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Das sind die Leute, die Wien kaputt machen (könnten)

Es wird Zeit, all die Arschgeigen beim Namen zu nennen, die einem das Leben in dieser schönen Stadt so unglaublich schwer machen.
Illustrationen von Luft Fabrik

Wien ist ziemlich großartig. Zumindest erfüllt Wien in meinen Augen eigentlich alle Kriterien, um richtig großartig zu sein. Gäbe es da nicht—wie fast überall—Leute, die einem selbst in der fabelhaftesten Stadt mit der höchsten Lebensqualität den Tag ruinieren und den Seelenfrieden rauben können. Ich persönlich würde nie so weit gehen, zu behaupten, dass Wien die beschissenste Stadt der Welt ist. Aber genau so wenig kann ich die unermüdlichen Bemühungen jener Arschgeigen ignorieren, die unauffällig aber kontinuierlich daran arbeiten, diese schöne Stadt in mühseliger Kleinarbeit tagtäglich ein bisschen zu Grunde zu richten.

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Diese Leute schaffen es tatsächlich, Wien zumindest teilweise kaputt zu machen. Und weil man kaputte Städte leider nicht einfach reklamieren kann, ist es wenigstens angebracht, diejenigen ausfindig zu machen, die am Ruin Wiens den wesentlichsten Anteil tragen. Die schwarze Peter für alles, was an Wien scheiße ist, wurde schon vielen zugeschoben. Den Habsburgern. Michi Häupl. Sogar den Berlinern. Es wird endgültig Zeit, in einem beherzten Rundumschlag all jene beim Namen zu nennen, die Wien tatsächlich kaputt machen.

Die Hundebesitzer

Alle Illustrationen von Luft Fabrik

Ich weiß ja nicht, ob es fair ist, Hunde pauschal zu verurteilen. Eher wäre es schon angebracht, ihre Besitzer pauschal für die omnipräsente Scheiße der Hunde in dieser Stadt zu verurteilen. Und ich weiß nicht woran es liegt, aber ich bin mir nach langer Beobachtung sicher, dass die Hundescheiße in Wien eine andere Halbwertszeit hat, als in anderen Städten dieser Welt. Wiener Hundescheiße hat die Halbwertszeit von Plutonium.

Oft entdecke ich am Weg in unser Büro an einer bestimmten Stelle einen Kackhaufen. Dann beobachte ich Tag für Tag, wie sich das Würstel versteinert und langsam aber sicher in den Gehsteig einbrennt, bis es letztendlich plattgetreten und großräumig verteilt zu einem Teil des Asphalts wird. Wiener Gehsteige bestehen meiner Schätzung nach zu einem guten Drittel aus fossiler Hundekacke. Von Tag zu Tag manifestiert sich so ein bisschen mehr Hundebesitzer-Hass in mir. Darüber hinaus muss ich leider auch davon ausgehen, dass viele Hundebesitzer ganz gezielt jene Straßenecken für den Schiss aussuchen, die von der MA 48 garantiert übersehen werden. Die Nimm ein Sackerl für mein Gackerl-Kampagne konnte den fäkalen Wahnsinn vielleicht eingrenzen, aber nicht stoppen. Nach wie vor zerstört kaum eine andere Bevölkerungsgruppe die Stadt so vorsätzlich und akribisch, wie die Hundebesitzer.

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Die Naschmarkt-Yuppies

Die Legende besagt, dass der Naschmarkt einst ein Ort war, an den Menschen in erster Linie gekommen sind, um sich so wunderbare Dinge wie exotische Lebensmittel oder gefälschte Fußballtrikots zu kaufen. Dazu musste man nicht einmal besonders hip oder gutaussehend oder erfolgreich sein. Zumindest war das angeblich so, bis die Yuppiness auch auf Wiens bekanntestem Markt Einzug gehalten und ihn nachhaltig für alle Nicht-Yuppies ruiniert hat.

Der primäre Lebenszweck der Naschmarkt-Yuppies besteht darin, italienische Marken-Sonnenbrillen zu tragen und nachmittags mittelschlechtem Berliner Techno zu lauschen, während man in überteuerten, aber angesagten Restaurants Weißwein trinkt und/oder sich zu einem Business-Essen, oder Meeting, oder Brainstorming trifft (Christoph Waltz hat diese Meetings übrigens einmal als das betitelt, was sie wirklich sind: Arbeitslosenessen). Sich bei so viel Selbstgefälligkeit ringsherum noch wohlzufühlen, wenn man gerade mit Sauce in den Mundwinkeln versucht, sein gar nicht yuppiemäßiges XL-Kebap in sich reinzustopfen, ist nahezu unmöglich.

Die Bobos vom 7. Bezirk

Da wären wir auch schon beim nächsten Punkt. Die Bobospießer, die zwischen der Mariahilfer Straße und der Lerchenfelder Straße ja bekanntlich eine Art veganen Stadtstaat errichtet haben, ruinieren Wien schon alleine dadurch, dass sie die moralischen Standards auf ein Level hieven, das man als Durchschnittseinwohner einfach nicht halten kann und/oder will. Sie vermitteln einem das Gefühl, ein unmoralisches, ungebildetes, unnachhaltig lebendes Würstchen zu sein, das zu allem Überfluss auch nur ein Fünftel vom Bobo verdient. Dass sich der durchschnittliche Neubau-Bobo besser ernährt, öfter joggen geht, sich zwar eine fancy Karre leisten könnte, aber trotzdem mit dem Rad fährt, und offensichtlich auch noch sehr wohlartikuliert ist, kann man ihm ja eigentlich nur schwer vorhalten—selbst wenn man noch so gerne möchte. Was man ihm sehr wohl vorhalten kann, ist, dass er es einem permanent unter die Nase reibt.

