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Film

Ich habe am 4. Juli 'Independence Day 2' geschaut und es war die Hölle

Ich musste sehr viele wütende Snaps machen, um das Ganze zu kompensieren.

Der 4. Juli ist in Europa eher ein Nulltag. In der Regel ist es sommerlich, aber das war es auch schon mit Ereignissen. Kollege Markus meint, in Amerika sieht das anders aus. Dort reißt man sich an ihrem Unabhängigkeitstag schon auch mal die Kleider vom Leib, um den Blick auf eine USA-Speedo freizugeben, während am Himmel Feuerwerke knallen und Frauen auf Pferden mit USA-Flaggen statt Satteln durch den Hintergrund reiten wie in einem Lana-del-Rey-Video, das aus unerfindlichen Gründen noch nicht gedreht wurde.

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Und weil wir zumindest in Bezug auf Kino und Popkultur alle ein bisschen Amerikaner sind, wollte ich den für uns Europäer so irrelevanten 4. Juli eigentlich gebührend mit Bier und einem richtig blöden Film feiern. Leider konnte mein Kumpel nicht mitkommen zum exklusiven und terminlich extrem passenden Screening von Independence Day: Resurgence. Ich ging also alleine hin—mit Bier. Der Rest ist zwar nicht Geschichte, aber zumindest eine Geschichte und zwar eine, wie sie amerikanischer nicht sein könnte.

20 Jahre nach dem legendären 90er-Jahre-Blockbuster—ich mag das Original eigentlich wirklich recht gerne—haben Kreativitätsverlust und Geldgier nun zu einem zweiten Teil geführt, in dem aus unerfindlichen Gründen sogar Charlotte Gainsbourg mitspielt (wie? geht? das?).

Genau wie die Alien-Invasion, um die es im Film geht, wollte wirklich niemand dieses Sequel. Selbst die altbekannten Figuren, deren Originalschauspieler sich wohl nur mit viel Geriebenem und Patriotismus überreden ließen, in diesem substanzlosesten Aufguss wieder dabei zu sein, scheinen in der Handlung so schnell wie möglich sterben zu wollen.

Bill Pullman hat mittlerweile übrigens die Stimme von einem Muppet—erwartet euch also keine coolen Ansprachen mehr. Auch Jeff Goldblums süffisanten Scherze und seine immer wieder eingestreute Sprachlosigkeit scheinen in Wirklichkeit direkt aufs Drehbuch abzuzielen.

Ich habe mir wohlwollend besagtes Bier und Popcorn gekauft und schlenderte verschwitzt in eine Art Vorhölle mit Dresscode. Es waren überall Fotowände mit eigenartigen Logos aufgehängt, die nichts mit dem Film zu tun hatten und das Plastiksackerl vom Pennymarkt, das aus meiner Tasche quoll, wurde mir schnell sehr peinlich. Ich versteckte mich in einer Ecke und nahm die Sektbar ins Visier. Eine PR-Frau lächelte mir entgegen: "Sie wollen doch sicher nicht zu diesem Screening?!"

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Gut, ich war nicht Premieren entsprechend gekleidet und hätte mir die Einladung wohl vielleicht besser durchlesen sollen; aber kein Grund, mich wie einen senilen alten Mann am Ellenbogen aus der feinen Gesellschaft leiten zu wollen. Meine offizielle Kinokarte verblüffte sie dann aber doch genug, um mich da bleiben zu lassen.

Was mich zum Film selbst bringt. Keiner hat sich von Independence Day 2 Wunder oder Qualität erwartet; schon der Trailer hat genügt, um diese Erwartungshaltung entsprechend anzugleichen. Die wirkliche Frechheit war aber eigentlich, dass das zirka zweihundertköpfige Publikum vorher die 40-minütige Präsentation eines doch sehr selbstsicheren Architekten-Teams durchhalten musste.

Alle Fotos (sowie humoristische Filter) vom Autor. Roland Emmerich via Leinwand 

Das Wiener Duo (dessen Namen hier aus Rücksicht, Höflichkeit und der Befürchtung, sonst PR für sie zu machen, unerwähnt bleiben soll) redete in seinem Vortrag über die von ihnen stammenden Entwürfe der Raumschiffe und CGI-Städte. Das war einerseits ein bisschen schlimm, weil beides im Film nicht endlos gut aussieht (die Miniaturen, die 1996 für den ersten Teil in die Luft gejagt wurden, waren da wesentlich besser gemacht), und andererseits ein bisschen unfair, weil es tatsächlich ein paar wesentliche Elemente des Films gespoilert hat.

Am Ende hat sich ein ganzes Architekten-Team auf der Bühne verneigt und plötzlich war da Roland Emmerich auf der Leinwand, der auf Englisch erneut den Schwank erzählte, wie ihm sein Bruder diese Firma empfohlen hatte—und zwar für den Boll'schen Zelluloid-Zerreißer2012, der in 100 Jahren ziemlich wahrscheinlich zum Kanon der schlechtesten Filme seit Ed Woods zählen wird. Ich musste sehr viele Snaps machen, um das alles zu verdauen (und zu kompensieren).

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Während der Film selbst ein fast unschuldig dummer Spaß ist, den man mit ein bisschen Wohlwollen (und vielleicht einer entsprechenden Begleitmenge Wieselburger) an einem amerikanischen Montag sehr gut packt und durch den man sich auch gut apathisch hindurch kichern kann, waren die Präsentation und das Drumherum leider eine innere Alien-Apokalypse.

Apropos, kurz noch die Handlungsessenz: Die Aliens haben jetzt ein größeres Auto, das sich wie ein Spinne auf der Erde festkrallt und reinbohrt—irgendwie sexy—, Will Smith ist ein toter Staatsheld auf einem Gemälde (der wollte dann mit 15 Millionen doch bisschen zu viel) und es geht wieder mal nur um Mamas, wie bei Batman V Superman und Captain America: Civil War. Die absurde Buddy-Nebengeschichte eines afrikanischen Warlords und einem Buchhalter, der Kriegerambitionen bekommt, ist herrlich und herrlich blöd. Ob sie oder irgendwer aus dem Film es in den geplanten dritten Teil schaffen werden?

Die nächste Generation von Protagonisten verfügt leider über Null Charisma und man ärgert sich richtig, dass sie den Film so ernst nehmen. Dieser nichtexistente Sympathiefaktor erklärt zwar ein bisschen, warum die Erde so gerne angegriffen wird, aber nicht unbedingt, warum wieder mal ein paar Starship Troopers mit viel Moral im Gepäck alles retten und ich keine Einladung zur Afterparty bekommen habe. Die Architekten haben sicher noch ein paar beispiellose Fun Facts über ihre Modellhäuser erzählt.

Josef auf Twitter: @TheZeffo