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Reisen

Die Unterwasserstadt für Touristen

Ich glaube nicht, dass es Geister gibt, aber wenn es welche geben würde, dann würden sie in Villa Epecuen leben.

Ich glaube nicht, dass es Geister gibt, aber wenn es welche geben würde, dann würden sie in Villa Epecuen leben. Der Ort ist in den 1920er Jahren als Touristenstadt am Ufer eines Salzsees entstanden, ein paar hundert Meilen südlich von Buenos Aires. Nachdem hier jahrzehntelang Urlauber aus der argentinischen Hauptstadt bespaßt wurden, brach 1985 ein Damm und Villa Epecuen - damals Heimat von um den 5.000 Menschen - versank langsam in Flutwasser.

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Vor ein paar Jahren hat sich das Klima irgendwie verändert und die Stadt kam langsam wieder zum Vorschein. Nachdem ich 2006 in einer Dokumentation von dem Ort gehört habe, habe ich beschlossen, mal herzukommen, sobald ich mein erstes Auto habe. Ich habe meine Kamera mitgenommen und mich in einem alten Schlachthof, der die letzten 25 Jahre unter Wasser verbracht hat, einquartiert. Das Gebäude hat, wie alles andere in Villa Epecuen, wie das Meer gerochen.

In der Nacht hörte man alle möglichen komischen Geräusche, weil mein Schlachthof mittlerweile die Heimat von tausenden Tauben ist, und außerdem war es verwirrend, das Wasser des Sees gegen den Pfad unweit von unserem Schlafplatz schlagen zu hören. Die Teerstraße draussen löste sich in See auf.

Hier gibt es viele tote Bäume, die alle aussehen, als wären sie eher verbrannt als ertrunken, und ihre ausgetrockneten Wurzeln haben sich ungefähr einen Meter über dem Boden verknotet. Irgendwas ist beunruhigend an der Tatsache, dass die Bäume immer noch in gepflegten Reihen angeordnet sind.

Ich weiß nicht, wie sie überlebt haben oder warum sie nicht weggewaschen wurden, aber zwischen den Bäumen waren kleine Hinweise auf die Touristen verstreut, die schon lange weg sind: Betten, Cola-Flaschen, Teller, Gläser, Nummernschilder und Wegweiser. Ich denke, der Meeresgrund sieht ein wenig so aus. Deprimierend, oder?

In Villa Epecuen habe ich einen Typen namens Pablo Novak getroffen, die einzige Person, die noch in der Stadt lebt. Als 1985 die Flut kam, zogen die meisten Menschen in die nächste Stadt, Carhué, und sind nicht mehr zurückgekommen - außer Pablo. Er lebt in einer Steinhütte, dort steht ein Kühlschrank und an den Wänden hängen verschiedene Kalender. Ich weiß nicht genau, warum man Miete zahlt, wenn man in so einer Hütte wohnt.

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Pablo Novak, via Flickr

Pablo wohnt in einem Gebiet, das vor dem Unfall ein Vorort der Touristenstadt gewesen wäre. Er hat mir erzählt, dass die Leute davon überrascht wurden und zuerst noch auf den Dächern ihrer Häuser darauf gewartet hätten, dass das Wasser wieder ablaufen würde. Offensichtlich ist das nicht passiert und innerhalb von zwei Tagen nach der ersten Flutwelle stand die Stadt fast leer.

Pablo schien die alte Stadt wirklich zu vermissen und hat viel über deren beste Zeiten in den 50ern, 60ern und 70ern gesprochen, als sie der Mar del Plata ernsthafte Konkurrenz bezüglich der Gunst der Touristen gemacht hat. Heutzutage wissen nicht mehr viele Leute in Buenos Aires von Villa Epecuen, auch wenn sie in ein paar Musikvideos als Kulisse verwendet wurde und hin und wieder als Kuriosität in den Nachrichten zu sehen ist.

Die Leute in Carhué haben uns erzählt, dass Villa Epecuen oft von Plünderern heimgesucht wird, weil sie nicht gesetzlich geschützt ist. Ich weiß aber nicht genau, was es an diesem Ort zu holen gibt. Er ist wunderschön, aber fault vor sich hin und ist scheiß-gruselig.