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Eure Klischees über Schwule sind peinlich—und unsere auch

Stehen sie tatsächlich auf Celine Dion? Hassen sie Vaginas? Wählen alle Grün? Und riechen sie wirklich immer gut?

Foto von VICE Media

Auch wenn der Mensch es in sagenhafter Rekordgeschwindigkeit geschafft hat, sich vom knochenschwingenden Wilden zum Atomkerne-spaltenden Genie zu entwickeln, das selbst Katzenfutter übers Internet bestellt, sind wir eigentlich noch immer dieselben beschränkten Wesen aus der Steinzeit. Wir haben Angst vor Spinnen, obwohl es eigentlich die Spinne sein sollte, die sich vor dem Raubtier Mensch verkriecht. Und wir vereinfachen uns täglich die Welt auf eine extrem abartige Weise, teilen sie in Schubladen und Kategorien ein und schließen von einem Einzelbeispiel auf die Allgemeinheit. Am allerschlimmsten sind allerdings Klischees—also Vorurteile, die nicht einmal auf Erfahrungen basieren, sondern nur auf bestimmte, von der Gesellschaft vermittelte Bilder zurückgreifen. Diese Klischees sorgen dafür, dass wir weniger Zeit mit Nachdenken verschwenden müssen und uns stattdessen auf die wichtigen Dinge des täglichen Leben konzentrieren können: Konsum.

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Also haben wir beschlossen, ein paar dieser Klischees zu hinterfragen und uns passend zum Life Ball bei ein paar unserer schwulen Freunde erkundigt, ob sie tatsächlich auf Celine Dion stehen, Grün wählen und immer gut riechen. Und ganz ehrlich, wir sind uns nicht sicher, ob wir bei den Antworten nicht einfach nach Strich und Faden verarscht wurden. Aber das ist uns egal. Wir lieben euch, ihr Homos!

Alle Schwulen sind Dramaqueens.

Foto von Jamie Lee Curtis Taete, VICE Media

Alex: Das ist leider nicht der Fall. Das schaffen nur die wenigsten, auch wenn sich jede Arschtucke vom Land, die mal Stylist werden will, diese Attitüde antrainiert hat—nur sehr wenige schaffen es eine echte Queen zu werden. Eine Queen ist weitaus mehr, als sich den Schluckreflex weggesoffen zu haben und jeder U-Bahn hinterher zu kreischen. Mein Freund Andres ist zum Beispiel eine echte Dramaqueen. Er kann seine Hand in eine Puppe verwandeln. ,Lutetia' war tatsächlich 3 Wochen mit in Südafrika. Jeden Tag, jede Stunde. Im Restaurant wurde immer für sie mitbestellt.

Johannes: Auf keinen Fall sind alle schwulen Männer Dramaqueens, es gibt genug „gstandene Männer“.

Flo: Wenn mir eine Beziehung zu kompliziert wird und zu viel Drama mit sich bringt, bin ich raus.

Andy: Alle MENSCHEN sind Drama Queens, mittlerweile, oder?!? Ist doch eh schon der allgemeine default modus… Kein Billa einkauf ohne Shitstorm.

Manuel: Es gibt wahnsinnige Queens unter uns, die Diva, Zicke und Tratschtante sehr gut vereinen. Sind aber nicht in der Überzahl. Ich denk aber schon, dass Schwule prinzipiell eher zu Drama, Baby, Drama neigen als Heten.

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Dorian: Die größten Drama Queens sind meist heterosexuelle Männer. So viel selbstmitleidiges Jammern sieht man bei Frauen und Schwulen selten. Wenn mir was gegen den Strich geht, versuch ich persönlich eher, die Leute durch emotionale Kälte und Liebesentzug fertig zu machen. Dann wirke ich cool und macho. Bilde ich mir gerne ein.

Schwule mögen keine Lesben.

Foto von Jamie Lee Curtis Taete, VICE Media

Johannes: Schwule lieben Lesben—man hat ja in Homophoben einen gemeinsamen Feind, der zusammenschweißt. Ich sag zwar immer, dass ich Lesben nicht mag, aber das mache ich nur, weil ich Angst habe, dass sie mir sonst ihre Vaginas zeigen.

