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Der zweite Pegida-Spaziergang in Linz

Der zweite Protestmarsch der Pegida in Linz war kleiner und hatte weniger mit dem Islam zu tun. Stattdessen gab es vor allem Verbalattacken gegen „linksverwirrte Gutmenschen", „Linksfaschisten" und die „neuen Nazis": die Antifa.
Fotos von Florian Voggeneder

Mehr zum Thema Pegida findet ihr hier.

Samstag in der Stahlstadt—wieder mal Pegida und wieder mal die Gegendemonstration. Die gleiche Situation wie schon vor zwei Wochen: eine Gruppe aus zirka 100 Menschen sammelt sich am Bahnhof, die andere Gruppe aus zirka 1.700 Menschen am Hauptplatz. Beide halten ein paar Ansprachen, beide bilden Reihen und beide marschieren los, um sich zu treffen. Dann beschimpft man sich, die einen etwas ernster, die anderen mit Spaß und Musik, dazwischen sorgen zirka 700 Polizisten für Trennung der Gruppen, anschließend folgen ein paar Abschiedsgesten am Bahnhof, Ende der Geschichte. Das waren die Demos in aller Kürze.

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Die Langversion: im Vergleich zur letzten Veranstaltung hat sich einiges geändert. Manches davon sehr offensichtlich—so war die Polizei wesentlich besser vorbereitet und hat den größten Einsatz der letzten Jahre organisiert. 700 Beamte aus sechs Bundesländern, Platzverbot vom Bahnhof bis zum Volksgarten, großräumige Absperrungen sowie ein Hubschrauber des Innenministeriums (ungepanzert) sorgten für Sicherheit und einen letztlich vollständigen Kurzspaziergang der Pegida.

Die Gegendemonstranten haben ebenfalls aufgerüstet: Es gab Jause, Bier und Musik. Und auch die Pegida hat sich Mühe gegeben, die Demonstration zu professionalisieren: auf einem Autoanhänger war eine Bühne mit Soundanlage aufgebaut, die Ordner hatten Funkgeräte und es wurden einige Gastredner bemüht.

Ich hatte die Möglichkeit ein wenig mit Markus Hametner, dem Organisator der Veranstaltung, zu reden. Sein Ziel sei es, zu zeigen, dass die Pegida-Bewegung aus der Mitte der Gesellschaft kommt, erklärt er. Er versucht sich von Neonazis und Rechtsextremen auf den Pegida-Veranstaltungen zu distanzieren—die würden zwar nicht dazu gehören, aber er könne auch niemandem verbieten, ebenfalls zu kommen, auf Facebook Pegida zu liken oder dumme Parolen in die Gruppe zu posten.

Foto von Florian Voggeneder

Mein Eindruck ist ein anderer. Waren bei der letzten Demo noch einige Teilnehmer dabei, die man mit etwas guten Willen als „Normalbürger" mit gewissen Ängsten vor allem Fremden bezeichnen könnte, sind genau diese Pegida-Sympathisanten wohl diesmal lieber zu Hause geblieben. Die Gruppe der Unterstützer ist insgesamt kleiner geworden.

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Statt der 150, die noch vor zwei Wochen mit Pegida marschierten, waren an diesem Wochenende nur noch 100 beim Spaziergang. Merklich höher war allerdings der Anteil an Skins und Hooligans innerhalb der Gruppe. Wenn die Bewegung aus der Mitte das Ziel von Pegida ist, kann man den Linzer Protestzug getrost als Totalversagen bezeichnen.

Sehr interessant waren die Gastreden: Ich bin bisher davon ausgegangen, dass sich die Pegida hauptsächlich gegen die Islamisierung des Abendlandes einsetzt. Der Islam wurde hier aber eher am Rande behandelt. Wichtiger waren Verbalattacken gegen „linksverwirrte Gutmenschen", „Linksfaschisten", „Kommunistische Verbrecherbanden", „Linksanarchisten" und die „neuen Nazis": die Antifa.

Foto von Florian Voggeneder

Ignaz Bearth, das Aushängeschild von PegidaSchweiz, war extra angereist, um rhetorische Parolen gegen den Euro, Europa, die Islamisten, Asylanten, Zuwanderer, die korrupte Politikerkaste und natürlich die Linksfaschisten anzubringen. Sein bevorzugtes politisches Werkzeug stellt dir direkte Demokratie dar, durch die er sich erhofft, radikale Entscheidungen umsetzen zu können, weil mehr Mitbestimmung der Menschen für ihn notgedrungen mit mehr Zustimmung für seine Ideen einhergeht.

An einem Punkt, den manche Beobachter als ungewollte Situationskomik bezeichneten, nannte er die Antifa die neuen Nazis und fordert das Publikum auf, „Nazis raus" zu skandieren. Er blieb der einzige. Stattdessen reagierten diejenigen, die sich selbst Pegida nennen, mit betretenem Schweigen und ungläubigen Blicken.

Der Spaziergang selbst war eine kleine Runde um den Volksgarten inklusive Bundeshymne und ironischer Musikbegleitung durch die Gegendemonstranten (Darth Vader-Marsch aus großen Lautsprechern). Bei der Endstation Bahnhof wurde die Abreise von den Gegendemonstranten noch etwas verzögert. Ich frage einen der Organisatoren, ob sie sich das noch einmal antun würden. Er blickte auf die zurückgebliebenen Skins und Hooligans und meinte etwas nachdenklich: „Schauen wir mal".