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Sex

Bei den Dreharbeiten zu einem Pornhub-Musikvideo

Nachdem der Rapper Hi-Rez seinen Song ‚Pornhub' veröffentlich hat, haben Marketinggötter der Firma einen Videodreh mit Dildos, Pornostars und einem Teddybear arrangiert.

Jesse Friedman ist 20 Jahre alt. Als ehemaliger Einwohner von Fort Lauderdale, Florida, dem „Venedig Amerikas“, zieht er es vor, mit Hi-Rez angesprochen zu werden. Wie die meisten 20-jährigen Floridianer mag er Pornos. Anders als die meisten 20-jährigen Floridianer ist er jedoch unter Vertrag bei Penalty/Sony. Als er eines Tages Pornhub antwitterte und fragte, ob man ihm für einen Song über die Seite eine lebenslange Mitgliedschaft gewährleisten würde, ließ das Unternehmen ein nachdrückliches Ja verlauten. Als Mann, der zu seinem Wort steht, ging Hi-Rez also ins Studio und produzierte binnen einer Stunde einen Song, den er—wie sollte es anders sein—„Pornhub“ nannte.

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Diese Vorgeschichte erklärt, warum er sich jetzt in einer am Berghang gelegenen Villa in Whittier, Kalifornien, befindet, von Pornostars, Kamera-Equipment, mit Weed gefüllten Keksdosen, müde aussehenden Männern mit Klemmbrettern in der Hand und einer gelangweilt blickenden Anhängerschaft umgeben ist und ein Musikvideo für „Pornhub“ dreht. Was wiederum der Grund dafür ist, warum ich hier bin.

Der Innenraum der Villa ist unscheinbar und in neureichem Stil eingerichtet. Aus einem gewaltigen Flatscreen im Wohnzimmer dröhnen Aufzeichnungen der Olympischen Spiele. In der einen Ecke befindet sich ein Kuriositätenkabinett aus Actionfiguren und Saw-Devotionalien, in der anderen ein Käfig mit exotischen Katzen. Über mir höre ich Absätze klacken. Die einzige Person, die sich in meiner Sichtweite befindet, ist ein Mann mittleren Alters mit Igelfrisur und benommenem Gesichtsausdruck, der wortlos durch den Raum streift. Ich setze mich auf eine dick gepolsterte Ledercouch und warte darauf, dass meine Kontaktperson, Hi-Rez’ Manager, mich abholt.

Irgendwann werde ich nach oben in eines der Schlafzimmer geführt, wo die Dreharbeiten stattfinden. Hi-Rez’ Manager stellt mich seinem Arbeitgeber als „Megan von VICE“ vor. „Ist das ihr Nachname? ,Von VICE‘?“, scherzt Hi-Rez. Mit der jetzt schon erschöpft aussehenden Crew stimme ich in ein peinliches Kichern ein. Hi-Rez ist wirklich 20 Jahre alt. Er trägt lange Baumwollstrümpfe und Sweatshorts, sein Gesicht ist von leichter Akne überzogen. Er sitzt auf einem Stapel Kissen, die ihn neben den zwei gebräunten Frauen in rosafarbenen Bikinis etwas größer wirken lassen. Die Drei tollen auf einer Playboydecke herum, die man wahrscheinlich auf jedem Straßenstand findet. Auf Hi-Rez’ T-Shirt steht „Big Dreams“, was in diesem Kontext sehr passend erscheint.

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Auf einer Couch hinter der Crew sitzt die Pornolegende Eva Angelina und hält sich eine Ausgabe des Waffenmagazins Guns & Ammo vor die Brust. „Es sieht so aus, als ob sie wirklich sehr auf Waffen steht!“, stellt sie mit Bezug auf die Hausbesitzerin fest. Mir ist schon jetzt klar, dass Eva der Sonnenschein des Sets sein wird. Ich mache ein Foto, wie sie vor der Zeitschrift ihren pink lackierten Daumen hebt.

Hi-Rez bewegt die Lippen zu seinem Song („Jerkin' off till my elbow’s / Fuckin’ sore as hell, though / I don’t really care, though“), während sich die Frauen in den rosa Bikinis um ihn räkeln. Sein Manager nickt mit, obwohl er den (zugegebenermaßen einprägsamen) Song heute schon mindestens ein Dutzend Mal gehört hat. Die Hausherrin, eine Frau mittleren Alters, die so aussieht wie die Schauspielerin Louise Lasser, nickt ebenfalls rhythmisch mit dem Kopf mit. „Ich liebe den Song!“, schwärmt sie. Sie fragt den Regisseur, ob er Sexszenen ihrer beiden exotischen Katzen ins Video aufnehmen wolle. Man müsse sie nur zusammensetzen und sie seien nicht mehr aufzuhalten, sagt sie, und meint, es könnte „süß sein“. Er scheint angetan, hält sich aber mit einer verbindlichen Zusage zurück.

