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Drogen

So sieht die Arbeit einer professionellen Marihuana-Testerin aus

Wenn man beruflich Cannabis-Produkte untersucht, ist das Ganze viel komplizierter, als man eigentlich erwarten würde.
Angestellte von Gobi Analytical, dem einzigen Labor in Denver, Colorado, wo Marihuana auf Pestizide getestet wird | Foto: Mahala Gaylord/The Denver Post via Getty Images

Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit The Influence entstanden.

Ja, Marihuana-Tester ist tatsächlich ein Beruf. Das ist im Jahr 2016 aber auch keine wirkliche Überraschung mehr, denn die Droge wurde nun schon in mehreren US-Bundesstaaten legalisiert. Und es klingt doch ziemlich spaßig, verschiedenstes Weed auszuprobieren, oder?

Wichtige Lebensentscheidungen sollten allerdings immer gut durchdacht sein und mit klarem Verstand getroffen werden. Genau deswegen habe ich mit einer professionellen Marihuana-Testerin über ihren Beruf und ihre Erfahrungen gesprochen.

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Beth Cantrell ist 32 Jahre alt und im US-Bundesstaat Washington beim Unternehmen Confidence Analytics angestellt, wo sie Cannabis-Produkte auf Herz und Nieren prüft. Ihren Abschluss hat sie an der University of Puget Sound gemacht—und zwar in Kommunikationswissenschaften mit den Nebenfächern Algebra, Physik und Statistik.

Ihre Fähigkeiten kommen also nicht von ungefähr und ihr Aufgabenfeld ist ziemlich umfangreich: "Ich bin die Betriebsleiterin. Ich kümmere mich um die Qualitätssicherung und -kontrolle aller unserer Daten, bevor wir sie an die Auftraggeber rausgeben oder an das staatliche Labor weiterreichen. Außerdem sorge ich mit dafür, dass unser Transportprogramm effizient abläuft, teile die Schichtpläne für alle Angestellten ein und stelle sicher, dass es bei Wirtschaftsprüfungen nichts zu beanstanden gibt."

Bist du bis hierhin mitgekommen? Für manche Leute mag das alles vielleicht überraschend bürokratisch erscheinen, aber diejenigen, die sich mit den strengen Vorgaben des Bundesstaates bei Marihuana-Anbauern und -Händlern auskennen, wird das nicht wundern. Confidence Analytics besitzt zudem noch die Befugnis, Untersuchungen sowohl für die Behörden als auch für normale Auftraggeber durchzuführen.

Und wie steht es jetzt um die eigentlichen Tests?

"Wenn es um Marihuana geht, dann kommen die Tests erst dann, wenn das Produkt marktreif ist", erklärt mir Cantrell. "Das bedeutet, dass es bereits geschnitten, getrimmt und getrocknet wurde. Man muss es quasi nur noch verpacken und an den Kunden liefern."

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Davor muss man aber bestimmt noch herausfinden, wie high man davon wird, richtig?

Nicht ganz. "Es gibt natürlich noch abschließende Checks, um zu schauen, ob das Ganze frei von Dingen wie Kolibakterien, Salmonellen oder sonstigen Verschmutzungen ist. Außerdem müssen wir noch den Grad der Wirkung verifizieren, denn in Washington gibt es bestimmte Obergrenzen—vor allem in Bezug auf die Esswaren, bei denen eine Portion nur bedingt wirksam sein darf", meint Cantrell. "Man will einfach nicht, dass etwas konsumiert wird, das so high macht, dass es wie in Colorado für schlimme Dinge verantwortlich ist."

Des Weiteren wird die Wahrscheinlichkeit der Schimmelentwicklung untersucht. "Der Feuchtigkeitswert darf 15 Prozent nicht überschreiten. Dieser Test ist jedoch ziemlich simpel. Abgesehen davon müssen wir ein Auge auf Extrakte haben, die mit Kohlenwasserstoffen verarbeitet wurden—also etwa Butan- oder Propan-Haschöl—, denn da gibt es ein Limit in Bezug auf verbleibende Alkane. Hier kommt dann der Flammenionisationsdetektor zum Einsatz."

Dieser Flammenionisationsdetektor ist nötig, aber nicht ausreichend. Dabei klingen jegliche Hilfsmittel und Prozesse zur Qualitätsprüfung übertrieben technisch. "In unserem Labor steht uns verschiedenstes Equipment zur Verfügung. Für die Analyse der Potenz unserer Cannabinoide nutzen wir dabei die HPLC, also die Hochleistungsflüssigkeitschromatographie." Klingt kompliziert und ist es auch: "Der Diodenarray-Detektor ist hier Dreh- und Angelpunkt. Das getestete Produkt wird in eine Flüssigkeit gegeben, welche anschließend am Detektor und dem Licht vorbeiläuft. Basierend auf der Reaktion und Reaktionszeit können wir dann berechnen, wie viel eines bestimmten Analyts sich in der Probe befindet. Das Ergebnis wird dann entweder in Prozent oder Milligramm pro Gramm angegeben."