Flo: Wieso sollte ich sie nicht mögen?

Dorian: Fuck. Guilty. Ich kenne nur wenige Lesben. Die verstecken sich ja zum Lachen im Keller, während ich mit der Federboa im Glashaus tanze. Im Ernst, nix gegen Lesben natürlich, auch nur Menschen. Nur leider manchmal Menschen, die glauben, auch ohne Alkohol Spaß haben zu können. Ich warte sehnsüchtig auf eine Alpenversion von Ellen DeGeneres.

Andy: Lesben mögen keine Lesben—ich mag meine Lesben schon. Lesben mögen ‚uns’ nicht, da hats was mit Humor und dem Mangel davon. Lesben sind ein bissl wie Deutsche, was das betrifft.

Manuel: „Nicht mögen“ würde ich nicht sagen. Es ist oftmals eher ein gegenseitiges vorsichtiges Beschnuppern, obwohl sich hier in den letzten Jahren echt viel getan hat. Ganz so dramatisch ist es also nicht, aber sagen wir so: Es gibt einen Grund, wieso es keine bis sehr, sehr wenige „Schwule UND Lesbische Lokale“ gibt.

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Alex: Lesben sind natürlich total schrecklich. Sie können nicht abwaschen, stehen viel zu früh auf, wollen sich nie richtig besaufen und nerven alle damit, dass es keine gescheiten Lesbenbars gibt. Das wird ja wohl nen Grund haben! Aber seitdem ich in New York lebe, sind meine besten Freunde alles Lesben. Oder Lesbianerinnen. Meine lesbische Freundin Maja trifft sich oft mit Power Lesben. Das sind Lesben mit Power. Anwälte oder Richterinnen, CEOs. Mit denen spielt sie Tennis. Manchmal spielen sie gemischtes Doppel. Schwul/Lesbisch gegen Lesbisch/Schwul. Ich hoffe ich darf bald mal mit. Perfekt ist auch lesbisch-schwules Baseball, weil Schwule extrem gut schlagen können und Lesben voll gut werfen.

Jeder Schwule hört gern Celine Dion und Barbra Streisand.

Foto von Austin Young, via VICE Media

Manuel: Nein, stimmt nicht. Auch wenn die Damen schon beliebt sind in der Gay Community. Was aber schon stimmt, ist, dass sehr viele Schwule sich zu mythenhaften Diven mit großen Stimmen hingezogen fühlen, wie Mariah Carey, Christina Aguilera, Whitney Houston, Madonna oder Kylie. Die sind ja auch einfach cool, die Ladys.

Andy: Jeder Schwule über 40… Darunter eher Madonna, Lady Gaga, Rihanna, Queen B… alles was geil ist und je nuttiger desto besser.

Johannes: Nicht jeder Schwule hört gern Celine Dion oder Barbra Streisand, wobei, der Song mit dem Celine Dion 1988 den Songcontest gewonnen hat ist schon toll.

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Alex: Ich habe tatsächlich meiner Mutter mal eine Celine Dion CD geschenkt. Dann habe ich sie selber gehört. Im Ski Urlaub zum Einschlafen. Mir war es extrem peinlich. Ich hatte nur Albträume, dass ich erwischt werde. Niemand weiß es. Noch viel schlimmer als Celine Dion oder Barbra Streisand sind aber so Sachen wie Anastacia.

Dorian: Nicht genug Schwule hören Barbra und Celine! Ich bin immer der uncoolste Homo, was Musik betrifft. Hör doch einer einmal die Kastagnetten in „It's all coming back“! Die Kastagnetten!!

Flo: Ich könnte spontan nichtmal einen Barbra Streisand-Song nennen. Aber ich mag die Metal-Version von Celine Dions „My heart will go on“! Ich denke, dass Schwule mittlerweile ganz andere Idole haben, die sie das schwule Klischee erfüllen lassen. Britney etwa.

Schwule sind gepflegt und kleiden sich gut.

