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Dinge, die du nur weißt, wenn du mal im Verkauf gearbeitet hast

Wenn du noch nie in einem Laden Kleidung, Bücher oder Musik verkauft hast, dann hast du keine Ahnung vom echten Leben.
Fotos aus Das Empire Team

Die meisten Leute haben schon mal im Verkauf gearbeitet, denn die meisten Leute haben schon mal Geld gebraucht, und das ist eine möglichst unverbindliche Art, an besagtes Geld heranzukommen. Vielleicht hast du in der Boutique der Freundin deiner Mutter gearbeitet (edel), bei Foot Locker (sportlich), oder, wenn du cool und sexy warst, bei American Apparel (ich). Vielleicht hast du in den 90ern viele Diddl-Produkte verkauft (McPaper) oder du weißt, was ein „Hammer of Caliban" ist (Games Workshop). Wo auch immer du warst, du warst zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich dein schönstes, sorgenfreistes und fröhlichstes Selbst—außer natürlich in den Stunden, die du völlig verkatert in der Ecke hingst.

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Der Einzelhandel ist kein Beruf, der mit Lebensträumen zusammenhängt. Niemand geht in den Verkauf, weil es ihr oder ihm so ein dringender Wunsch ist, 14-Jährigen bei der Auswahl ihres ersten, viel zu engen Partykleids zu helfen. Niemand geht in den Verkauf, weil er davon träumt, den Gummibärchenladen zu leiten. Warum also arbeitet man als Verkäufer? Weil man jederzeit kündigen kann und so gut wie keine Kenntnisse braucht. Entweder das, oder du bist in deiner Teenagerzeit in einem Verkaufsjob hängengeblieben—einen Augenblick bringst du deinen chaotisch geschriebenen Lebenslauf der Filialleitung von H&M, und plötzlich ist es acht Jahre später und du bist die einzige Person über 25 in deinem „Team".

Aber in Wirklichkeit ist der Einzelhandel schon OK. Inventur bei Urban Outfitters mag nicht derselbe Glitzer und Glamour anhaften wie der Arbeit in einer Bar, aber gleichzeitig wirst du davon nicht alkoholabhängig und schließlich mit 38 ausgespuckt, mit einem Ex-Verlobten und dessen Akustikgitarren-Show als einzige Souvenirs der letzten zwei Jahrzehnte. Außerdem hast du nicht richtig gelebt, bevor du nicht nach multiplem Erbrechen in der Umkleidekabine schniefend die Spiegel gewischt hast.

Hier sind noch ein paar weitere Beispiele für die Art von Erfahrung, die du nur bei einem Ladenjob gewinnen kannst.

Foto: Patrick Strandberg | Flickr.com | CC BY-SA 2.0

Für kurze Zeit wird es sich anfühlen, als seist du in Narnia gelandet

Oh mein Gott, hinter dem Spiegel ist eine Tür! Oh mein Gott, ich kann ein Shirt auf diese Art falten, bei der sich Leute hinterher nicht trauen, es anzuprobieren! Oh mein Gott, der Boden wurde heute schon zwei Mal gewischt und aus irgendeinem Grund beide Male von mir … Jacqueline, du kannst mich mal!

Na ja, ich sagte ja bereits: „für kurze Zeit". Vielleicht so 3,5 Stunden lang. Danach geht dir langsam auf, was es bedeutet, wenn das richtige Kleidungsstück auf dem richtigen Bügel in der richtigen Reihenfolge an der Stange hängen muss, oder wenn man der 20. Person an einem Tag sagen muss, dass das neue Album der Kastelruther Spatzen erst in drei Wochen rauskommt, und du wirst Einkaufen nie wieder so genießen wie früher. Oder du wirst Einkaufen nie wieder so genießen wie früher, weil du vom Ladenradio eine posttraumatische Belastungsstörung hast und dich nicht auf mehr als 10 Meter einer Mall nähern kannst, ohne eine Panikattacke zu schieben.

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Du wirst lernen, wie man Zeug stiehlt

Ein wichtiger Meilenstein in jedem Verkaufsjob ist es, den Mut zu entwickeln, einen riesigen Haufen Sachen zu stehlen. Es erscheint anfangs noch furchterregend, doch nach ein paar Monaten wirst du von Kopf bis Fuß in Beute frisch aus dem Ausbeuterbetrieb in Bangladesch herumstolzieren.

