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The Tp For Your Bunghole Issue

Der Zerfall falschen Vakuums

Ein falsches Vakuum ist ein Bereich des Raums, der absolut stabil wirkt, aber potenziell (rein theoretisch), jeden Moment kollabieren kann. Wie wären nur noch blutige Wolken.

Niedergeschrieben von Harry Cheadle, Illustration von Kamran Samimi Hier seht ihr aus der Vogelperspektive ein Universum, das aus einer Blase falschen Vakuums geformt ist und sich vom „realen“ Universum ablöst. Wir hoffen, das macht die ganze Sache verständlich. Ein falsches Vakuum ist ein Bereich des Raums, der absolut stabil wirkt, aber potenziell (rein theoretisch), jeden Moment kollabieren kann. In diesem Fall würden die Bewohner dieses Vakuums, also wir, uns in Wolken kleiner individueller Partikel auflösen und zwar noch bevor wir diesen Satz hier zu Ende geschrie … OK, aber jetzt mal im Ernst. Benjamin Shlaer ist Postdoktorand am Tufts Institute for Cosmology und Spezialist für den Zerfall falschen Vakuums. Er ist also genau der Richtige, um uns zu erklären, warum unser Universum noch nicht auseinandergefal … Ha! Erwischt! Schon wieder! Mann, ist das einfach mit euch. Die Hypothese vom Zerfall falschen Vakuums ist die Weiterentwicklung einer Theorie, die bereits aus der Chemie und der Physik der Aggregatzustände bestens bekannt ist. Sie ist auf die verschiedenen „Phasen“ des luftleeren Raumes, die man Vakuen nennt, übertragen worden: Im luftleeren Raum herrschen dieselben physikalischen Gesetze wie beim Wasserkochen, bei dem der flüssige Zustand in den gasförmigen übergeht. Beim Kochen bilden sich am Boden des Topfes kleine, sich verändernde „Blasen“ und wir gehen davon aus, dass solche winzigen „Blasen“ überall und zu jeder Zeit auch in anderen Vakuen entstehen. Tunneln heißt in der Wissenschaft der Prozess, in dem diese Blasen (die nach unserer Auffassung ständig vorhanden und sehr klein sind) hin und wieder groß werden. Wenn ich groß sage, müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass wir hier über eine Größenordnung sprechen, die noch kleiner ist als die der Atomphysik. Die Blasen sind zwar unglaublich klein, aber gerade so groß, dass sie trotz der runden Form und der Oberflächenspannung nicht kollabieren. Wenn diese Größe erreicht ist, sprechen wir davon, dass die Blasen getunnelt sind. Um auf diese Größe zu kommen, musste Energie von anderen Quellen „geliehen“ werden, eine solche Quelle existiert aber offensichtlich nicht—es gibt also ausschließlich einen quantenmechanischen Energiezuwachs. Die durch das Tunneln entstandenen Blasen nennt man auch „kritische Blasen“. Sie sind deutlich größer als die anderen, bei denen es auch ohne besondere Bedeutung ist, wenn sie kollabieren. Hin und wieder aber entwickeln sich in einem Vakuum neue Blasen, die bis auf die Größe des sie umgebenden Universums anwachsen können und ein neues Vakuum, einen neuen luftleeren Raum hinterlassen. Wenn das passiert, haben wir es mit einem völlig anderen physikalischen Naturkonstrukt zu tun, das heißt—sehr vereinfacht—mit einer anderen Anordnung physikalischer Gesetze. Bestimmte Dinge können sich verändern, zum Beispiel die Ladung der Elektronen und sogar die verschiedenen Typen von Partikeln. Es ist auch durchaus möglich, dass das Universum kollabiert oder sich die Gesetze der Physik dramatisch verschieben. Was sich in einem solchen Fall mit Sicherheit ändert, ist die Energiedichte des Vakuums. Es kursiert eine Theorie, die behauptet, das sei längst geschehen, und dass das, was wir heute unser Universum nennen, bereits ein Vakuum mit geringer Energiedichte ist. Wenn irgendwann in der Zukunft ein neues Universum entstehen sollte, hätten wir ein neues Vakuum und das würde zur großen Katastrophe führen—zum Auseinanderfallen des Universums. Das würde ungefähr so aussehen: Erst hätten wir eine Blase, die sich irgendwo in weiter Entfernung bildet, sich dann ausbreitet und dann ziemlich schnell, nämlich mit Lichtgeschwindigkeit, auf uns trifft. Nach dem Aufprall wären wir auf der anderen Seite der Blasenwand. Es ist durchaus möglich, dass wir durch die starken Veränderungen der Physik auch chemisch auseinanderfallen würden. Sind die Änderungen der Physik dagegen nur gering und wir weiterhin intakt, dann würden wir durch die Gravitationskraft mit allen anderen Galaxien und der restlichen Materie im Universum kollidieren. Das wäre die Katastrophenversion dieses Szenarios. Man kann es schon mit der Angst zu tun bekommen, wenn man über unser instabiles Vakuum nachdenkt, aber der Prozess dauert so lange, dass wir ihn wahrscheinlich überhaupt nicht bemerken. Es ist sogar die Existenz einer Instabilität denkbar, die sich so langsam entwickelt, dass wir sie bislang noch gar nicht bemerkt haben, eben weil sie noch gar nicht stattgefunden hat. Prinzipiell könnte der Kollaps aber jederzeit passieren. Es könnte auch einen Raum geben, der aus verschiedenen Ebenen besteht, die je zu verschiedenen Vakuen gehören. Das würde bedeuten, dass zwischen diesen Ebenen eine sogenannte „Domänenwand“ verläuft, eine Wand aus Blasen, die eine beschleunigende Wirkung hat. Wenn man diese Blasenwand durchschreiten würde, könnte man die verschiedenen Vakuen durchqueren. Allerdings ist die Beschleunigung der Wand normalerweise so stark, dass eine Überschreitung der Grenze unmöglich ist. Prinzipiell könnte aber auch eine Wand mit sehr langsamer Beschleunigung existieren, etwa wenn sie zwischen zwei Vakuen mit exakt derselben Energie liegt. In diesem Fall könnten wir tatsächlich zwischen den zwei Vakuen hin- und herwandern und jedes Vakuum auskundschaften. Vorher sollten wir allerdings sichergehen, dass beide die gleiche chemische Struktur aufweisen. Sonst landen wir vielleicht in einem Vakuum ohne stabile Protonen und Elektronen und würden uns in irgendwelche Partikel auflösen.