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Mit dieser App kannst du mit einem Knopfdruck einem hungernden Kind eine Mahlzeit spendieren

Auf der Welt gibt es 100 Millionen hungernde Kinder, aber zwanzigmal so viele Smartphone-Besitzer. „Share the Meal" will sie mobilisieren.
Foto: Share the Meal

Alle 10 Sekunden verhungert ein Kind auf der Welt. Niemand denkt gerne darüber nach, aber wenn du diese Einleitung fertig gelesen hast, ist schon wieder ein Kind an Hunger gestorben. Das schlimmste daran ist: Es hätte nicht passieren müssen.

Sowohl die Vereinten Nationen als auch der deutsche Entwicklungsminister bezeichnen Hunger als „das größte lösbare Problem auf unserem Planeten". Während eines Praktikums bei der Welthungerhilfe der Vereinten Nationen haben Sebastian Stricker und Bernhard Kowatsch herausgefunden, dass es nur 40 Cent kostet, ein hungerndes Kid für einen Tag zu ernähren. Dann haben sie entdeckt, dass es zwanzigmal mehr Smartphone-Nutzer als hungernde Kinder auf dem Planeten gibt—und so kamen sie auf die Idee für „Share the Meal", die App gegen den Hunger.

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Die Idee ist gleichzeitig sehr einfach und sehr ehrgeizig: Die beiden Jungs wollen den zwei Milliarden Smartphone-Usern das Helfen so einfach machen, dass sie tatsächlich anfangen, etwas für die hundert Millionen hungernden Kinder zu tun. Um herauszufinden, wie das genau funktioniert, habe ich Sebastian angerufen.

Bernhard Kowatsch (links) und Sebastian Stricker (rechts) wollen uns beim Helfen helfen. Foto: Share the Meal

VICE: Hallo Sebastian, wie seid ihr auf diese Idee gekommen?
Sebastian Stricker: Der Ausgangspunkt war für uns, als wir gemerkt haben, wie erstaunlich billig es ist, ein Kind den ganzen Tag zu ernähren. Da haben wir uns gedacht: Wenn es einen einfachen Weg geben würde, wie man diese 40 Cent zur Verfügung stellen könnte, dann würden das wahrscheinlich viel mehr Leute machen.

Dann kam die Einsicht: Es gibt zwei Milliarden Smartphone-Nutzer, die haben alle genug Geld, sich ein Smartphone zu kaufen—aber nur 100 Millionen hungrige Kinder. Also zwanzigmal so viele Smartphone-User wie hungrige Kinder. Da haben wir uns überlegt, eine App zu bauen.

Wir wollen eine ganz einfache Möglichkeit schaffen: Du drückst auf einen Knopf und ernährst damit ein Kind, einen ganzen Tag lang. Wir haben es an die Idee geknüpft, dass man eine Mahlzeit teilen kann: Ich esse etwas, ich drücke auf den Knopf, und ich ernähre ein Kind. Das Ganze hat mich einen Knopfdruck und 40 Cent gekostet.

Das ist eine interessante Idee, aber wie habt ihr das dann praktisch gemacht?
Mein Mitgründer Bernhard und ich haben davor beim Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen gearbeitet. Dann haben wir ein Sabbatical genommen und das gegründet. Im August 2014 haben wir es den Vereinten Nationen wieder präsentiert und sind dann als Innovationsprojekt aufgenommen worden—wir sind jetzt also Teil der UN.

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Wahrscheinlich will niemand, dass Kinder hungern. Es könnte eigentlich auch jeder jeden Monat 50 Euro an die UN überweisen—passiert aber nicht. Glaubst du, dass so eine App Leute eher bewegt?
Genau, es passiert einfach nicht. Wir wollen dir etwas geben, mit dem du es einfach jederzeit machen kannst. Du hast etwas gegessen und denkst dir: Ich drücke jetzt den Knopf, es kostet mich 40 Cent, und ein Kind, das sonst nichts zu essen hat, ist auch einen ganzen Tag ernährt. Oder du denkst dir: „Hey, mir ist gerade was Schönes passiert, ich würde das gerne weitergeben." Du kannst zu jeder Zeit und an jedem Ort etwas Gutes tun.

Wie funktioniert das genau? Wo kommt das Geld hin, wenn jemand auf den Knopf gedrückt hat?
Das geht direkt an das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen. Im Moment versuchen wir, alle bedürftigen Schulkinder in Lesoto in Südafrika zu erreichen. Sobald es dort ankommt, wird es dafür eingesetzt, dass diese Schulkinder ernährt werden. Wir können mit jedem Knopfdruck von 40 Cent ein Kind den ganzen Tag lang ernähren.

Wie läuft das bis jetzt?
Wir haben bis jetzt rund 150.000 Kinder für einen Tag ernährt. Also haben wir alle bedürftigen Schulkinder in Lesotho für drei Tage ernährt. Das siehst du alles in der App—wie viele Mahlzeiten wo verteilt wurden. Ich glaube, wir kriegen heute den vierten Tag voll.

Unser Ziel ist es, die Kinder dort das ganze Jahr zu ernähren. Wenn wir das geschafft haben, gehen wir zum nächsten Land über.

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Woher weiß ich, dass das Essen wirklich ankommt?
Das Monitoring macht die UNO. Deswegen machen wir das mit der UNO, weil wir das als Startup realistischerweise nicht selbst machen könnten. Aus unserer Perspektive gibt es eigentlich keine fähigere Organisation als das Welternährungsprogramm, um Hunger in wirklich großem Rahmen zu bekämpfen.

Also, es gibt nie genug Geld. Die haben dort nicht genug Geld, um alle Kinder zu ernähren. Deshalb werden jede 40 Cent dann auch sofort eingesetzt.

Glaubt ihr, dass ihr das Hungerproblem der Welt mit einer App lösen könnt?
Also … das wäre ein Traum. Wir wollen halt einen Beitrag leisten. Uns ist klar, dass das hier funktionieren kann, es kann aber auch nicht funktionieren. Wir sind der Auffassung, dass man es zumindest probieren muss.

Wie hilfreich ist das auf lange Sicht, wenn man jetzt immer wieder Geld für Essen schickt? Bekämpft man damit nicht eher die Symptome als die Ursachen?
Absolut, ja. Da stimme ich dir vollkommen zu. Unsere Antwort hier ist, dass eine der Ursachen der Mangel an Bildung ist. Und deswegen machen wir Schulmahlzeiten. Wir bekämpfen kurzfristig Hunger, aber wir verteilen die Mahlzeiten in Schulen, damit die Kinder in die Schulen kommen können. Oft können die nämlich nicht zur Schule, weil sie auf dem Feld arbeiten müssen, damit sie was zu essen haben.

Es gibt auch das Konzept vom „Teufelskreis des Hungers": Man muss Kindern ein minimales Niveau an Essen geben, damit sie überhaupt lernen und sich selbst versorgen können. Ich kann die Kritik an Entwicklungshilfe verstehen, aber verschiedene Programme sind verschieden nachhaltig. Wir würden das nicht machen, wenn wir nicht glauben würden, dass das sinnvoll und nachhaltig ist.

Die App „Share The Meal" könnt ihr ab heute im App Store, bei Google Play und bei Amazon runterladen.