Aus dem Kleidungslager stehlen ist ziemlich einfach: Lass einfach die Sachen, die du willst, hinter einen großen Haufen fallen und lass sie dort eine Woche liegen, zieh sie schließlich unter deinen Sachen an und schmuggle sie nach draußen. Ab sofort sind Geburtstagsgeschenke kein Problem mehr (glänzende Leggins für alle!)—auch wenn du dafür unausweichlich ein rattenkönigartiges Nest aus totalem Scheiß auf deinem Schlafzimmerboden entwickeln wirst, aus dem dich vielleicht die Feuerwehr herausschneiden muss, wenn man kommt, um dich zu verhaften, weil du innerhalb von zwei Wochen einen halben Laden hast mitgehen lassen.

Du wirst herausfinden, ob du scheiße bist

Selbst wenn es dein zweiter oder dritter Verkaufsjob ist, hast du vermutlich noch so etwas wie Träume—selbst wenn deine Träume bescheuert sind. Aber manche Leute, mit denen du zusammenarbeitest, werden so wirken, als hätten sie gar keine Träume. Du kommst jeden Tag zu spät, hast immer Schweißflecken und kriegst deine vorletzte Abmahnung schon nach einer Woche, während sie rätselhaft sauber, pünktlich und höflich sein werden und echt laut über alles lachen, was du sagst.

Diese Leute sind langweilig und mindestens einmal die Woche wirst du sie beneiden. Vielleicht werden sie versuchen, dir zu versichern, dieser Job sei nur vorübergehend, denn sie machen einen wirklich wichtigen Master in Kunsttherapie, oder sie beschweren sich ein Mal (EIN Mal) darüber, dass sie sich mit ihrem Langzeitpartner gestritten haben (der schwarze Collegejacken trägt und trotz des eigenartig geschmolzenen Gesichts annehmbar heiß aussieht), doch den Rest der Zeit machen sie einfach weiter und lächeln das gepflegte, augenleuchtende Lächeln einer Person, die nie wirklich Liebe oder Schmerz verstehen wird.

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Der Verkauf stellt alle vor eine knifflige Entscheidung: jeden Tag zu spät kommen, immer Schweißflecken haben und innerhalb eines Jahres gefeuert werden, oder sich gut machen, immer an der Kasse stehen und gezwungen sein, mit mehr Kunden zu interagieren, ihr schwitziges Geld anzufassen und sich um ihre motzigen Retouren zu kümmern.

Du wirst in der Umkleide arbeiten und es wird nicht so viel Spaß machen, wie du dachtest

„Hier, ein großes Stück Plastik mit einer Nummer drauf. Die Nächste!" x 100.000.000 x Tod. Außerdem werden die Leute absolut alles unter der Sonne in diesen Kabinen liegen lassen, von Scheiße bis Tampons, und die wirst die Person sein, die es wegmachen darf.

Du wirst auf echt seltsame Leute stehen und möglicherweise etwas mit ihnen haben

Deine ständige Nähe zu Menschen, die nur ein klein wenig mehr Persönlichkeit haben als der Staub im Staubsaugerbeutel, bedeutet, dass du anfangen wirst, blindlings nach menschlichem Kontakt zu tasten, der auch nur ansatzweise inniger ist als „Nein, das können Sie leider nicht zurückgeben und was zur Hölle ist das für ein Fleck?". Und dann gehst du mit dem einzigen Kunden, der dich diesen Monat angesprochen hat, auf ein Bier und einen geteilten Teller Pommes ins Beisl an der Ecke.

Eine Freundin von mir ist mal mit einem Kollegen aus dem Elektronikladen auf einem extrem schlechten Date gewesen. Er schlug Pizzamann vor, was eigentlich ganz cool war, immerhin gibt es dort mehr als im Beisl, doch als er dort ankam, stopfte er sich seine Ohrstöpsel in die Ohren, hörte einen Song auf seinem Handy und bestellte nur warmes Wasser, um sich einen Proteinshake zu machen. Was er dabei hörte, werden wir wohl nie erfahren, doch ich gehe davon aus, dass es später Usher war. Wenn man mal von tatsächlichem Dating absieht, dann wirst du auch noch mit mindestens einem neanderthalerhaften Lagerarbeiter betrunken rummachen und dieser wird dir dann für die nächsten 11 Jahre Geburtstags-SMS schicken.

