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_Dies ist ein Auszug aus dem Kapitel "From Saddam with Love" aus Shahaks Buch DAS WIRD MAN JA WOHL NOCH SCHREIBEN DÜRFEN!_Genau wie die Erinnerung an den ersten Kuss haben viele Israelis die Erinnerung an die erste Bombe, in der sie in nostalgischen Stunden schwelgen. Manche stehen mehr auf Sprengladungen, ich bin eher der Raketen-Typ. Meine erste war eine heiße Kurzstreckenrakete aus dem Irak. "Scud", das war ihr Name. Hochballistisch, aber down to earth—genau, wie ich sie mag. Ich habe dieses scharfe Geschoss in einer warmen Sommernacht kennengelernt, während des Zweiten Golfkriegs 1991. In Israel machte sich damals die Angst vor Angriffen mit chemischen und biologischen Waffen breit, vor allem vor Senfgas, das der Irak einige Jahre zuvor schon gegen den Iran eingesetzt hatte. Ein farb- und geruchloses Gift, das leicht über die Haut aufgenommen wird, aber nicht sofort Wirkung zeigt. Nach und nach entstehen Hautrötungen, danach bilden sich Blasen, und die Haut löst sich ab. Die Augen brennen, die Hornhaut wird beschädigt, die Lungen füllen sich mit Schleim, die Bronchien werden zerstört. Ich selbst war gerade mal drei Jahre alt und blickte der Dijon-Bedrohung dementsprechend entspannt entgegen, doch der Gedanke, mit Gas angegriffen zu werden, löste insbesondere bei den Holocaust-Überlebenden Panik aus.Trotz seiner Drohungen war Saddam Hussein das gute Senfgas für uns aber dann doch zu schade. Er entschied sich für die billigen Scud-Raketen, die jeder Möchtegern-Terrorist im Nahen Osten ohne größere Probleme auftreiben kann. Das konnte man in Israel allerdings nicht wissen, und so wurden an alle Bürger Gasmasken und Gegengift ausgehändigt. Die Gasmaske nahm man überallhin mit, es gab sogar Designertaschen, um sie elegant und stilsicher auf den Catwalks zum Bombenkeller zu tragen. Die Familien wurden angewiesen, sich bei einem Angriff nicht in die Bunker zu begeben (fast jedes Haus in Israel hat einen Bunker), sondern stattdessen den am höchsten gelegenen Raum im Haus zu verbarrikadieren, da Senfgas aufgrund seiner hohen Dichte nah am Erdboden bleibt.
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