Warst du schon mal mit einem Neubau-Bobo auf Facebook befreundet? Seine Status-Updates zur morgendlichen Pre-Work-Yoga-Session, seine Runtastic-Routen, die ihn in einer neuen Bestzeit quer durch den 6., 7. und 8. Bezirk geführt haben, die Bilder seines Mittagessens, das aus irgendeinem exotischen Wurzelgemüse besteht, (welches aber vom niederösterreichischen Biobauernhof stammt) und sein selbstgemachtes Müsli—all das wird dich mitsamt deiner Hawaii-Tiefkühlpizza, die du gerade ins Rohr geschoben hast, früher oder später in den Wahnsinn, den Selbsthass oder die Depression treiben.

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Die Ringstraßen-Touristen

Lange habe ich über mich selbst behauptet, dass ich ein touristenfreundlicher Mensch sei. Denn hey, wenn es meine Jugend in Salzburg nicht schafft, einen Touristen-Gräuel zu verursachen, dann schafft das nichts, richtig? Richtig? Falsch. Als Junge aus der Provinz war ich nicht auf das gefasst, was innerhalb und an der Ringstraße vor sich geht.

Die Ring-Touristen müssen einen ja eigentlich schon alleine deshalb zur Weißglut bringen, weil es einfach unfassbar dumm ist, sich in diese lächerlich teure Touristen-Bim zu setzen, wenn die ganzen normalen Bims eh auch am Ring entlangfahren, aber nur einen Bruchteil kosten. Auch wenn er unglaublich schön und sauber ist, empfinde ich den Ring, mit all den schwarzen Limousinen, selbst wenn er noch so fein herausgeputzt ist, zu stark frequentierten Zeiten manchmal als noch räudiger als den räudigsten Gürtelabschnitt.

Ein paar übermotivierte Polizisten

Als ich nach Wien gezogen bin, war ich definitiv keiner dieser permanent über die Cops sudernden, „ACAB"-schreienden Menschen. Ich bin noch immer keiner von ihnen. Aber nach einem Haufen Berserker-artiger Situationen, die ich mit übermotivierten Wiener Polizisten erlebt habe, scheiß ich mir vor manchen von ihnen mittlerweile wirklich fast in die Hose. Es gibt sicher in jedem Bundesland ein paar Exemplare in der Exekutive, die nicht nur uns das Leben schwer machen, sondern vor allem auch ihren Kollegen, weil sie sich aufführen wie wildgewordene Cowboys. In Wien gibt es aber einfach ein bisschen mehr von ihnen. Die richtig übermotivierten Kerle in der Polizei erkenne ich teilweise schon alleine an ihrem Gehstil. Kennst du das Gefühl, wenn die Polizei ums Eck kommt, und man völlig grundlos glaubt, dass man irgendetwas falsch gemacht hat—zum Beispiel, dass man den falschen Gesichtsausdruck aufgelegt hat? Dieses Gefühl wird in Wien aufgrund mancher patrouillierenden Polizistenrudel auf die Spitze getrieben. Wenn sie dann vielleicht auch noch diese beängstigenden Lederhandschuhe anhaben, sagt mir eine Stimme im Hinterkopf mittlerweile, dass ich am besten hinter das nächste Gebüsch hechten und mich kauernd verstecken sollte. Vielleicht bin ich auch einfach schon ein bisschen paranoid.

Menschen aus sämtlichen Bundesländern

Eines der größten Rätsel ist mir bis heute, wie Menschen in einer Stadt wie Wien darüber schimpfen können, dass sich Ausländer so stark isolieren und sich ausschließlich mit ihren eigenen Landsleuten umgeben. Denn wenn sich hier irgendwer tatsächlich so stark isoliert, dass es negative Auswirkungen auf die sozialen Strukturen hat, dann sind das nicht die Ausländer, sondern die Inländer. Sind sie erst einmal nach Wien gezogen, umgeben sich Oberösterreicher nur mit Oberösterreichern, Kärntner nur mit Kärntnern, und Steirer nur mit Steirern. Ich bin selbst eines der perversesten Beispiele dafür, denn mein soziales Umfeld in Wien besteht praktisch nur aus Salzburgern. Die Menschen aus den Bundesländern sind die, die ein tatsächliches Miteinander in Wien systematisch zerstören.

Der größte Isolations-Feiertag der Exil-Steirer ist übrigens das alljährliche Steirerfest am Rathausplatz. Dort essen die Steirer zuerst einen Haufen Steirerkrapfen und Brote mit Steirerkäse, dann trinken sie einen Haufen steirischen Wein, und mit ein bisschen Pech ziehen sie dann besoffen weiter und speiben einem das Ganze irgendwo in der Innenstadt wieder vor die Füße, vermutlich nur, um Menschen wie dich und mich, die aus anderen Bundesländern stammen, zu verstören. Die größte, einflussreichste und bedrohlichste Bundesland-Exil-Konklave in Wien bleiben trotzdem die Vorarlberger. Von denen gibt es hier tatsächlich so viele, dass man fast das Ernst-Happel-Stadion mit ihnen füllen könnte—eine faszinierende und gleichzeitig beängstigende Vorstellung.

Tori schimpft nicht immer so viel. Folgt ihm auf Twitter:@TorisNest