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​Flüchtlinge unter Generalverdacht? 25 Flüchtlingsheime durchsucht

Um 21 Dealer zu verhaften, wurden am Dienstagmorgen Dutzende Flüchtlingsheime durchkämmt. Hinweise auf die Hintermänner wurden wohl keine gefunden.
Foto: VICE Media

Die Polizei hat am Montag in den frühen Morgenstunden zeitgleich 25 Flüchtingsunterkünfte im deutschen Baden-Württemberg durchsucht. Bereits vor Monaten hätten Beamte in Mannheim Hinweise erhalten, dass Flüchtlinge aus Gambia im größten Park der Stadt Hasch, Kokain und Speed verkauft hätten.

Im Zuge der laufenden Ermittlungen seien die Verdächtigen von der zentralen Flüchtlingsaufnahmestelle in Mannheim auf 24 weitere Aufnahmestellen verteilt worden, weshalb der gestrige Einsatz in 25 Objekten unter Mitwirkung von 400 Polizeibeamten notwendig gewesen sei. Im Zuge der Aktion wurden 21 Haftbefehle vollstreckt, vier Flüchtlinge seien nicht anwesend gewesen und seit gestern flüchtig.

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Die Polizei durchsuchte neben Mannheim zeitgleich Unterkünfte in 19 weiteren Städten, wobei sie bei zwei bislang nicht verdächtigen Bewohnern in Mannheim und Tauberbischoffsheim „Drogen und Dealgeld als Beifang" fand.

Die Ermittlungen der Kriminalpolizeidirektion Heidelberg laufen schon seit Anfang des Jahres und richten sich gegen insgesamt über 50 tatverdächtige Schwarzafrikaner, die in Mannheim, überwiegend auf der Neckarwiese im Stadtteil Neckarstadt, mit Marihuana, Kokain und Amphetamin gehandelt haben sollen. - SWR.DE

Über die Menge und Art der gefundenen Drogen sowie den gefundenen Bargeldbetrag gibt es bislang keine Informationen, ein Polizeisprecher gab auf telefonische lediglich Nachfrage an, es habe sich um mehr als eine geringe Menge gehandelt.

Die Polizei wertet die Aktion, in deren Rahmen insgesamt insgesamt 74 Privatunterkünfte von Flüchtlingen durchsucht wurden, als vollen Erfolg. Dem kann man angesichts der aktuellen Rechtslage auch kaum widersprechen.

Trotzdem wird beim Thema Flüchtlinge nicht nur anhand der Aktion in Baden-Württemberg offensichtlich, welche Auswirkungen eine verfehlte Drogenpolitik auf gesellschaftlich viel relevanteren Bereichen haben kann. Ist es wirklich notwendig, wegen 25 zu vollstreckenden Haftbefehlen ein paar tausend Bewohner der 25 Flüchtlingsunterkünfte in den frühen Morgenstunden aufzuschrecken und dafür landesweit 400 Polizeibeamte einzusetzen?

Eine Hausdurchsuchung wegen Drogen ist ein Szenario, das nicht wenige der dort Anwesenden an traumatische Erfahrungen in ihren Heimatländern erinnert. Die Verdächtigen waren anscheinend namentlich bekannt und mehrheitlich auch anwesend, große Drogenfunde waren ebenso wenig zu erwarten wie Widerstand bei der Festnahme. Wieso muss das große Besteck ausgepackt werden, wenn die ganze Sache unauffällig und mit geringen Aufwand ginge?

Eine Antwort wäre: Weil das im Süden eben dazugehört, wenn es um illegale Substanzen geht. Oder ging es um Abschreckung? Besonders interessant ist auch, dass die Polizei laut einem Lokalmedium noch keine Aussage dazu treffen möchte, „ob die Hauptverdächtigen als Einzeltäter oder als Bande agiert haben." Und noch interessanter: „Auch können sie derzeit nicht sagen, wer die Lieferanten der Asylbewerber waren." Das scheint zu bedeuten, dass die Razzia tatsächlich nur dem Zweck diente, Straßendealer aus dem Verkehr zu ziehen.

Im grün regierten Baden-Württemberg herrscht trotz der neu erwachten Liebe der Grünen zu Cannabis in Sachen Drogen immer noch drogenpolitische Steinzeit. In Heidelberg sind verdachtsunabhängige Personenkontrollen mit Leibesvisitation am Wochenende an der Tagesordnung.

Der Kollateralschaden, den eine solche Aktion wie die gestrige besonders in rechten Kreisen anrichten wird, ist bereits abzusehen. Klar, eine Situation wie im Görlitzer Park ist besonders für die Anwohner nicht sehr schön. Aber schuld sind nicht die bösen schwarzen Dealer, das Hasch oder sonst eine Substanz—sondern die extrem restriktive Drogenpolitik in Baden-Württemberg. Wobei es viele Befürworter dieser Politik im Stillen sicher begrüßen, dieses Tool jetzt auch im Kampf gegen Flüchtlinge vermehrt nutzen zu können. In einem Land mit rationaler Drogenpolitik wären dealende Flüchtlinge kein Thema. In einem Land mit rationaler Flüchtlingspolitik erst recht nicht.