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Refugees im Orbit

ACAB und wie einfach der Widerstand im Internet ist

Als am Sonntag die Nachricht von der Abschiebung von acht Asylbewerbern publik wurde, waren viele Menschen zurecht empört. Nach der Veröffentlichung des Videos "Wir san voi zaumgrennt" ist die Aufregung aber ziemlich daneben, findet Aras.

Gestern wurde von ungefähr 65.374 Menschen ein Video von einer Demonstration anlässlich der laufenden Abschiebung von acht Asylwerber aus Pakistan geshared, wobei 65.373 Menschen den Link mit dem Slogan ACAB kommentierten. Aras war einer der wenigen, die das Video anders interpretiert haben, also haben wir ihn gebeten, seine Sicht der Dinge für uns zu Papier zu bringen, wobei wir mit Papier eine FB-Message meinen, in der uns dieser Text erreicht hat.

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Österreich hat nicht die hellsten Politiker. Sie sind kleinbürgerlich und haben nicht die geringste Ahnung von der Brutalität in der Welt und keinen blassen Schimmer von Ausmaß und Auswirkung ihrer Handlungen. Fr. Mikl-Leitner und ihre Berater denken offensichtlich keine Melange lang drüber nach, was den 8 Personen in Pakistan widerfährt, die uns in der universellen Sprache der Angst versucht haben, verständlich zu machen, dass das pakistanische System mit seinen Gefängnissen und Geheimdienstpraktiken unvorstellbar bedrohlich ist. Setzt sie in ein Flugzeug, gebt ihnen die grauslichen Makkaroni und lasst sie ausnahmsweise ZWEI Brötchen haben, während diese Menschen akzeptieren müssen, dass im schlimmsten Fall niemand jemals wissen wird, wo diese Menschen am Ende landen–mit oder ohne Kugel im Kopf.

Aber als man die Stimmen „EMPÖRT euch!“ durch die Gassen schreien hörte, war es nicht aufgrund des Schicksals dieser Flüchtlinge, sondern wegen einem Österreicher, der „mit Leib und Seele Polizist“ ist und als Hobbys „meine Frau und mein Hund“ nennt. Anlass für den Aufruhr war sein Zusammenstoß mit einer jungen „engagierten“ Dame, die wahrscheinlich mit Leib und Seele Demonstrantin ist und der ich nach der Aktion von gestern als Hobby „Straßenschlachten“ unterstellen würde. Aber seht euch einfach selbst das Video von Carina Lentsch an.

Video von Carina Lentsch

Das einzige, was hier wirklich passiert, ist ein schwachsinniger Zusammenstoß und die daraus resultierende Geilheit pseudorevolutionärer Individuen aus allen politischen Richtungen. Denn egal, wie oft ich mir das Video anschaue, ich sehe immer wieder dasselbe: Der Polizist läuft in Richtung des abgesperrten Raums los um die Frau davon abzuhalten, dasselbe zu tun und ohne sich der möglichen Folgen bewusst zu sein, während die junge Dame exakt dasselbe tut (nur mit gegenteiliger Intention), wobei sie nicht ganz idealerweise in genau dem Moment, als sich ihre Blicke treffen, beschleunigt.

Die Tatsache, dass in der Sekunde ihres Falls sein Arsch geschlottert hat, es ihm sichtbar leid tat und beide keinen blassen Dunst vom Autodrom-Effekt haben, lässt mich noch mehr NEIN zu eurer vorschnellen Police Brutality-Geilheit sagen. Was hier passiert ist, war KEINE Police Brutality. Es widerspricht ganz einfach der Definition des Begriffes. Der Vorgang war schlichtweg BESCHEUERT. Wir leben in einem Land, in dem Marcus Omofuma (übrigens: wäre dies in Marseille passiert, hätten Autos gebrannt – Kontext Vienna Revolutionary Movement) zum Glück beschissene Einzelfälle und kein längst akzeptierter Alltag sind. Aber leckt mich am Arsch mit dem Pseudoscheiß und spielt mir hier nicht Anonymous in Gesundheitslatschn mit einem Schuss Internet-Mut. Ihr wollt ein Zeichen setzen? Dann tut was und denkt vorher einen kurzen Moment nach: Geht auf die Straße, aber denkt vorher über Taktik, Formation, Einschätzung aller Gefahren und Risiken nach und bitte, bitte schickt keine Schreiber nach vorne.

Schickt eure schnellsten und beweglichsten vor. Besorgt euch Pläne über die Infrastruktur des Gebäudes. Wisst, wo sie euch einkesseln können und macht euch über Fluchtwege schlau. Kommt als eine Truppe nicht als vereinzelte Chaoten. Verwirrt unsere „Spezial-Einheiten“. Baut Scheiße, die das Schema dieser Menschen in UNIFORMEN bricht. (Nutzt eure begrenzten, aber vielseitigen Mittel. Ihr seid ja alle clever, oder?) Ihr wollt internationale Aufmerksamkeit? Schickt eure Schreiber an die Tastaturen und lasst sie alles und jeden kontaktieren, was auch nur im Entferntesten damit zu tun hat. Nutzt eure Connections. Und wenn ihr so rough und ACAB seid, dann müsst ihr wohl auch in Kauf nehmen, eventuell mit Schmerzen aufzuwachen, ob in einer Zelle oder in einem Krankenhaus. Ergo: Ja, da draußen hinter den Grenzen von Untertupfing passiert etwas. Seid keine Naivlinge.

Falls ihr euch für die Anliegen der Refugees einsetzen wollt, solltet ihr euch hier schlau machen oder bei Refugee Camp Vienna. Heute findet auch eine Demonstration gegen die Abschiebung der Refugees statt.

Und hier geht es zur VICE Berichterstattung über das Refuggee Camp von Anfang diesen Jahres.