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Europawahl 2014

Raus aus der EUdSSR!

Die EU-Austrittspartei will, dass Österreich aus der EU austritt, das ist nicht so schwer zu erraten. Aber was will sie noch?

Der Name der EU-Austrittspartei sagt beinahe alles, was man über ihr Programm wissen muss und alles, was nicht einmal Frank Stronach zu sagen wagte, vertritt sie auch. Für sie bedeutet das Akronym EU nicht Europäische Union, sondern Europas Untergang, Südtirol soll wieder zu Österreich gehören, der Schilling wieder eingeführt werden, Österreich soll nicht nur aus der EU austreten, sondern die EU gleich ganz aufgelöst werden und Europa wieder ein Europa der Nationalstaaten werden.

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Mit der EU-Austrittspartei ist es wie mit anderen Plattformen, die ihr politisches Dasein größtenteils durch Kritik legitimieren. Einerseits ist es schwierig, eine Partei ernst zu nehmen, die in ihrer Kritik am Euro den Begriff Teuro verwendet. Aber Kritik an EU (und Euro) kommt von vielen Seiten und so unbegründet ist sie ja nicht.

Bei der Nationalratswahl 2013 trat die EU-Austrittspartei in Vorarlberg an und kam bundesweit auf 0,01 Prozent der Stimmen. Weil das nicht genug sind, um ein Mandat im Europäischen Parlament zu bekommen, hat sie dieses Jahr mit dem Bündnis Neutrales Freies Österreich eine Wahlallianz mit dem klingenden Namen EU-STOP gegründet. Gemeinsam hoffen sie auf genug Stimmen für die, laut EU-Austrittspartei, Anti-EU-Wahl, die nur von Euphorikern „Europawahl“ genannt wird. Robert Marschall, Obmann der EU-Austrittspartei, hat mir per Mail über die Nachteile, die die EU den Österreichern bringt, seine Glühbirnensammlung und Kriminalitätstourismus erzählt.

VICE: Wie erklären Sie sich die EU-Verdrossenheit der Österreicher?
Robert Marschall: Es kommen jeden Tag Horrormeldungen aus der EU und immer wieder neue Angriffe auf unser Leben, damit Konzerne und Banken profitieren. Außerdem geht es seit dem EU-Beitritt mit der Eigenständigkeit Österreichs immer mehr bergab. Alles wird reglementiert, globalisiert, zentralisiert. Der Bürger wird überrollt von politischen Entscheidungen, in die er nicht mehr eingreifen kann.

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Österreicher und Österreicherinnen merken, dass alles nur noch über ihre Köpfe entschieden wird und alles im Geheimen, wie zum Beispiel der Lissabon-Vertrag, ESM, Verhandlungen mit den USA, Saatgut oder das Glühbirnenverbot. Die EU bewirkt in ihren Mitgliedsstaaten einen Demokratieabbau. Das kommt beim Volk logischerweise nicht gut an. Es wurde seitens der SPÖ-ÖVP-Politik so gut wie nichts umgesetzt, von dem was beim EU-Beitritt Österreichs versprochen wurde, also der Schilling bleibt, der Ederer-Tausender kommt, die Neutralität bleibt, das Bankgeheimnis bleibt, jedes EU-Mitgliedsland hat ein Vetorecht, die Neutralität Österreichs bleibt unangetastet, Österreich kann nach eigenen Ermessen bestimmen, wieviel Transitverkehr durch Österreich zugelassen wird, und noch einige Punkte mehr. Weshalb muss Österreich aus der EU austreten?
Österreich verliert in der EU seine Selbstbestimmung, Identität und eine Menge Geld. Das Geld, das in Österreich erwirtschaftet wird, muss aus unserer Sicht in Österreich bleiben. Es muss der österreichischen Bevölkerung zu Gute kommen und nicht den ausländischen Banken, den Lobbyisten und den Konzernen. Waren Sie jemals für den Beitritt?
Ja. Ich habe 1994 für den EU-Betritt gestimmt. Ich habe den Versprechungen von SPÖ-ÖVP leider großteils geglaubt. 2002 wurde dann mit der Schilling-Abschaffung und Euro-Einführung bei mir der Meinungsumschwung ausgelöst. Weiter ging es mit den EU-Osterweiterungen 2004. Es gab dazu keine Volksabstimmung in Österreich. Damals erahnte ich schon, dass diese EU-Osterweiterung die Österreicher sehr viel Steuergeld kosten wird. 2007 kamen dann noch Rumänien und Bulgarien dazu. 2010 begann dann die EU die „Rettungspakete“ (EFSF) für EU-Mitgliedsstaaten und Banken zu beschließen. Ein Jahr später habe ich die EU-Austrittspartei mitgegründet.

