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Bis so guet

Asoziale Scheisse für dein Weichei-Leben

Ich habe keinen Bock mehr, mich für meine grosse Liebe zu rechtfertigen. Deutscher Assi-Rap ist einfach der Shit. Findest du nicht? Dann lese und lerne!

Foto: Screenshot von Youtube

Zuerst muss ich dir etwas wichtiges mit auf den Weg geben: Du bist ein popkultureller Windelscheisser. Du weisst die sprachliche Vielfalt nicht zu schätzen. Weisst nicht, was es bedeutet, wenn sich Menschen über vorgegebene Sprachgrenzen hinwegsetzen. Dass das die wahren Künstler sind, die ganzen Brudis und Babos, die einen Fick darauf geben, was der statische Duden zu ihrem dynamischen Slang meint. Die nur sich selbst als Referenz haben. Und das noch mit Humor.

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Zugegeben: ein etwas drastischer Humor, wenn Haftbefehl dir alles wegnimmt—„die Schlüssel zu deinem Haus, die Bitch, die du liebst, den Mercedes, den du fährst" Aber die distinktive Sprache des Raps ist nun einmal drastisch. War sie seit N.W.A. Und wird sie die nächsten Jahrzehnte auch bleiben. Und unter uns: Provokation verkauft sich schlicht und einfach besser—ihr habe ich es schliesslich zu verdanken, dass du diesen Text liest.

Foto von Thomas Preymesser

Azzlack'scher Kapitalismus
Drastisch ist nicht nur die Sprache, sondern auch die Realität, die diese Rapper geprägt hat. Sie wissen, was in den sogenannten sozialen Brennpunkten abgeht. Wissen, dass im Frankfurter Bahnhofsviertel die Junkies auf den Strassen herumlungern—im Schatten der keinen Kilometer weit entfernten Banken-Türme. Doch anstatt sich mit einem bekifften „Burn down Babylon" in Systemkritik zu üben, machen sich viele Assi-Rapper die freie Marktwirtschaft zunutze und wollen in genau diese Türme. Nicht in den zweiten oder dritten Stock. Sie wollen das Penthouse. Mitsamt Dachterrasse. Bei manchen klappt's. Bei vielen nicht.

Foto von faceless ekone

It represents society
Sie erzählen von ihrer Herkunft. Geschichten voller Gewalt, Sex und Drogen—oder einfach: Geschichten der Perspektivlosigkeit. Viele Leute können nichts anfangen mit Zeilen wie Stopf dein Arsch // Schnüffel' bisschen Gras // weggeschickt auf Kleber // komplette Demontage.

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Dabei vergessen sie,diese Geschichten sind ein Produkt unserer Gegenwart. Ein Symptom. Und Symptom-Bekämpfung hat bekannterweise noch niemanden geheilt. Dafür müsste die Ursache angegangen werden. Das ist natürlich anstrengender. Man ist immerhin Teil dieser Krankheit. Man rümpft die Nase vor dem total Fremden. Dabei geht es nur um Worte, die in den richtigen Kontext gesetzt werden müssten.

Foto: Screenshot von Youtube

Selbstbewusster Bürgerschreck
Diese Worte repräsentieren eine Gesellschaftsschicht, die kaum Gehör findet: die migrantische Unterschicht. Und das mit Erfolg. Noch nie gab es so viele zugewanderte Künstler, die sich nicht als semi-witzige Türken-Clowns inszenieren, sondern ihr Migrantendasein selbstbewusst nach Aussen tragen. Das ist gut so. Wenn all die Türken, Araber und Ex-Jugoslawen schon in der Politik nichts zu melden haben, konfrontieren sie uns wenigstens mit dem Soundtrack zu ihren Leben.

„Lieber tot anstatt hungern // Azzlacks sterben jung // Reiche leben lang // das ist der Werdegang // und ich wollt mich bei Merkel bedanken // kannst du mich hören, du Schlampe?" Haftbefehl – Azzlacks sterben jung.

