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Drogen

Wunder von der Weser: Cannabis-Eigenbedarf wird in Bremen legal

Selbst der Anbau und das Fahren unter Drogeneinfluss soll bei geringen Mengen erlaubt sein.

Foto: imago | Christian Ohde Von der Polizei mit etwas Gras in der Tasche ertappt werden und die Beamten sagen zu dir: „Kein Thema, kannst weitergehen, alles in Butter"; bei einer Verkehrskontrolle geringe Mengen von THC im Blut nachgewiesen bekommen und dennoch den Führerschein behalten dürfen? Utopisch? In Österreich: Ja. In der Schweiz: Ja. Aber nicht mehr in Bremen. Gestern haben sich SPD, Grüne, Linke und FDP mit ihren Stimmen gegen die CDU durchgesetzt und eine Lockerung im Umgang mit Cannabis beschlossen.

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Wie radiobremen berichtet, war für den drogenpolitischen Sprecher der Grünen, Wilko Zicht, ein zentrales Argument in der Debatte die Tatsache, dass das Cannabis-Verbot keinen wirklichen Einfluss auf die Nachfrage gehabt habe. Die CDU, verkörpert durch ihren Gesundheitspolitiker Rainer Bensch, versuchte, sich gegen die Lockerung des Strafmaßes zu stemmen: „Ich will nicht, dass Bremen in Europa irgendwann einen gleichen Ruf hat wie Amsterdam. Für uns haben Erwägungen des Gesundheitsschutzes oberste Priorität."

Der strafrechtliche Umgang mit Cannabis soll aber nicht nur bei Verkehrs- oder Personenkontrollen moderater gestaltet werden, auch der Eigenanbau von einigen wenigen Cannabis-Pflanzen wird nicht mehr strafrechtlich relevant. Zudem sollen Angebote geschaffen werden, wo Konsumenten ihre Drogen auf Verunreinigungen und Streckmittel testen lassen können, berichtet der Weser Report. Ferner erklärte die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Kirsten Kapptert-Gonther, die Beweggründe für diesen Entschluss: „Bisher wird neunmal mehr Geld für die Strafverfolgung als für die Prävention ausgegeben. Dieses Verhältnis wollen wir umkehren. Denn Strafe schützt nicht vor Sucht. Die Verbotspolitik ist gescheitert."

Wie man dem Scheitern konkret entgegenwirken möchte, erklärte weiter Wilko Zicht: „Mit der kontrollierten Cannabis-Abgabe an Erwachsene wollen wir Teile des Schwarzmarktes schwächen, die Justiz entlasten und mehr Geld für Suchtprävention einnehmen. Jugendschutz und Gesundheitsschutz stehen bei unseren Plänen an vorderster Stelle (…) Jugendliche bleiben vom legalen Erwerb von Cannabis ausgenommen."

Nun stellt sich natürlich die Frage, ab wann die Änderungen denn konkret in Kraft treten: Kann man morgen in Bremen schon aufatmen oder übermorgen oder erst in fünf Monaten? Und wie ist der Begriff „Eigenbedarf" definiert? Hierzu sprachen wir mit Matthias Koch, dem Pressesprecher der Bremer SPD-Fraktion. Man strebe den Eigenbedarf definitiv im zweistelligen Bereich zu setzen, so zwischen 10 bis 15 Gramm.

Die Umsetzung der Entkriminalisierung soll rasch erfolgen: „Der Senat ist jetzt aufgefordert, die entsprechenden Verwaltungsvorschriften zu ändern und Staatsanwaltschaft sowie Polizei davon in Kenntnis zu setzen." „Rasch" bedeutet mit politischer Zeitrechnung gezählt, dass das Ganze im nächsten Jahr umgesetzt werden könnte, … spätestens.

Und was das Modellprojekt für eine regulierte Abgabe von Cannabis anbetrifft, so wird dies definitiv noch länger auf sich warten lassen, „weil wir momentan immer noch eine Bundesgesetzgebung im Land haben, die gegen derartige Modellprojekt steht."

Wer also dachte, dass er jetzt seine Sachen packt und schon morgen in seinen Opel Kadett mit einem Spliff in der Hand Richtung Bremen düst, der hat sich zu früh gefreut; aber Deutschland macht Fortschritte, Bremen gibt Hoffnung, es scheint ein Licht am Ende des Tunnels. Und wenn es die Deutschen machen, dann zieht Österreich hoffentlich auch bald nach.