In einer Pause rauche ich eine Zigarette mit einem Typen namens Huggy. Er ist nicht nur ein engagierter Vater und Ehemann, sondern auch Regisseur bei Brazzers. (Für die Uneingeweihten: Brazzers ist einer der größten Pornoproduzenten der Branche, der sich auf Mädels mit großen Titten spezialisiert, die hart durchgefickt werden.) Er erzählt mir von dem Porträt eines Pornografen, das er kürzlich gelesen hat. „Es war gut“, sagt er, „aber der Typ war einfach der Letzte.“ Huggy zufolge wirkte der besagte Mann unglaublich egoistisch, was ein schlechtes Licht auf die ganze Pornobranche werfe. „Ich hatte das Bedürfnis [allen Lesern] einen Präsentkorb zu schicken und zu sagen: ,Wir sind nicht alle so!‘“

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Eva kommt ebenfalls raus und zündet sich eine Mentholzigarette an und vertieft sich in ihr Handy. Ein Typ aus von Hi-Rez’ Entourage kommt vorbei und wirft das Wort Hashtag in die Runde. Eva nimmt ein Selfie auf. „Was machst du damit?“, fragt er. „Ich stelle es auf Instagram“, antwortet sie. „Kannst du mich verhashtaggen?“, bittet er sie. „Klar, wie heißt du?“ „Kush Friendly ENT.“ „Kush Friendly EMT?“, fragt sie verwirrt nach. „Nein, Kush Friendly E-N-T“, erklärt er. „Wie Entertainment.“

Hi-Rez’ Anhänger tragen Caps und rauchen Weed. Abgesehen davon, dass sie  kiffen und ihr Handy checken, tun sie wenig. Sie starren nicht einmal die Pornostars an. Wenn sie mit ihnen sprechen, tun sie das mit Respekt. Die meiste Zeit über gehen sie schweigend umher und rauchen hin und wieder einen Joint mit ihrem Arbeitgeber. (Mit „ihrem Arbeitgeber“ meine ich „ihren Freund, den 20-Jährigen aus Ft. Lauderdale.“)

Entsprechend locker ist die Stimmung am Set. Die Pornostars sind gut gelaunt und machen Witze, normalerweise sind es Wortspiele mit ihrem Beruf. „I'm a carnivore at heart!“, kreischt Eva. „I can't live without my tube steak!“ Es ist beeindruckend, wie schnell die Mädchen das Register wechseln können: Waren sie eben noch aufgekratzt und lustig, können sie auf Kommando des Regisseurs intensive Schlafzimmerblicke aufsetzen. Ihre Professionalität ist bewundernswert. Ich sehe Eva und einer anderen Frau zu, wie sie sich gegenseitig Schlagsahne von den Brüsten lecken.

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„Ich werde nicht lügen“, sagt Hi-Rez’ Manager. „Das hier ist besser, als im Büro zu sitzen. Das ist besser als jedes Video, das ich zuvor gedreht habe.“ Huggy und ein anderer Typ der Crew sprechen derweil über Kameraobjektive, alles andere geht an ihnen vorbei.

Die Zeit zieht sich, wie so oft in der Unterhaltungsindustrie. Der benommen aussehende Mann, dem ich am Anfang begegnet bin, erklärt mir seine Einsichten über Filmdrehs: „Erst muss alles schnell fertig werden und dann müssen wir doch warten“, sagt er. „Ich sag dir was. Es ist egal, ob es ein Miley-Cyrus-Video ist oder ein Porno. Es ist immer das Gleiche.“ Er versucht mich zu überreden, die riesige Statue eines Hais neben dem Pool zu fotografieren und es so aussehen zu lassen, als ob der Hai einer der Frauen in den Arsch beißt. Aber meine Kamera versagt. „Komm hier herüber“, nuschelt er. „Mach einfach Bilder von den Ärschen.“

Viele Stunden später ist die Stimmung merklich gesunken. Wir haben viel erlebt: stundenlanges Twerken, halbnackten Stangentanz, Schleichwerbung für Energy Drinks, Essen aus einer Eva-Angelina-Fleshlight und einen Blowjob bei einem Teddybären. Sogar Hi-Rez ist erschöpft. „Ich bin fertig“, sagt er. „Ich bin fertig. Ich habe für heute genug Titten und Ärsche gesehen.“ Eva scherzt, dass der Dreh so lange gedauert hat, dass sie „ihren Anal-Tarif veranschlagen“ wird. „Akzeptierst du PayPal?“, fragt Huggy. „Na klar!“, antwortet sie vergnügt.

Der Geruch von Gras liegt schwer in der Luft. Es ist 19 Uhr, die Crew ist seit 8 Uhr morgens anwesend. Alle tippen auf ihren Handys herum. Als Hi-Rez eine Fahrt zu Star Bucks vorschlägt, werden die Pornostars hellhörig. Die Katzenszene wurde verworfen.