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Ist der Zeitplan auf Ihrer Homepage für Österreichs Austritt aus der EU realistisch?
Ja, denn auch in anderen EU-Staaten wird bereits ein EU-Austritt gefordert. Großbritannien hat auch für 2015 eine Volksabstimmung zum EU-Austritt angekündigt. [Das EU-Referendum in Großbritannien findet 2017 statt, nicht 2015]. Warum nicht auch in Österreich? Was erhoffen Sie sich vom Wahlbündnis mit dem NFÖ?
Eine gute Zusammenarbeit und schnelleres Erreichen unserer Ziele. Da wir, um bei der Wahl antreten zu können, 2600 amtliche Unterstützungserklärungen in nur vier Wochen sammeln müssen, wird sich das mit einem Kooperationspartner erheblich einfacher gestalten. Zudem wird es für die Medien schwerer, zwei Kleinparteien zu ignorieren, als nur eine. Soll sich die EU auflösen, oder sind Sie zufrieden, wenn Österreich aus der EU austritt?
Oberstes Ziel ist natürlich der Austritt Österreichs aus der EU. Da wären wir schon sehr zufrieden, wenn wir das erreichen. Österreich wäre wieder frei, neutral und unabhängig, so wie die Schweiz. Das Konstrukt der EU hat wahrscheinlich sowieso ein Ablaufdatum, wenn die weiterhin so agieren. Was sind die wichtigsten Schritte für eine Auflösung und in welchem Zeitraum ist sie realistisch?
Die wichtigsten Schritte sind erstens die Re-Demokratisierung Europas durch Selbstbestimmung der Völker in ihren jeweiligen Staaten. Zweitens die Wiedereinführung der jeweiligen Landeswährungen. Und drittens die schrittweise EU-Auflösung. Nichts braucht überstürzt werden. Die Auflösung der EU wird aber voraussichtlich sehr viel rascher erfolgen, als ihre Entstehung.

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Inwiefern profitiert Österreich, wenn der Schilling wiedereingeführt wird?
Mit einer eigenen Landeswährung kann ein Land eine Wirtschaftspolitik machen, die für dieses Land optimal ist. Mit einer Fremdwährung geht das nicht. Der Euro wird vermutlich daran zerbrechen, dass diese Währung eben nicht für Griechenland, Spanien, Österreich und Deutschland gleich gut geeignet ist. Nur bei ähnlich produktiven Volkswirtschaften machen eine gemeinsame Währung und fixe Wechselkurse Sinn. Mit der Rückkehr des Schillings gäbe es weniger Arbeitslose und mehr Wohlstand in Österreich. Das österreichische Steuergeld bliebe wieder in Österreich.

Weshalb sollte Österreich wieder Grenzkontrollen einführen?
Der grenzüberschreitende Kriminalitätstourismus ist massiv angestiegen, also Diebstähle, Menschenhandel, Drogenhandel und Waffenhandel. Die Bevölkerung ist verunsichert und die Polizei schafft es nicht, diese Kriminalität einzudämmen. Die Situation wird mit Sicherheit auch nicht besser, da Frau Mikl-Leitner beschlossen hat 122 Polizeiposten in Österreich zu schließen.