Foto von Daniel Gottschling, via VICE Media

Dorian: Ich bin ein Schwein. Ich dusche zwar mindestens einmal täglich und habe zu viel Zeug in den Haaren, aber ich sollte meine Finger- und Zehennägel öfter schneiden und wenigstens einmal im Jahr die Wohnung putzen. Meine Kleidung geht meist in Richtung „bequem“. Monotone Shirts und dreckige Sneakers. Ich versuche immer seltener, mal ein originelleres Fashion-Statement zu machen, da das von meinen Freunden mit hyänenartigem Gelächter quittiert wird. Wichser …

Flo: Meine Freunde beschreiben mich ganz gerne mal als „den grausigsten Menschen, den sie jemals kennengelernt haben“. Aber zumindest kleide ich mich, denke ich, nicht allzu schlecht.

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Andy: Gepflegt sein und sich gut kleiden ist so relativ, aber zumindest verwenden wir nicht Axe.

Alex: Da gibts eine relativ einfache Skala. Wenn sich jemand extrem gut anzieht, hat er viel Geld, ist fett und hat nen kleinen Pimmel. Normal gut angezogen ist normal viel Geld, normaler Body und normaler Penis. Schlecht angezogen sind arme Fickmaschinen. Das gilt allerdings nur für Österreicher. Also kommt es immer drauf an, wie lange man bleiben will. Oder ob man gleich auf der Strasse oder im Park bleibt.

Johannes: Ich schon!

Manuel: Leider nicht alle, aber schon sehr viele. Wobei ich immer mehr Heten kennenlerne, die auch große Fashionistas und Kosmetik-Fetischisten sind. Aber ja, modebewusst sind schon viele von uns.

Schwule haben unkomplizierteren Sex und sind promiskuitiv.

Foto von Reikon Devour

Dorian: Bitte, ich habe nicht annähernd so viel Sex wie ich sollte. Und wenn doch, dann will mich oft der Aufriss im Anschluss gleich heiraten. Ich bin doch nicht lesbisch!

Andy: Unkompliziert würd ichs nicht nennen wenn man jedes Mal erstmal ne Darmspülung machen muss vorher, und umfangreiche Gerätschaften dazu braucht wie Backfett, Tierarzthandschuhe etc. Hereros brauchen nur Missionarsstellung und 'du nimmst eh die pille, oder?'

Johannes: Eigentlich wollen wir auch nur Liebe. Bei mir ist das mit der Promiskuität aber so wie so oft problematisch, weil ich oft zu faul bin, mich zu rasieren.

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Alex: Naja. Ist doch egal.

Flo: Mann ist Mann. Meine Heterofreunde sind da genau so wie die Schwulen. Wenn ich in einer Beziehung bin, lebe ich monogam und als Single hab ich auch nicht mehr Sex als der Durchschnittshetero. Das ist wohl Charaktersache.

Manuel: Was soll ich da jetzt sagen, ohne sämtliche Klischees zu bestätigen? Ich drücke es folgendermaßen aus: Meine Heten-Freunde beneiden mich oft, wenn ich so erzähle aus der schwulen Welt, und die Mädels schütteln ungläubig den Kopf.

Die liebste Handbewegung von Schwulen ist „Limp Wrist“.

Foto von VICE Media

Johannes: Schwule Männer haben vielleicht eine besonder Gestik—man muss sich ja ausdrücken. Beim vielen Gestikulieren kommt dann halt auch öfters die „limp wrist“ vor (musste gerade nachschauen was das ist).

Alex: Aber ganz neu ist der Arschblinker. Beide Hände seitlich des Gesäßes anbringen. Und dann die Handflächen auf und zuklappen. Der Arschblinker!

Andy: Daneben gibts noch die allseits beliebten jazz hands, surprise jazz hands, magic fingers, die taschensonne und natürlich den überrascht bestürzten COLLIERGRIFF!!!!

Manuel: Nein, absolut nicht wahr. Ich kenne eigentlich sehr, sehr wenig Schwule, die mit gebrochenen Handgelenken herumfuchteln. Dieses Bild kommt eher vom Fernsehen.

