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Drogen

Ein Besuch in Wiens erster Hanfbotschaft

„Es ist gar nicht verboten, Blütenhanf zu besitzen oder auszustellen. Es geht um den Zweck dahinter." Daher gibt es in Wien jetzt eine Hanf-Botschaft.

Stecklinge, also nicht blühende Graspflanzen, gibt es in Wien mittlerweile an jeder Ecke. Deren Produzenten achten peinlich genau darauf, dass ihre Pflänzchen nicht den zartesten Ansatz einer Blüte bilden. Das österreichische Suchtmittelgesetz stellt nämlich nur den Cannabisanbau zum Zwecke der Suchtgiftgewinnung unter Strafe und Suchtgift kann man nur aus Cannabisblüten gewinnen. Wer Gras ohne Blüten anbaut, also Mutterpflanzen und Stecklinge produziert, hat spätestens seit diesem Freispruch für Wiens größten Hanfbauern, wenig zu befürchten.

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Das über 40 Jahre alte Gesetz unterscheidet aber gar nicht zwischen blühenden und nicht blühenden Pflanzen, sondern definiert lediglich, warum man kein Gras anbauen darf. Wer also blühende Pflanzen anbaut, ohne die Blüten zu rauchen, zu verkaufen oder anderweitig zu verwerten, handelt wenigstens theoretisch immer noch nach den Buchstaben des Gesetzes.

Wenigstens sind sich die Betreiber der ersten Hanfbotschaft Wiens sicher, dass dem so ist: „Es ist gar nicht verboten, Blütenhanf zu besitzen oder auszustellen. Es geht um den Zweck dahinter. Ist der Zweck Missbrauch, dann gilt sowohl die wachsende als auch die blühende Pflanze als verboten. Ist der Zweck nicht Missbrauch sondern ein anderer, in unserem Fall eine Ausstellung, dann ist die Blüte von Hanf legal," sagte Mit-Initiator Stivi Wolyniec jüngst in einem Interview mit News. Die Staatsanwaltschaft prüft wohl noch, ob sie das auch so sieht.

Vergangenen Monat hat sich der „Verein Hanfmuseum" im Rahmen der Eröffnung der Hemp Embassy in der Wiener Esterhazygasse 34 mit blühenden Cannabispflanzen, die vor unbefugten Zugriff geschützt in Glasvitrinen stehen, an die Öffentlichkeit gewagt. Der Flyer der „Hanfbotschaft" wirbt mit einer „Öffentlichen Hanfblütenschau" und zeigt acht große Vitrinen mit deutlich sichtbar blühenden Pflanzen. Ein wenig verwundert bin ich dann schon beim Betreten des zur Botschaft umgebauten Kellers, denn die Pflanzen vom Flyer sind jetzt noch größer als in der Werbung, einige von ihnen sind auch schon fast reif.

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Die im Schnitt 1,20 großen, weiblichen Graspflanzen zeigen, durch Sicherheitsglas vom Publikum getrennt, die Reize ihrer Blüten in den verschiedensten Stadien. Wer an der Schnur vor der Vitrine zieht, wird mit dem spezifischen Geruch der Sorte, der dann durch ein paar Löcher im Glas nach außen dringt, belohnt. Die meisten ausgestellten Pflanzen weisen nicht nur den Hauptwirkstoff THC, sondern einen hohen CBD-Anteil auf.

CBD ist ein Cannabinoid, das immer mehr Anwendungen im medizinischen Bereich findet und ist, anders als THC, als solches nicht einmal verboten. Die netten Fachkräfte hinter dem Counter, die sich hinter den Kulissen um das Wohlergehen der harzigen Damen kümmern, nennen deshalb ihre „Kush" und „White Widdow"-Sorten liebevoll „Medical Strains".

Die fertigen Pflanzen werden unter notarieller Aufsicht zur Müllverbrennungsanlage Simmering gebracht und vernichtet. Um ihre Hanfbotschaft transparent zu verbreiten und zu gestalten, wird der gesamte Blüte-Prozess von den Aktivisten dokumentiert, gefilmt und ins Netz gestellt. Keiner soll auf die Idee kommen, hier werde Gras angebaut, das dann heimlich verkifft, weiterverarbeitet oder gar verkauft wird.

Der Verein Hanfmuseum will den Menschen zeigen, worum sich die endlose Debatte um die Legalisierung im Kern dreht: um ein paar blühende Hanfpflanzen. „Die eigentliche Botschafterin ist die Pflanze selbst. Wir sind keine ,Hurra-Legalize-Bewegung' sondern versuchen auf einer vernunftbasierten Weise, Einfluss auf die Diskussion zu nehmen," erklärt Wolyniec. Schade nur, dass man dafür die Hanfpflanzen vernichten muss.

Aber ganz privat bleibt es streng verboten. Aufgrund der in Europa einmaligen Formulierung zum Anbau zu Cannabis im Suchtmittelgesetz, spielt es in Österreich übrigens auch eine Rolle, ob Grower ihre Ernte rauch- oder gar verkaufsfertig verpacken oder die Blüte direkt vom Stiel in die Tüte wickeln. Letzteres deutet darauf hin, dass das Weed lediglich zum Eigenbedarf angebaut wurde.

So können Selbstversorger in Österreich für ein- oder zweihundert Gramm auch mal mit einer Verfahrenseinstellung und einem blauen Auge davon kommen, während man besonders im Süden Deutschlands wegen des gleichen Delikts schon mal in den Knast wandert oder für eine Handvoll Hanfpflanzen eine saftige Bewährungsstrafe bekommt.