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Drogen

Cannabis-Patient stirbt, nachdem die Polizei sein Gras beschlagnahmt hat

Weil die Kripo ihm trotz Ausnahmeerlaubnis sein Gras wegnahm, musste Robert Strauss wieder harte Schmerzmittel nehmen. Die könnten ihn das Leben gekostet haben.

Anfang 2015 ist der 50-jährige Augsburger Robert Strauss im Krankenhaus an Organversagen gestorben. Sein Arzt macht dafür indirekt die Tatsache verantwortlich, dass die Kriminalpolizei Strauss vor ungefähr vier Monaten seine Cannabis-Vorräte abgenommen hatte—obwohl er für den Großteil Quittungen der Apotheke besaß, über die er die Blüten mit seiner Ausnahmeerlaubnis erworben hatte.

Strauss litt nach einer Tumor-Operation jahrelang unter chronischen Rückenschmerzen. Die extrem starken Schmerzmittel, die er nehmen musste—Buprenorphin, Pethidin, Morphin—zerrütteten ihn körperlich und psychisch. 2013 kontaktierte er schließlich Dr. Franjo Grotenhermen, der ihm riet, eine Ausnahmeerlaubnis zur Verwendung von Cannabis aus der Apotheke zu beantragen. Im Februar 2014 erhielt Strauss die Erlaubnis. Mit dem niederländischen Präparat Bedrocan ging es ihm deutlich besser, berichtete er damals der Süddeutschen.

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Spätestens jetzt wird die Geschichte bizarr: Statt ihm zur erhofften Ruhe vor den Gesetzeshütern zu verhelfen, scheint die Ausnahmeerlaubnis die Augsburger Kriminalpolizei erst recht misstrauisch gemacht zu haben. Strauss berichtete, dass er immer wieder gezielt auf der Straße kontrolliert worden sei, und sprach von „Schikane". Im September drangen schließlich vier bewaffnete Beamte und ein Drogenfahnder ohne Durchsuchungsbefehl in sein Haus ein und beschlagnahmten sein gesamtes medizinisches Cannabis. Außerdem nahmen sie eine Pflanze mit, die er illegalerweise selbst gezüchtet hatte—weil ihn das medizinische Cannabis an die 1000 Euro im Monat kostete und die Krankenkasse sich weigerte, den Arbeitslosen in irgendeiner Form zu unterstützen.

Bedrocan. Foto: Medische-wiet | Wikimedia | CC BY-SA 3.0

Die Kripo leitete sofort ein Ermittlungsverfahren wegen illegalen Besitzes und Verdacht auf Drogenhandel ein. Das beschlagnahmte Gras behielt die Polizei—obwohl Strauss nachweisen konnte, dass er den Großteil legal erworben hatte.

Strauss, der 2 Gramm Cannabis brauchte, um schmerzfrei durch den Tag zu kommen, hatte nun keine Möglichkeit mehr, legal an seine Medizin zu kommen. Seine Apotheke konnte nicht mehr beliefert werden. In der Not musste Strauss also wieder auf die chemischen Schmerzmittel umsteigen, mit denen er schon immer enorme körperliche Probleme gehabt hatte.

Anfang Januar schließlich stürzte Strauss und brach sich den Oberarm. Seinem Arzt berichtete er, es sei zu dem Unfall gekommen, weil die Tabletten ihn so schläfrig gemacht hätten. Und dass die Polizei ihm sein Cannabis immer noch nicht zurückgeben wolle.

Wenige Tage später verstarb Strauss. Dr. Grotenhermen führt den Tod auf den Sturz zurück, der den Körper des Patienten überlastet habe. Hätte man Strauss sein Gras nicht weggenommen, äußerte Grotenhermen gegenüber der Süddeutschen, „wäre er jetzt vielleicht noch am Leben".


Titelfoto: Ano Lobb | Flickr | CC BY 2.0