Flo: Nein. Platz 1.: Masturbieren. Platz 2.: Mittelfinger zeigen. Platz 3: „Limp Wrist“. Wie bei jedem anderen Mann auch.

Schwule finden Vaginas ekelig.

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Foto via Jamie Lee Curtis Taete, VICE Media

Flo: True. Nothing to add.

Alex: Ich habe noch nie eine gesehen. Ausser im Fernsehen. Ich bin ein Golden Star. Untouched.

Andy: Sind sie ja auch… Iä iä cthulhu ftaghn.

Johannes: Ich finde Vaginas richtig eklig. Wäh.

Dorian: Ich kenne Vaginas nicht gut genug, um sie eklig oder geil zu finden. Ich verstehe sie nicht. Ich bin aber fasziniert von ihnen und lerne von Freunden immer gerne neue Fun Facts dazu.

Manuel: Schwierig zu sagen, ob das stimmt oder nicht. Ich weiß nur, dass sehr viele Schwulen keine Heten-Pornos mögen und Muschis und Titten bis zu einem gewissen Grad befremdlich finden. Ich glaube eher, dass die meisten Schwulen Vaginas einfach nicht anziehend, aber bei weitem nicht eklig finden.

Schwule haben überdurchschnittlich viel Geld.

Foto von VICE Media

Johannes: Wenn das Argument stimmt, dann nur weil sie noch keine Kinder adopierten dürfen.

Alex: Es gibt auch arme Schwule, aber das ist sehr selten. Schwulsein kostet extrem viel Geld. Ich hab mir als Zwölfjähriger Prospekte vom Orient Express schicken lassen. Und dann drei Jahre später waren mit Rochenhaut bespannte Kartons totschick. Irgendwie wird man dann automatisch schnell reich.

Manuel: Schön wär’s, Bitte her mit den Sugar Daddys!

Dorian: Blödsinn. Ich verdiene nicht annähernd so viel wie ich sollte. Ich kenne aber ein paar Schwule mit reichlich Geld und überlege manchmal eine Karriere als Trophy Husband. Dafür müsste ich nur öfter ins Fitnessstudio … pass.

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Andy: Schön wärs… Wenn man hiesige Schwule mit dem Durchschnitt in Somalia vergleicht dann bestimmt.

Flo: Haha.

Alle Schwulen sind liberal.

Foto von David Goehring

Johannes: Come on, schau in die ÖVP.

Flo: Vermutlich öfter als Heteros, muss aber nicht sein.

Dorian: Naja … tendenziell schon. Aber nicht mal, wenn's um Schwulenrechte geht, sind alle wirklich aufgeklärt. Ich warte sehnsüchtig auf Homo-Ehe und Adoptionsrechte, damit ich in meiner FB-Timeline weniger Food Porn und mehr Kinderfotos habe. Als diskriminierte Minderheit bist du für manche Menschenrechtsthemen doch stärker sensibilisiert. Nicht immer erstreckt sich das aber auf Themen, die einen nicht persönlich betreffen, wie Sexismus, Rassismus, Asylrecht etc. Da sind zu viele Menschen an allen Ufern reaktionäre Vollkoffer.

Alex: Keine Ahnung. Bei den letzten zwei Wahlen hat mein Vater für mich angekreuzt. Ich denke das ist nur gerecht, denn ich habe meine Eltern natürlich spüren lassen, dass es eine Frechheit war, mich auf die Welt zu bringen. Als Gegenleistung bekommen sie mein Wahlrecht. Ich finde, hier gehe ich mit gutem Beispiel voran. Nur fette Schwule gehen wählen.

Andy: Ich persönlich bin eh für traditionelle Familienwerte. Nur soll sich halt jeder, der Kinder will, aufs Land schleichen und erst zurückkomen wenn sie mindestens 18 sind.

Manuel: Da muss ich laut lachen. Obwohl, da darf man ja nicht lachen. Weil das ist eigentlich traurig, weil Schwule genauso intolerant sein können wie alle anderen Männer und Frauen auch. Auch in der Gay Community gibt es FPÖ-Wähler.