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Die BLT versteht (Homo-)Sexualität nicht

Die BLT-Trams weigern sich Plakate von küssenden Frauen/Männern auszuhängen. Das ist nicht nur homophob, sondern auch bemitleidenswert.
Foto zur Verfügung gestellt von Anyway

Die BLT, die Baselland Transport AG, weigert sich einen Teil der Plakatkampagne von „Anyway", dem Basler Jugendtreffs für—sagen wir mit dem Magazin Milchbüechli—Falschsexuelle in den BLT-Trams auszuhängen. Laut dem Tagesanzeiger ist der Grund der BLT, zwei küssende Frauen nicht zu zeigen: Es sei „zu heikel".

Die BLT hat anscheinend ein Problem mit zwei Männern oder Frauen, die sich küssen und damit ein Problem mit der Darstellung von Homosexualität an sich. Denn zwei küssende Menschen sind wohl das keuscheste Sinnbild für sexuelle (und/oder emotionale) Verbundenheit. Ein Kuss ist die Darstellung von Liebe, den gibts überall und der muss allen gestattet sein. Menschen küssen sich in Kirchen. Wie kann etwas heikel sein, das sogar die verklemmtesten Stellvertreter Gottes in ihren Hochzeitszeremonien akzeptieren?

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Zur Verfügung gestellt von Anyway

Den Kuss an sich kann die BLT also nicht „heikel" finden und deshalb ist es wohl so: Die Ablehnung der Plakate geschah aus Homophobie. Ein Kuss ist etwas sehr Intimes, aber doch das einzige klare Bekenntnis zueinander und zwei Frauen oder zwei Männern wird der öffentliche Kuss nicht gegönnt. Ein Kuss auf einem Plakat sagt: „Du bist okay." Das Verbot eines Kusses auf einem Plakat sagt: „Du bist heikel." Und zwar du—und nicht das, was du machst. Du an sich.

Ein Kuss ist etwas, das wirklich auch für die verklemmtesten Stellvertreter Gottes ertragbar sein muss. Zu denen zählt sich der BLT-Direktor Andreas Büttikofer im Interview mit der Basellandschaftlichen Zeitung selbst, wenn er sagt: „Es stimmt, ich glaube an Gott und bin gläubiger Christ. Aber ich muss als Geschäftsführer der BLT von meinem Glauben abstrahieren können." Heikel, meiner Meinung nach.

Ich verstehe, dass man auf abstrahierter Ebene nicht mehr alle Zeichen lesen kann. Aber ich finde es trotzdem bemerkenswert, dass die BLT das Kuss-Bild für „heikel"—was ich mal flapsig mit „sexuell aufgeladen" übersetze—hält und das andere nicht:

Zur Verfügung gestellt von Anyone

Auf dem rechten Bild sehe ich ein Paar, das sich innig küsst. Die beiden halten einander den Kopf.

Auf dem linken Bild umschlingen sich beide. In den Gesichtern sehe ich Begeisterung, Aufregung. Und die Kurzhaarige setzt vielleicht direkt an zu einem Kuss oder einen Biss in den Hals an. (Ich sehe schon die Kommentare, die mir Männerfantasien unterstellen.) Liebe BLT: Haltet ihr das rechte Bild für „heikel", müsst ihr das linke erst recht für „heikel" halten.

Natürlich ist es eine Unverschämtheit, dass sich ein öV-Betrieb weigert, lesbische und schwule Paare beim Küssen zu zeigen. Aber gleichzeitig ist die BLT auch zu bemitleiden, da sie bei der BLT offensichtlich nicht verstehen, was „heikel", was Intimität ist. Sie verstehen nicht, dass das Paar, dessen Lippen sich nicht berühren, genau so nah oder entfernt, genau so verspielt oder verliebt, genau so keusch oder zügellos ist wie das andere. Und damit ist es genau so „heikel". Derjenige bei der BLT, der diesen homophoben Entscheid getroffen hat, hat eine bemitleidenswerte Vorstellung von Intimität und Sexualität.

Für den 4. Februar hat „Pink Cross" zu einem Protest-Kiss-In in den BLT-Trams aufgerufen.

Benj auf Twitter: @biofrontsau

ViceSwitzerland auf Twitter: @ViceSwitzerland