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Die Wissenschaft hat endlich eine Erklärung für mein Resting Bitch Face gefunden

Mithilfe der sogenannten FaceReader-Technologie habe ich den Selbstversuch gewagt und den Verachtungswert meines Gesichtsausdrucks bestimmen lassen.

Schon im Kindesalter war ich ein sehr ernster Mensch. Meine Lehrer bezeichneten mich immer als „Denkerin"—was auch vollkommen in Ordnung war, bis ich 19 wurde. Dann bekam mein meiner Meinung nach neutraler Gesichtsausdruck nämlich einen neuen Namen: Resting Bitch Face (auch unter der Abkürzung RBF bekannt).

Falls du mit diesem Begriff jetzt nichts anfangen kannst, dann folgt für dich nun die doch recht prägnante Erklärung aus dem UrbanDictionary: „Ein Zustand, von dem einer von sechs Menschen betroffen ist und der bedeutet, dass der ‚geistesabwesende Gesichtsausdruck' dieses Menschen ständig von einer gewissen Zickigkeit geprägt ist."

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Oh ja, ich habe tatsächlich ein Bilderbuch-RBF. Mein Gesichtsausdruck wurde auch schon als „dauernd unbeeindruckt" oder als „wie kurz vorm Niesen" beschrieben.

Ich will ehrlich sein: Die letzten Jahren waren echt hart. Zumindest bin ich jedoch nicht alleine, denn Victoria Beckham, Kristen Stewart und Kanye machen genau das Gleiche durch. Victoria und Kristen sind dabei Vertreter des wohl geläufigsten RBF, nämlich „verärgerter Schuldirektor". Kanye hingegen gehört einer seltener auftretenden Gruppe des RBF an, die die Bezeichnung „Mein Sohn, ich habe mehr von dir erwartet" trägt.

Foto: Imago/Starface

Mit einem Resting Bitch Face zu leben, kann manchmal echt frustrierend sein, aber die Wissenschaft hat mir jetzt zumindest endlich mal ein paar Antworten geliefert. Letztes Jahr haben die beiden Verhaltensforscher Jason Rogers und Abbe Macbeth mithilfe der sogenannten FaceReader-Technologie untersucht, ob RBF ein tatsächlich existierendes Phänomen ist, oder ob man sich das Ganze nur einbildet. Besagte Technologie scannt 500 Punkte des menschlichen Gesichts und bestimmt dann auf der Grundlage von acht „grundlegenden" Emotionen—glücklich, wütend, traurig, verängstigt, überrascht, angeekelt, verachtend und neutral—den jeweiligen Ausdruck.

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Um eine Basis zu schaffen, ließen Rogers und Macbeth zuerst „normale" Gesichter durch das Programm laufen und fanden so heraus, dass die meisten Leute als „neutral" eingestuft wurden. Daraufhin folgten dann Fotos und Videos von Celebritys, denen ein RBF vorgeworfen wird, und „Verachtung" war tatsächlich viel häufiger in den Ergebnissen vertreten. Diese höhnische und herablassende Emotion machte 5,76 Prozent des Gesichtsausdrucks der Personen mit einem Resting Bitch Face aus.

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Hier wird gerade Kanye Wests Gesicht analysiert | Screenshot: bereitgestellt von Noldus

Das sind jetzt nicht gerade gute Neuigkeiten für mich, aber es besteht trotzdem noch Hoffnung. „Folgender Punkt darf nicht außer Acht gelassen werden", schreiben Rogers und Macbeth in einer Begleitschrift zu ihrer Forschung. „FaceReader hat nicht genügend Verachtung festgestellt, um von wirklicher Verachtung ausgehen zu können. Das Ganze kommt dem Betrachter nur wie Verachtung vor." Sie erklären weiter, dass das menschliche Hirn darauf getrimmt ist, in den Gesichtern anderer Leute nach Hinweisen auf den emotionalen Zustand zu suchen—genau deswegen können selbst kleinste Veränderungen Großes bewirken. „Da Verachtung auf Vergleichen und Beurteilungen fußt, verursacht es bei uns Unbehagen, wenn man diese Emotion im Gesicht des Gegenüber ausmacht."

Da habt ihr es. Die Wissenschaft sagt, dass ein Resting Bitch Face euer und nicht mein Problem ist. Da ich jedoch einen Großteil meines Erwachsenenlebens aufgrund meines RBF aufgezogen wurde und mein Selbstbewusstsein dementsprechend niedrig ist, nehme ich aus dieser Studie vor allem die Tatsache mit, dass sich die Leute unwohl fühlen, wenn sie mich ansehen.

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Wir haben jedoch auch endlich eine konkrete Zahl vorliegen: 5,67 Prozent. Hier liegt quasi die RBF-Schwelle. Wenn der Verachtungs-Prozentsatz deines Gesichtsausdrucks darunter liegt, hast du nichts zu befürchten. Wurde ich vielleicht all die Jahre zu Unrecht in eine Schublade gesteckt? Um diese Frage ein für alle Mal zu klären, musste ich einfach nur mein Gesicht analysieren lassen und einen Wert unter 5,67 Prozent erreichen. Also besorgte ich mir die FaceReader-Technologie und ließ mich auf das Experiment ein.

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Ich verbrachte die darauffolgenden Stunden damit, ein komplett emotionsloses Selfie zu schießen. Irgendwie scheint das jedoch unmöglich zu sein, denn wir setzen wohl immer irgendeinen Gesichtsausdruck auf, wenn wir in eine Kamera blicken. Auf einigen Bildern lagen meine Augen zu eng beieinander und auf anderen mutete mein erhofft dezentes Lächeln wie ein total spöttisches Grinsen an. Ich habe scheinbar absolut keine Kontrolle über meine Gesichtsmuskeln.

Ich ließ es schließlich bleiben, nach ausdrucksloser Perfektion zu streben, und fütterte FaceReader einfach mit einem normalen Foto von mir. Daraufhin folgten irgendwelche biometrischen Analysen und mir wurden letztendlich mehrere Grafiken präsentiert, die mir meine gewünschten Antworten lieferten:

OK, der Computer erkennt mich also sogar als Frau und glaubt nicht, dass ich Bart oder Schnauzer trage. Der graue Balken steht für „neutral", also die offensichtlich dominante Emotion in meinem Gesichtsausdruck. Ein bisschen Freude befindet sich augenscheinlich ebenfalls darin.

Nun jedoch die schlechten Neuigkeiten: Mein Verachtungswert schießt quasi durch die Decke und liegt weit über der RBF-Schwelle. Ich habe sogar noch schlechter abgeschnitten als Kanye West, also der Typ, dessen emotionslose Mimik tatsächlich schon Memes nach sich gezogen hat und der nicht mal lächeln konnte, als sich die Stand-up-Comedienne Amy Schumer ihm auf dem roten Teppich vor die Füße warf.

OK, die Wissenschaft hat also bestätigt, dass ich tatsächlich ein Resting Bitch Face besitze. Ich weiß nicht, wie ich das jetzt finden soll, aber meinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, bin ich deswegen wohl ziemlich wütend.