Wie erklären Sie sich die geringen Stimmen für Ihre Partei bei der Nationalratswahl 2013, wenn die Österreicher so EU verdrossen sind?
Die Berichterstattung der Medien über die Teilnahme der EU-Austrittspartei war quasi nicht vorhanden. Wenn die Bürger nicht wissen, dass es uns gibt, unterstützt und wählt uns natürlich auch keiner. Außerdem hatten wir nur wenig Geld, schon auch deshalb, da wir keine Parteiförderung bekommen. Jedenfalls durften wir letztendlich nur in Vorarlberg auf dem Stimmzettel stehen. Wie wäre es der SPÖ, ÖVP oder anderen Parteien ergangen, wenn sie nur in Vorarlberg auf dem Stimmzettel hätten stehen dürfen?

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Die EU-Austrittspartei hat die Lösung für alles. Wo sehen Sie bei sich und Ihrem Umfeld die Nachteile, die durch die EU entstanden sind?
Wie schon bemerkt, die Kriminalität und die Zuwanderung sind massiv angestiegen. Da steigert das Unbehagen. Wien ist nicht mehr „wienerisch“ oder eben nur mehr in wenigen Ecken. Die Grundnahrungsmittel haben sich verteuert, die Lebensmittel deutlich weniger Qualität. Außerdem kann man keine Glühbirnen mehr in Österreich kaufen. Ich habe zwar einen großen Vorrat an Glühbirnen, aber der geht auch irgendwann einmal zu Ende.

Das österreichische Sozialsystem wird gerade durch die Zuwanderer zerstört, wenn diese Leistungen beziehen ohne vorher jemals dafür eingezahlt zu haben. Das hält unser Sozialsystem auf Dauer nicht aus. Deshalb steigen Selbstbehalte bei der medizinischen Versorgung und Wartezeiten in den Krankenhäusern, zum Nachteil der Österreicher und Österreicherinnen. Die österreichischen Staatsschulden und Staatshaftungen sind enorm gestiegen. Für diese werden wir mit unserem Steuergeld in Zukunft teuer bezahlen.

Sie sagen „Österreich braucht eine politische Erneuerung", ein sehr großer Teil Ihres Parteiprogramms fordert aber zurück zu Abgeschafftem. Wie passt das zusammen?
Österreich braucht eine politische Erneuerung vor allem bei den Politikerinnen und Politikern, denn die jetzigen Politiker buckeln nach oben (EU) und treten nach unten auf die „Kleinen“, nämlich auf Herr und Frau Österreicher. Österreich braucht dringend ganz neue Parteien und Programme, weil die jetzigen Systemparteien versagt haben. Es bedarf in Österreich auch einer moralischen Erneuerung. Die Korruption in Österreich kostet zirka 20 Milliarden Euro pro Jahr, also im Jahr mehr als die ganze Hypo-Alpe-Adria-Finanzkatastrophe in zehn Jahren. Wo bleiben da die Staatsanwaltschaft und die Gerichte in der Strafverfolgung?

Derzeit gibt es fast doppelt so viele Zuwanderer, als Lebendgeburten in Österreich. Das kann auf Dauer nicht gut gehen. Wir sollten hauptsächlich auf die eigenen Familien und Kinder setzen und nicht auf Zuwanderer. Das würde mehr sozialen Frieden in Österreich und insbesondere in den Schulen bedeuten. Österreich würde dann auch bei den PISA-Schultests wieder besser abschneiden. Möchten Sie mir verraten, welche Partei Sie vor EU-AUS gewählt haben?
Ich bin schon seit über einem Jahrzehnt Wechselwähler. Ich stimme nun meist für Kleinparteien. Nur so wird die politische Erneuerung Österreichs funktionieren.

Folgt Hanna auf Twitter: @HHumorlos