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Du wirst anfangen, Frauen mittleren Alters zu hassen

Denn sie hassen dich, denn sie hassen einkaufen, denn sie hassen es, furchtbare Kleidung anzuprobieren, doch sie fühlen sich unter Druck, es zwei Mal wöchentlich nach der Arbeit zu versuchen, denn wenn sie das nicht tun, dann werden sie abgrundtief hässlich und unstylish und für immer und ewig single sein.

Foto: Martin Howard | Flickr.com | CC BY 2.0

Wenn ich sage „Das haben wir nicht in Ihrer Größe", dann tue ich dir einen Gefallen

OK, was das angeht, muss ich sagen, dass es eigentlich eine Seltenheit ist, dass einem überhaupt ein Kunde oder eine Kundin auffällt, denn Menschen sind so unfassbar vorhersehbar, dass sie irgendwann alle zu einem einzigen langen „mmpffhhnngiftgrünesElasthan" oder „hmmmmmweißnichiPadmini" verschwimmen. Das bedeutet, wenn du den Disney Store betrittst und meinst, alle Angestellten dort sehen dich gerade an wie eine/n Ladendieb/in, schiebst du einfach nur Paranoia und in Wirklichkeit interessieren sich diese Leute keinen angefeuchteten Bruchteil eines Drecks für dich. Die einzigen Menschen, bei deren Anblick ich mehr als eine verschwommene potentielle Provision gesehen habe, waren entweder berühmt, UNGLAUBLICH unbeschreiblich nett zu mir oder sahen einfach zum Anbeißen aus.

Jedenfalls, wenn ich also sage: „Sorry, das haben wir nicht mehr in L", dann meine ich damit, dass ich mich jetzt nicht aufraffen kann, im Lager nach diesem absolut grottenhässlichen Shirt in deiner Größe zu sehen.

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Du wirst ein seltsames Verhältnis zu Geld entwickeln

Nachdem du Dutzende oder Hunderte Stunden damit verbracht hast, im „sichtbaren Bereich" herumzulungern und alle Songtexte von La Roux über die Ladenlautsprecher zu absorbieren, gibt es eigentlich nichts anderes mehr zu tun, als die Sekunden bis Feierabend zu zählen.

Du wirst schnell lernen, deine Schicht in wahllose Abschnitte aufzuteilen, um sie schneller rumzubringen, und dann wirst du bald jeden Abschnitt mit dem Geldbetrag gleichsetzen, den du in dieser Zeit verdient hast. „OK, ich hab mich gerade 2 Euro lang auf der Toilette versteckt, das reicht fast für einen großen Cappuccino." Oder: „OK, ich hab mich rausgeschlichen, um mir einen Cappuccino zu holen, jetzt sollte ich mich aber auch anstrengen und das Geld mit einer Provision wieder reinholen."

Letztendlich wirst du nicht mehr in der Lage sein, damit aufzuhören, Geld in Arbeitsstunden zu denken, was irgendwie nach Intelligenz und Wirtschaftstheorie klingt, aber eigentlich nur darauf hinausläuft: „Noch eine Flasche Wein im Restaurant mit meinen geliebten Freunden = 2 Stunden" vs. „Eine Flasche Wein vom Spätkauf, die ich alleine trinke = 30 Minuten". Und so nimmt das Alleinetrinken seinen Lauf.

Du wirst aus einem oder allen oben aufgelisteten Gründen gefeuert werden

Und deine Eltern werden total erleichtert sein, weil das bedeutet, dass du dich endlich um einen richtigen Job für Erwachsene umsiehst. Schließlich landest du dann als Aushilfe bei einer Produktionsfirma, wo du dein ganzes Geld für Koks ausgibst, von deinem Chef sexuell belästigt wirst und den (inzwischen trockenen) 38-jährigen Musiker datest, der definitiv bald rückfällig werden wird, aber auch kurz vor einem Vertrag mit einer großen Plattenfirma steht. Du hast dich vom Verkauf einer Sorte Bullshit zu einer anderen gemausert—Glückwunsch! Deine Familie ist so stolz auf dich.