Die Truman Show: 55 Stunden auf einem Flugzeugträger der US Navy

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The Sick Day Issue

Die Truman Show: 55 Stunden auf einem Flugzeugträger der US Navy

An Board der echten Truman Show gehört öffentliche Masturbation genauso zum Alltag wie Leute, die völlig ausflippen.

Aus der The Sick Day Issue

"Ich finde, was wir hier sehen, sind Symptome", sagt Joe Souza, 24, während er über das Meer schaut. Seine Augen sind auf den Horizont gerichtet, sein Gesicht ist in das rote Licht des Raucherbereichs getaucht. "Es ist wie ein schmerzendes Knie. Deine Schmerzen werden sicher nicht von deinem gesunden Lebensstil kommen. Du weißt, dass du irgendetwas falsch machst. Wir sind alle Zellen des gleichen Organismus. Wir sind alle eins, aber wir arbeiten nicht zusammen."

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Es ist Abend auf Amerikas schwerfälligem, mechanischem Schlachtross. Der IS ist nur wenige Hundert Kilometer entfernt. Die Matrosen zerstreuen sich in ihre Kojen. So menschenleer wirkt der Flugzeugträger noch größer. Ein sonderbarer metallischer Gestank—wie abgestandenes Wasser oder Gewebsflüssigkeit—erfüllt die Korridore. Irgendwo steht ein funkelnder Schrein für den 33. US-Präsidenten Harry S. Truman. Sein Slogan "Give 'Em Hell" schreit von den Kriegsflaggen an den Wänden.

Konteradmiral Bret Batchelder blickt vom Kontrollturm etwa 20 Meter nach unten auf das Deck, wo die F-18s ihr mechanisches Ballett aufführen. "Hast du aus dem Fenster geschaut?", fragt er. "In etwa einer Minute werden diese beiden Flugzeuge ihre Maschinen anwerfen und starten."

Das Deck surrt wie eine Kuckucksuhr. Luken öffnen und schließen sich.

"Es geht los. Sie machen sich bereit", sagt er nicht ohne Stolz. "Es gibt auf dieser Welt nichts Vergleichbares."

Männer und Frauen in grellbunten Jacken stehen nicht weit von den brummenden Jets entfernt. Die Maschinen ruckeln, ducken sich kurz und stürzen tosend los.

Sie heben vom Deck ab und drehen in Richtung Syrien, wo sie ihre Ziele mit hellen Blitzen aus Rot und Gold überziehen werden. Alles hier gehorcht einem tödlichen Rhythmus.

"Es ist ein unglaubliches Team", sagt Batchelder. "Das Team besteht aus 6.000 Mitgliedern. Jeder muss seinen Job machen, um das ganze Team zum Erfolg zu führen. Es ist unglaublich inspirierend und motivierend, ein Teil davon zu sein."

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In einem Zeitraum von acht Monaten haben sie 1.598 Bomben abgeworfen.

"Die Ziele an sich werden nicht mehr, aber es rücken immer wieder neue Kämpfer nach", sagt Batchelder. Der Kampf zieht sich in die Länge und ich kann nicht sagen, wie lange er noch dauern wird."

Die USS Harry S. Truman ist am effizientesten, wenn sich alles in Bewegung befindet. Es gibt keine freien Tage, keine verkürzten Schichten, keinen Augenblick, der nicht mit Bankdrücken oder einer Runde auf dem Laufband gefüllt wird. Die Tage zeichnen sich durch eine zermürbende Monotonie aus. Jede Hand dieser 6.000 Mann starken Crew wird dringend benötigt und während der Flugzeugträger stoisch vorangleitet—getrieben von seinem fetten Atomherz—passiert es schnell, dass man sich selbst vergisst.

"[Die Jungs] hier behandeln dich, als wärst du einer von ihnen", sagt Renae Rauseo, 21. "Und dann legst du am Hafen an und dir fällt ein: ‚Moment, ich bin ein Mädchen.'"

Der Raucherbereich sieht aus wie das Berghain, die Stimmung ist aber mehr Burger King. Frauen und Männer zwischen 18 und 25 lehnen am summenden Stahl, unterhalten sich und trinken Limo. Der blecherne Beat von Chance the Rapper ertönt aus irgendeinem Handy. Alle sieben Minuten durchbricht das 150dB-Kreischen einer startenden F-18 die Szenerie. Die jungen Matrosen reden vor allem darüber, was sie vermissen.

Trotzdem geht nicht jeder von ihnen von Bord, wenn sie Landgang haben. "Ich weiß nicht warum", sagt Renae. "Wirklich nicht. Ich kann mir solche Menschen auch nicht erklären."

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-BEN BRYANT