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Popkultur

Carrie, warum bist du nicht ab 18!

Drei Gründe warum man den neuen Carrie nicht schauen und große Angst vor einer kommenden Flut an Stephen King Remakes haben sollte.

Liebe Carrie, ich weiß du bist sehr gefährlich, wirst manchmal bis in den telekinetischen Amoklauf gemobbt und deine Mama ist eine crazy-christliche Fanatikerin mit Erbsünde-Komplex. Das ist hart, aber dein neuer Film ist noch härter. Gerade, wenn man mitansehen muss, wie hier Recycling unter aller Sau betrieben wird. Ich nominiere dich als Nummer Eins in der Kategorie „Filme, die keiner braucht" und fürchte mich vor der Adaptions-Flut, die du einläutest. Für meinen Unmut gibt es drei einfache Gründe:

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1. Du bist nicht neu!

Am besten kann man das aktuelle Remake von Carrie beziehungsweise meine emotionale Reaktion darauf mit der ächzenden Ablehnung mit Colin Farrells 2012er Total Recall vergleichen. Das ist zwar auch nur eine Meinung, aber keineswegs nur MEINE—beim Schauen des neuen Total Recall fühlt sich absolut keiner wohl und damit könnt ihr euch wohl auch schon ein ziemlich gutes Bild davon machen, wie es euch nach dem Carrie-Aufwasch gehen wird.

Auch hier wurde ein perfekter Film genommen, neu interpretiert—zwar mit den schönsten Bildern und viel Herzblut, aber mit gewaltsam eingefügten, idiotisch abweichenden Handlungskleinigkeiten—und unter dem Vorwand, authentischer wirken zu wollen, vollkommen kaputt-erneuert. Die offenkundigen Referenzen zum Original sind in beiden Filmen zu schwach, verwaschen und reichen absolut nicht aus, um eine annehmbare, nachvollziehbare Hommage zu kennzeichnen.

Regisseurin Kimberly Peirce entschied hier, dem Originalfilm Carrie (1976) von Brian De Palma beinahe eins zu eins nachzueifern, anstatt vielleicht aus der Buchvorlage etwas Spannenderes herauszuholen. Julianne Moore als Mama White mit Jesus-Wahn ist gut und spannend anders getroffen—trotzdem wirkt das ganze Skript unsicher wie Carrie in der Turnhallendusche.

Und nur nebenbei: Fast beängstigender sind die Ankündigungen weiterer Stephen King Film-Remakes in nächster Zeit: The Stand, eine Neuverfilmung der 90er TV-Mini Series, ist derzeit im Konzeptionstadium mit Ben Bat-fleck als Regisseur.

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It, der Kinder-fressende Clown, soll auch in einem Zweiteiler neuinterpretiert und von Cary Fukunaga (Sleepwalking in the Rift, Serie True Detective, Jane Eyre, etc …) im Regiestuhl betreut werden. Und ganz schlimm (oder auch supertoll, ich bin noch unsicher): Pet Sematary wird auch wieder Katzen und Kinder vergraben, um sie dämonisch böse auferstehen zu lassen. Jaun Carlos Fresnadillo (28 Days Later) arbeitet momentan daran und das ist gut, weil die Spanier sich mit Horror auskennen (siehe The Orphanage und/oder Pan's Labyrinth).

2. Du bist kein Loser!

Die Besetzung von Carrie White mit Chloe Moretz ist bereits die erste Fehlentscheidung. Die Kleine ist super und man kann ihr nur das Beste wünschen, keine Frage. Aber—egal, wie pädo das jetzt klingt—bei der 16-Jährigen ist schon jetzt klar, dass sie hinter ihrer Rolle superfesch ist und alle in der Klasse auf sie stehen würden. Weder Latzhosen, noch vorgezogene Schultern, schlechtgespielte Scham oder offenbar fake-fettiges Haar ändern viel an ihrem bereits voll ausgebildeten Wespenstich-Schmollmund und den umwerfenden Kuhaugen. Der „Hässliche Entlein"-Effekt oder -Twist ist letzten Endes eh schon abgedroschen, passé und im neuen Carrie komplett unbemüht, fast faul umgesetzt. Make an effort, damn it!

3. Du bist nicht ab 18!

Der Vorwurf ist vielleicht verwirrend, da Carrie (2013) in den USA sehr wohl Rated R ist, bei uns aber schon ab 16 legal genossen werden darf. Den Amis ist die Darstellung von weiblichen Hygieneprodukten wahrscheinlich zu extrem. Aber gut, Potential zu einem schönen Splatter-Ende ist schließlich da, das möchte ich nicht bestreiten. So habe ich dem Film auch alle verdreht stockenden Dialoge, die bemühten Teen-Schauspielerleistungen auf Gossip Girl-Niveau und den allgemeinen Abklatsch verziehen, in der Hoffnung auf ein bluttriefendes Massaker am Ende, das dem Gore-Fanboy und -girl eine wohlverdiente Entschädigung liefert. Ohne Gnade hätte Carrie mit den aufgewerteten CGI-Möglichkeiten Köpfe explodieren, Ballkleidprinzessinnen in der Mitte durchreißen und Jock-Augäpfel platzen lassen können—aber es blieb enttäuschend zahm.

Es war mehr ein hexenartiges, unsichtbare Superkräfte schießendes Arme-Recken à la Charmed oder Harry Potter und der Fokus lag fast ausschließlich auf der optisch ansprechenden Blutüberströmtheit der hübschen Chloe. So bleibt uns eigentlich nur übrig, die Leute, die den Film noch nicht gesehen haben, zu beglückwünschen, aufdass sie sich einen Kinofilm guten Gewissens ersparen können, gerade jetzt in der verplanten, leicht versoffenen und geschenkgestressten Vorweihnachtszeit. Lieber mehr Glühwein trinken und Packerl besorgen, das fühlt sich dann auch manchmal an wie Telekinese und Superkräfte.

Josef Zorn auf Twitter: @theZeffo

Fotos via Flickr: Terrorama und Sony Pictures Espana