viel wie dein Einkaufspreis. Wie reich bist du?
Ich verdiene rund 10.000 Euro im Monat, während der Festivalsaison kann es auch mehr sein. Aber die Dealer, die an Endkunden verkaufen, verdienen meistens weniger. Ich studiere nebenbei, aber es ist hart, für eine Prüfung zu lernen und zu wissen, dass ich in keinem Job mehr verdienen werde als jetzt. Ich habe deshalb auch schon einmal ein Studium abgebrochen. Als ich ein neues Studium anfing, hörte ich für anderthalb Jahre mit dem Dealen auf, um mich auf die Uni zu konzentrieren. Seit einem halben Jahr deale ich wieder, habe mir aber vorgenommen, nach dem Studium damit aufzuhören. Ich hoffe, ich schaffe das.

Wo versteckst du das ganze Geld?
Einiges liegt auf dem Konto meiner Freundin, der Rest ist auf den Konten meiner engen Verwandten zerstreut. Ich vergrabe nichts und habe keine Geheimverstecke wie in Filmen. Meine Eltern denken, dass das Geld vom Modeln kommt. Welche Drogen, die du verkaufst, würdest du niemals selbst nehmen?
Ich verkaufe nur Weed und Ecstasy und konsumiere beides: Ich kiffe viel, Ecstasy nehme ich ab und zu beim Weggehen. Früher habe ich auch mit Ketamin gedealt. Aber nachdem eine Bekannte einen schlimmen Ketamin-Trip hatte und auch danach noch durcheinander war, habe ich aufgehört. Heroin oder Crack würde ich nie verkaufen. Das gibt schlechtes Karma. Ich denke aber nicht, dass eine Ecstasy-Pille jemanden umbringt. Mir und meinen Freunden, denen ich manchmal was ausgebe, geht es gut. Wir studieren alle.

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Aber als Mittelmann hast du keine Ahnung, was mit den Menschen passiert, die deine Drogen nehmen. Hast du nicht Angst, anderen das Leben zu ruinieren?
Ich vertrau einfach darauf, dass nichts Schlechtes passiert.

Wenn einer deiner Freunde in das Business einsteigen will, würdest du ihm helfen?
Nein. Meine Freunde sollen da draußen bleiben. Ich würde mir zu sehr um sie Sorgen machen. Sie sind zu soft.

Schonmal sexuelle Gefallen gegen Drogen angenommen?
Nein. Aber es gab schon mal eine Frau, die angeboten hat, mit mir gegen Drogen zu schlafen.

Wie schnell würdest du jemandem, in den du verliebt bist, erzählen, dass du dealst?
Ziemlich schnell. Wenn ich Zeit in eine Person investiere, sollte sie damit klarkommen. Meine Freundin weiß Bescheid, möchte aber, dass ich damit aufhöre. Wir streiten uns oft deswegen. Ich weiß nicht, was ich machen würde, wenn sie mich vor die Entscheidung stellt: Drogen oder ich. Ehrlich gesagt ist das Dealen schon meine Hauptarbeit. Ich stehe fast jeden Tag um sechs auf, verbringe den halben Tag damit, meine Geschäfte zu regeln, und setzte mich erst dann an alles andere.

Hast du eine Knarre?
Nein, aber ich wüsste, wo ich eine herkriege. Bis jetzt habe ich keine gebraucht. Die Drogenübergabe ist nicht so gefährlich, wie alle denken. Meistens sind es stinknormale Orte: Hotellobbys, Shisha-Bars, Restaurants. Orte mit Tischdecken sind gut, weil man sich darunter etwas reichen kann. Oder man lässt einfach eine offene Tasche unter dem Tisch stehen und ein anderer lässt beiläufig etwas reinfallen. Wenn es um etwas Großes geht, treffen wir uns auch in Privatwohnungen mit Handyblockern, die ein künstliches Funkloch erzeugen, damit man kein Telefon tracken kann.

Wenn die Polizei dich erwischt, drohen dir bis zu 15 Jahre Knast. Leute, mit denen du Geschäfte machst, können Waffen bei sich tragen. Ist dein Leben in Gefahr, wenn du etwas verkackst?
Ich habe von Kollegen gehört, die Fehler mit dem Leben bezahlen mussten, und kenne ein paar, denen Finger fehlen. Ich selbst habe genug Geld auf die Seite gelegt, damit ich das Geld zurückzahlen kann, falls ein Deal mal in die Hose geht. Aber persönlich habe ich das Gefühl, dass ich als junger schwarzer Mann in meinem täglichen Leben eher in Gefahr bin als bei meinem Job. Wegen des Dealens war ich noch nie in eine Schlägerei verwickelt, aber auf der Straße oder im Club gab es genug Situationen, wo jemand mit einer kaputten Flasche auf mich oder meine Freunde losgegangen ist.

Ich will damit aber nicht sagen, dass Dealen ungefährlich ist. Man hat in dem Umfeld schon mit sehr fertigen Typen zu tun. Einer, den ich kannte, hatte eine minderjährige heroinabhängige Freundin. Eines Tages war sie einfach nicht mehr da. Als ich fragte, wo sie ist, zuckte er nur mit den Schultern, schnalzte sich gegen die Vene und sagte: "Die hatte zu viel." Was ich sagen will: Dealer zu sein, ist nicht glamourös. Ich habe schon mehrere Freunde in Tränen gesehen, die sagten: "Ich will das nicht mehr machen, weiß aber einfach nicht, wie ich da rauskommen soll."