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Film

'Bad Luck‘: Eine Kärntner Tankstelle im Nirgendwo ist genau wie man sie sich vorstellt

Wir haben uns den Film von Thomas Woschitz angesehen und wollen jetzt nie wieder eine Landstraße entlang fahren. Außerdem haben wir Karten für die Premiere!
Offizielles Bildmaterial ,Bad Luck‘ KGp Production

Keine Ahnung, was das Problem mit Kärnten ist. Einerseits wird das Leilei-Bundesland mit Unterbrechungen immer wieder vom Rest Österreichs gehasst; andererseits hat es wohl die schönsten Plätzchen des Landes zu bieten. Fernab von schönen Bergseen, ländlicher Flüchtlingspanik, dem Ortstafelwahnsinn, der Hypo-Pleite oder anderen Haider-Altlasten sowie der Liebe für Beachvolleyball-Plätze gibt es in Kärnten aber auch einsame Fernstraßen. Diese verlaufen sich im dichten Waldgebiet und dank der Autobahn muss sich keiner von uns jemals mit ihnen auseinandersetzen. Zumindest, bis jemand die Marktlücke entdeckt und einen Film darüber macht.

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Genau dort, an der gemeinen Kärntner Landstraße, siedelt Regisseur Thomas Woschitz seinen Quasi-Episoden-Film mit den drei Storylines, die sich natürlich letztlich in einander verheddern, nämlich an. Bad Luck ist dumpf, kompakt und irgendwie auch schön in seiner Hässlichkeit. Jedenfalls habe ich die österreichische White Trash-Seele noch nie so ungeschminkt dargestellt gesehen. Es wird kein Bisschen doofe Sozialromantik an diese Gruppe von moralisch verlorenen Hinterlandbewohner verschwendet. Wir schauen ihnen einfach beim Scheitern zu.

Unsere Nicht-ganz-Identifikationsfiguren sind eine junge Tankstellenangestellte, ein soziopathischer Automechaniker und ein Neanderthaler mit Hasenscharte sowie dem etwas unsensibel gewählten Spitznamen „Lippo". Sie sind außerdem der menschliche Bodensatz der Provinz und haben natürlich alle Geldsorgen und Rechnungen zu begleichen. Die heruntergekommene Tankstelle stellt das Zentrum dieses Villacher-Flaschen-Universums dar und ist genau so elend und deprimierend wie ihr jetzt vielleicht vermutet.

Nur ein Dicker mit dem Gemüt eines Vierjährigen erhält bis zum Schluss einen Funken von Glauben an die Menschheit für uns. Die übrigen Figuren in Bad Luck haben nicht nur Pech, wie im Titel suggeriert wird, sondern wählen Lebenswege, die dümmer und beschissener nicht sein könnten. Aber wer kann ihnen verübeln, dass sie versuchen, mit allen erdenklichen Mitteln diese gottverlassene Gegend hinter sich zu lassen?

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Die Strategie à la Ulrich Seidl, mit den Laiendarstellern dicke Naturalismuspunkte zu machen, geht allerdings nicht wirklich auf. Die Intensität von „echten" Gesichtern und „realen" Personen fußt meist auf entsprechenden aufreibenden Storys. Der Plot läuft dafür aber etwas zu brav und einfach ab. Die Schauspieler sind an sich zwar sehr cool, aber Bad Luck ist eher ein abgeschottetes 90er-Jahre-Lustspiel, das in seiner Erzählweise mit Tarantino liebäugelt. Von Seidls bewusst überlangen Szenen des Unwohlseins ist hier keine Spur. Der Film haut letztlich nie so richtig auf den Tisch—obwohl er trotzdem einige erfolgreich eingesetzte Twists und Tricks zu bieten hat.

Am Ende kommt es wie so oft vermutlich darauf an, mit welcher Erwartungshaltung man in den Film hineingeht. Fühlt man seinen Hipsternerv getroffen, wird man vom Mangel an US-Mimikry vielleicht enttäuscht sein. Will man einen Seidl-Verschnitt, gilt dasselbe. Falls man es aber schafft, sich drauf einzulassen und vielleicht sogar ein halbes Auge zuzudrücken, wird man von Bad Luck sicherlich gut unterhalten.

Gerade die geradlinige Episoden-Erzählform, die inzwischen entweder aus Trendgründen gemieden oder hoffnungslos überstrapaziert wird, habe ich in ihrer Ausprägung bei Bad Luck ziemlich genossen. Endlich mal KEIN predigender, moralschwangerer und völlig voraussehbarer Alpenfilm mit überhöhtem Pseudo-Kunstanspruch, sondern eine solide Geschichte.

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Ich persönlich war jedenfalls besser unterhalten als vom komplett überschätzten Ich seh, Ich seh. Alleine dafür bekommt jede der kaputten, Dosenbier trinkenden und Autos zu Schrott fahrenden Figuren ein geschriebenes Bussi von mir.

Neugierig geworden? Wir verlosen 3x2 Tickets für die Premiere von Bad Luck im Burgkino, am 28. Mai 2015 um 20:00 Uhr. Schreibt einfach eine Mail mit dem Betreff „Bad Luck Premiere" an win@vice.at. Wir sehen uns dort, meine Freunde des Tankstellen-Fatalismus!

Folgt Josef und seiner Liebe für Soziopathen auf Twitter: @theZeffo


Alle Bilder von KGp Production Bad Luck