„Manche versuchen den geraden Weg // werden aber in einen Topf geschmissen // Faschisten // der Ausbildungsplatz wurde geschnappt // von einem Typen mit 'nem besseren Namen auf'm Pass" Nate57 – Immigranten.

Foto von Morgan

Relevante Scheisse
Sie erzählen von ihrem Alltag. Und bringen gesellschaftliche Missstände auf den Punkt. Überspitzt zwar, aber im Grunde treffend. Und damit erreichen sie gerade so viele Leute wie irgendein fremdwortgeiler Uni-Typ, der monatelang untersucht hat, dass Migranten—trotz gleicher Qualifikation—deutlich mehr Bewerbungen als Inländer verschicken müssen, um einen Job zu kriegen. Zwar auf einer anderen Ebene. Aber Manche erreicht man einfach nicht über das abstrakte Politik-, Uni- und Mediengebrabbel.

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Solange die Geschichten aus den grauen Plattenbau-Blocks in dieser Realität ihren Patz haben, solange sie uns den ungefilterten Blick in den gesellschaftlichen Spiegel ermöglichen, sind sie relevant. Und genau so lange solltest du dir diese asoziale Scheisse reinziehen.

Zeigen, dass ihr keine Weicheier seid, könnt ihr wieder dieses Wochenende:

Den Donnerstag starten wir mit einer gehörigen Portion Wahnsinn. Sileni der Wahnsinn im neuen Kino Basel. Im Nextex gibts die letzte Möglichkeit auf Nordsicht und die Longstreetbar pfeift Zonin.

Freitag wird prominent. Phänomenal. Gross. Stimmungskatapulte. Partymonumente. 10 Jahre Handhzup eben. Im Kaufleuten. Bitch. Aber vorher gibts noch ganz viel Kultur. Ro und fafa im Soon, Do the right thing im Grand Palais und Grüter Graf im Upstate. Sonst gibts Klischees im Kiff. Übrigens, auch in der Schweiz gibts Armut.

Am Samstag gehen wir direkt weiter und tun uns erstmal was gutes: We Are Yoga. Halbdirekt danach in die Härterei. Hart. Ins Gesicht. Ich mach dich kaputt, Samstag! Ich will durchdrehen. Heavy Heavy [Heavy Metal Massacre](http:// https://www.facebook.com/events/604314239655093/?refdashboardfilter=upcoming) im ABS. Herzallerliebst. Ich will sein, wie ich bin. Quottom Geburtstagsparty im Walcheturm. Ich will mehr. Eine andere Welt. Richtige Klänge. Echter Geschmack. Vibrieren und so. Blackbird Blackbird im Südpol. Heidi Happy in der Schüür. Ich will endlich wissen, was das elektronische Russland ist.

Sonntags schlafen wir dick aus und dann ab auf Piste. Traumland, Asphaltpoesie und Strassenstrich im Riffraff.

Am Montag pissen wir uns voll. Vor Lachen. Comedy in der Zukunft, moderiert vom Zukkihund.

Dienstag, hau mir in die Fresse. Aber kultiviert. Nein, ich meine kultiviert. Theater und so. Jung und so. Wild und sexy vielleicht. Gibs mir einfach. Sonst werd ich böse. Dreh durch. Wie auf Drogen. Wie auf Acid Psychedelic Punk mit Go!Zilla, Grabbing a Corcodile. Wie auf Bildung. Neues Bewusstsein und so. Total abgefahren. [Theory Tuesdays](http:// http://www.corner-college.com/) im Corner Collegue.

Am Mittwoch stopfen wir uns die Gehirnwindungen voll. Essaymassaker in der Dampfzentrale. Und dann lassen wir alles raus. Open Mic im Parterre. Und schliesslich, von der Woche völlig ausgelaugt, etwas mürbe, leer, aufgesaugt, durchkekaut und ausgekotzt, Death Metal Angola im Fris Son.