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Und genau hier wird es erst richtig interessant. Nachdem festgestellt wurde, ob ein Produkt den Vorgaben des Bundesstaats entspricht, muss man noch die Wirkung, die Qualität und den Geruch prüfen.

Zwar wird den meisten Marihuana-Konsumenten der Begriff THC etwas sagen, aber Terpene sind hingegen eher unbekannt. "Terpene kommen in so ziemlich allen Pflanzen und auch in einigen Tieren vor", erzählt mir Cantrell. "Dabei handelt es sich um organische Kohlenwasserstoffe, also flüchtige chemische Verbindungen, die bei Raumtemperatur verdampfen. Terpene sind auch der Grund, warum wir Dinge riechen können. Wenn man zum Beispiel an eine Rose vorbeiläuft und dabei diesen signifikanten Geruch wahrnimmt, dann liegt das daran, dass Bisabolol—ein Terpen—und vielleicht etwas Geraniol von der Blume kommen und in der Luft verdampfen. Die winzigen Moleküle gelangen dann in die Nase, das olfaktorische System verarbeitet sie und wir nehmen den Geruch wahr. Terpene sind also die chemischen Verbindungen, die die verschiedenen Gerüche erschaffen, die wir in unserer Umgebung ausmachen."

Laut Cantrell beeinflussen Terpene auch die Art und Weise, wie das Gehirn Cannabis-Produkte verarbeitet. "Jedes Terpen wirkt sich darauf aus, wie man auf die Cannabinoide reagiert, und einige von ihnen haben eine Wirkung auf den Körper, die über die ganze Wissenschaft der Aromatherapie hinausgeht. In anderen Worten: Diese chemischen Verbindungen interagieren tatsächlich mit unserem Nervensystem sowie unserem Körper und rufen dabei eine bestimmte Reaktion hervor." Deshalb sind viele Marihuana-Anbauer auch extrem stolz darauf, wenn ihre Produkte viele Terpene enthalten. Und auch Confidence legt aus diesem Grund so viel Wert darauf, diese Werte festzustellen.

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Wenn das Produkt eines Anbauers nicht den vom Bundesstaat vorgegebenen Richtlinien entspricht, dann darf es nicht in unverarbeiteter Form weiterverkauft werden. Deswegen bedeuten die Tests für die Unternehmen oftmals viel Stress.

"Washington State hat es sehr schwer gemacht, eventuelle Fehler auszubügeln, das Produkt erneut zu testen und gleichzeitig immer noch Waren zu verkaufen", erklärt mir Cantrell. "Deshalb besteht für die Anbauer bei den Tests immer das Risiko, basierend auf den Ergebnissen Inventar im Wert von vielleicht mehreren tausend Dollar zerstören oder unter Wert verkaufen zu müssen. Genau dieser Umstand lässt die Anbauer so viel Angst vor diesen Tests haben, denn sie laufen immer Gefahr, einen Haufen Geld zu verlieren, wenn die Ergebnisse nicht den Kriterien entsprechen."

Cantrell hat sich dabei schon oft mit dem Ärger der Anbauer nach mangelhaften Resultaten auseinandersetzen müssen.

"Wut ist auf jeden Fall ein Faktor, mit dem wir rechnen müssen", meint sie. "Die Leute werden richtig sauer, wenn ihre Produkte den Test nicht bestehen oder wenn die Ergebnisse nicht ihren Vorstellungen entsprechen. Wir sind jedoch stolz darauf, einen ausgezeichneten Kundenservice sowie mehr Beratung als eigentlich nötig zu bieten. Wir reden mit den Anbauern dann über den gesamten Prozess: Welche Sprays wurden verwendet? Vielleicht ist das der Grund für das mikrobielle Problem? Vielleicht variiert der Wirkungsgrad deswegen mehr als erwartet? Wurde vielleicht die Beleuchtung irgendwie verändert? Oder das Belüftungssystem?"

Confidence Analytics ist sich Cantrell zufolge seiner besonderen Position zwischen den Anbauern und der Regulierungsbehörde bewusst und versucht deswegen, so gut es geht, während des gesamten Verfahrens ein beschleunigender Faktor zu sein.

Wie du jetzt vielleicht schon bemerkt hast, konsumieren professionelle Marihuana-Tester wie Beth Cantrell während der Arbeit kein Gras. Und Bestechung fällt aus ethischen Gründen natürlich auch weg.

Bist du also immer noch der Meinung, dass Marihuana-Tester dein Traumjob wäre?

Dieser Artikel wurde ursprünglich von The Influence veröffentlicht. The Influence ist eine Nachrichtenseite, die über alle Aspekte des menschlichen Verhältnisses zu Drogen berichtet. Folge The Influence bei Facebook und Twitter.