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Neonazis tragen jetzt KZ-Arschgeweih

Ein Journalist fotografiert einen Schwimmbadbesucher mit Auschwitz-Tätowierung. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft.

UPDATE 22. Dezember 2015: Der KZ-Arschgeweih-Träger und NPD-Funktionär wurde wegen Volksverhetzung zu einer Bewährungsstrafe von 6 Monaten verurteilt.

Es gibt da draußen sehr viele Leute, die sehr hässliche Tattoos tragen. Man kann sie dafür verurteilen oder einfach wegschauen und hoffen, dass sich das eigene Kind nicht irgendwann mal ein Cro-Songzitat auf den Oberschenkel tätowiert. Eine Sache haben Tribals, chinesische Schriftzeichen und temporär angesagte Symboltiere (Tauben, Tiger und so weiter) allerdings gemeinsam: Sie glorifizieren den Holocaust nicht. Zumindest nach unserem aktuellen Wissensstand.

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In den vergangenen Tagen machte das Foto eines Schwimmbadbesuchers die Runde, der seine politische Gesinnung nur dann noch eindeutiger hätte ausdrücken können, wenn er sich einen Hitlerbart auf die Oberlippe tätowiert hätte. In schönstem Arschgeweih-Format trägt der nicht näher identifizierte Mann ein Bild des Konzentrationslagers Auschwitz auf seinem Steiß. Darunter, in Frakturschrift natürlich, die Worte „Jedem das Seine"—die allerdings das Haupttor des KZs Buchenwald zieren.

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Urheber des Fotos, das im Spaßbad Oranienburg aufgenommen wurde, ist Alexander Marguier, der sich laut Zeit Online gegenüber der Bild-Zeitung ziemlich fassungslos über den Vorfall äußerte—wenngleich bild.de selbst vom „Augenzeugen Matthias K.*" spricht, den Namen also scheinbar aus Anonymisierungsgründen geändert hat. „Ich dachte nur, das ist ein Skandal, habe sofort einen Bademeister informiert. Doch der zeigte sich sehr gleichgültig", so der Berliner Journalist. Der Mitarbeiter habe gesagt, dagegen nichts unternehmen zu können, was ihn „noch mehr schockiert" habe. „Aber am schlimmsten fand ich, dass kein anderer Badegast Anstoß an dem antisemitischen Tattoo genommen hatte." Immerhin: Als der Autor einen anderen Bademeister auf das Tattoo ansprach, sei der Mann des Bades verwiesen worden.

Wurde der Mann daraufhin von der Polizei zu seinen Motiven befragt, angezeigt, auf irgendeine Art und Weise belangt? Nein. Zumindest nicht direkt—auch wenn der Geschäftsführer des Spaßbades laut Zeit Online aussagte, dass „unverzüglich die Polizei verständigt und Anzeige erstattet" werde, „wenn eine Person mit verfassungsfeindlichen Symbolen angetroffen werde oder Verdacht auf Zeigen verfassungsfeindlicher Symbole bestehe." Weswegen dieser scheinbaren Verhaltensanweisung im Fall des KZ-Arschgeweihs nicht Folge geleistet wurde, ist unklar.

Erst auf Nachfrage der B.Z. und Bild hin soll laut Polizeiangaben ein Verfahren aufgenommen worden sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen Volksverhetzung.

Besonders schockierend, neben der Tatsache, dass sich jemand allen Ernstes ein Konzentrationslager unter die Haut stechen lässt—und es auch noch jemanden gibt, der das tatsächlich tut: Der Mann schien mit seinem Sohn unterwegs gewesen zu sein. In einem offensichtlichen Neonazi-Haushalt aufzuwachsen, wünscht man nun wirklich keinem. Übrigens, falls es da draußen irgendjemanden gibt, der sich nicht ganz sicher ist, ob der Brandenburger mit seinem zutätowierten Steiß nicht einfach nur der Millionen Opfer des Dritten Reichs gedenken möchte: die Tätowierung an seinem linken Ellenbogen sieht dann doch ein bisschen zu sehr nach der in rechten Kreisen ebenfalls ziemlich beliebten „Schwarzen Sonne" aus.

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