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Alles, was ihr über Transitzonen wissen müsst

Die Bundesregierung plant Transitzonen für Flüchtlinge. Doch wie sollen die aussehen? Was erwartet die Menschen dort? Und was bringen sie eigentlich?

Foto: Imago | Pixsell

Immer mehr Menschen aus Syrien und anderen Krisengebieten suchen in Österreich, aber vor allem in Deutschland Schutz. Allein Berlin muss pro Tag 1.000 Asylsuchende registrieren. Weil die Behörden damit völlig überfordert sind und sich die Asylanträge stapeln, möchten CDU und SPD am kommenden Donnerstag deshalb über die Einführung von sogenannten Transitzonen abstimmen. Sie sollen es dem Staat ermöglichen, abgelehnte Asylbewerber schneller abzuschieben. Aber wie sollen diese Transitzonen eigentlich aussehen? Und was erwartet die Menschen dort? Wie immer haben wir für euch die wichtigsten Infos einmal zusammengefasst.

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Was zum Henker sind Transitzonen?

Transitzonen sind eigentlich keine neue Erfindung. In einigen deutschen Flughäfen, die von internationalen Fluggesellschaften angeflogen werden, gibt es sie bereits seit 20 Jahren. Reisen Asylsuchende ohne oder mit gefälschten Ausweisdokumenten ein oder kommen aus vermeintlich „sicheren Herkunftsländer", können sie in der sogenannten Transitzone am jeweiligen Flughafen festgehalten werden. Dort wird dann in der Regel innerhalb von einer Woche darüber entschieden, ob der jeweilige Asylantrag begründet ist und ob die Person einreisen darf oder nicht. Transitzonen sind also neutrale Räume auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland. Ähnliche Räume will die CDU nun auch an den grünen Landesgrenzen schaffen.

Wie sollen Transitzonen aussehen?

Das weiß bisher niemand so genau. Weder zur Größe solcher Zonen noch zur Ausstattung hat sich bisher jemand geäußert. Klar ist jedoch, dass es dort neben Ärzten auch Rechtsanwälte und sogar Verwaltungsgerichte bräuchte. Denn jeder Asylsuchende hat Anspruch auf Rechtsbeistand. Bei der großen Anzahl an Flüchtlingen ist also zu befürchten, dass ganze Städte an den Grenzen entstehen müssten.

Ergeben diese Zonen also überhaupt keinen Sinn?

Es ist zu bezweifeln, dass sich bei der Masse an Flüchtlingen innerhalb von nur ein paar Tagen klären lässt, ob ein Asylsuchender einreisen darf oder nicht. Denn was an Flughäfen funktioniert, muss noch lange nicht an den Landesgrenzen funktionieren. Schließlich kommen jeden Tag Tausende Flüchtlinge an den Grenzen an. Am Frankfurter Flughafen waren es hingegen im gesamten letzten Jahr nur 643 Personen, berichtet die Tagesschau auf ihrer Website. Es besteht also die Gefahr, dass die Asylanträge auch in den Transitzonen nicht schnell genug bearbeitet werden können. Wird ein Asylantrag nicht innerhalb von einer Woche bearbeitet, ist dem Flüchtling ohnehin die Einreise zu gestatten.

Sind Transitzonen deshalb nur Flüchtlingsgefängnisse?

Pro Asyl sowie SPD befürchten, dass Transitzonen eine Art Haftlager für Flüchtlinge sein könnten. Denn dort würden bloß Menschen eingesperrt, die Hilfe bräuchten, heißt es. Die CDU weist diesen Vorwurf zurück. Man wolle niemanden der Freiheit berauben. Auch das Flughafenverfahren sei nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine Hafteinrichtung. Aber wie möchte man die Flüchtlinge dazu bringen, sich freiwillig in die Transitzonen zu begeben, wenn sie auch einfach an ihnen vorbei spazieren könnten? Vermutlich könnte sie nur eines darin hindern, außerhalb der Transitzone einzureisen: Ein meterhoher Zaun nach ungarischem Vorbild.

Foto: Imago | Xinhua

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Warum herrscht zwischen CDU und SPD Beef?

Ob die Transitzonen an den grünen Grenzen tatsächlich das neue weltoffene und freundliche Gesicht Deutschlands werden, entscheiden CDU und SPD am Donnerstag. Doch die Fronten sind verhärtet. Zuletzt lieferten sich beide Parteien harte Wortgefechte. So hatte Sigmar Gabriel das Transitkonzept bereits abgelehnt. Bei täglich 10.000 Flüchtlingen gäbe es in drei Tagen 30.000 Haftplätze, dafür müsse man ganze Fußballstadien umrüsten, sagte der Vizekanzler. Stattdessen möchte die SPD lieber finanziellen Druck auf die Flüchtlinge ausüben, um sie davon abzuhalten illegal einzureisen. Wer sich nicht in den Einreisezentren registrieren lässt, müsste dann teilweise auf Geld vom Staat verzichten. Das Problem der langen Bearbeitungszeiten bei Asylanträgen wäre damit aber auch nicht gelöst.

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Kommen aufgrund von Transitzonen weniger Flüchtlinge nach Deutschland?

Vermutlich nicht. Denn das eigentliche Problem können Transitzonen nicht lösen. So lange ihre Heimatländer in Schutt und Asche liegen, werden nach wie vor Menschen nach Deutschland kommen. Und viele von ihnen werden dies in der Hoffnung auf ein besseres Leben wahrscheinlich auch illegal tun. Und Zäune und Transitzone werden sie nur schwer darin hindern können.