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Sex

Inzest, Drogen, Sex: Wie es sich anfühlt, mit den Eltern den falschen Film anzuschauen

"Ich weiß noch, wie ich meinen Vater fragte, was ein Orgasmus sei. Seine Antwort: 'Das passiert, wenn man Sex hat.' Da wusste ich sofort, dass ich keine weiteren Fragen stellen sollte."

Ein Ausschnitt aus 'Y Tu Mamá También – Lust for Life'

1994 führte ein junger David O. Russell beim Film Spanking the Monkey Regie und versuchte damit, sich mit der dunklen Seite von Lust- und Schuldgefühlen auseinanderzusetzen. Es geht um einen klugen, aber etwas verwirrten Studenten namens Raymond, der ein wichtiges und hart erkämpftes Praktikum nicht antreten kann, weil er sich um seine Mutter kümmern muss. Die hat sich nämlich ein Bein gebrochen und braucht deswegen Pflege. So prägen dann vor allem stumpfsinnige Aufgaben, viel Alkohol, die sexy Teenagerin aus der Nachbarschaft und seine körperlich und emotional etwas zu bedürftige Mutter Raymonds Alltag. Irgendwann geben die beiden dann ihrem "ödipalen Drang" nach und beginnen eine inzestuöse Beziehung.

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Man kann sich an dieser Stelle sicher sein, dass irgendwann irgendwo irgendein armer Tropf keine Ahnung hatte, auf was er sich bei diesem Film einließ, und das Werk mit seiner Mutter anschaute. Ich meine, wie alle haben doch schon mal zusammen mit unseren Eltern einen Film gesehen, den man sich wohl besser nicht im Beisein seiner Eltern geben sollte. Immerhin braucht es nur eine einzige Szene, um uns das filmische Erlebnis mit Mama und Papa zu versauen—zum Beispiel ein Leonardo DiCaprio, der in The Wolf of Wall Street einer Prostituierten eine Ladung Koks in den Arsch bläst, oder Mila Kunis und Natalie Portman, die sich in Black Swan dem Liebesspiel hingeben.

Diesen Gedanken nahm ich zum Anlass, um Freunde und Kollegen zu fragen, ob sie zusammen mit ihren Eltern oder Verwandten auch schon mal einen solchen peinlichen Moment erlebt haben. Es folgen nun Geschichten, bei denen sich innerlich schon alles zusammenzieht, wenn man sich das Ganze nur vorstellt.

'Boogie Nights'

Ich war so um die 13, als meine Familie zusammen mit einer anderen Familie quasi mitten im Nirgendwo von Texas Urlaub machte. Eines Tages liehen wir uns in einer winzigen Videothek ein paar neu erschienene VHS-Kassetten aus. Einem Erwachsenen muss dabei Boogie Nights in die Hände gefallen sein und er oder sie hat den Film dann wohl für eine Art Hommage an die 70er Jahre gehalten—so nach dem Motto "Ich weiß genau, worauf die Kinder stehen, nämlich große Revers!" Und schon befand sich der Streifen in unserer Ferienwohnung.

Und so kam es zu folgender Szene: Zwei Familien machen es sich im Wohnzimmer auf der Couch gemütlich und es sind sechs oder sieben Kinder anwesend (ich war damals der Älteste, während das jüngste Kind so um die acht Jahre gewesen sein muss). Boogie Nights beginnt und ist von Anfang an sehr direkt. So führt Mark Wahlberg zum Beispiel sehr schnell eine Unterhaltung mit seiner Freundin, in der sie nicht explizit, aber doch sehr deutlich die Länge seines Penis bewundert. Allein diese Szene verursacht bei mir aufgrund der Anwesenheit meiner Eltern ein mulmiges Gefühl.

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Das Unbehagen wächst dann weiter, als Heather Graham Mark Wahlberg in einem Besenschrank oral befriedigt. Auch hier deutet der Film das Ganze nur an und man hat immer noch keine wirklich anstößige Szene gesehen. Der Moment, in dem der Film endgültig die kinderfreundliche Grenze überschreitet, kommt dann, als Wahlberg den schmierigen Produzenten (gespielt von Burt Reynolds) zu Hause besucht und es dort mit der splitternackten Heather Graham krachen lässt. Genau hier prescht mein Vater mit einem Hechtsprung in Richtung Fernseher, um dem Ganzen ein Ende zu setzen, und ich bekomme nur noch mit, wie Reynolds zu Wahlberg sagt: "Spritz auf ihre Titten, Eddie."
– Matt, 32

'Kids'

OK, ich habe jetzt nie explizit gesagt, dass es cool wäre, Kids zusammen mit meinen Eltern zu schauen. Das Ganze hat sich halt ergeben, weil es während meiner Teenagerjahre keine wirkliche Möglichkeit gab, alleine einen Film anzusehen. Der Computer, der Fernseher und der DVD-Spieler standen nämlich alle im Wohnzimmer. Und an dem Abend, an dem ich mir mit 16 eben zum ersten Mal Kids anschauen wollte, hatte ich nicht wirklich auf dem Schirm, wie spät mein Vater noch wach sein würde. Deshalb ist er einfach so ins Zimmer spaziert und hat noch die letzten zehn Minuten des Films mitbekommen. Keiner von uns wusste, dass wir nun dabei zusehen würden, wie sich ein verdrogter Casper an einer betrunkenen Chloë Sevigny vergeht und dabei nicht weiß, dass sie HIV-positiv ist. Hätte ich gewusst, was da auf uns zukommt, hätte ich wohl etwas gesagt oder den Fernseher aus dem Fenster geschmissen oder mich einfach umgebracht. Was ich damit eigentlich sagen will: Schaut Kids lieber nicht mit euren Kids an.
– Sam, 30

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'Harry und Sally'

Das war kurz nach dem Tod meiner Mutter, ich muss also 11 gewesen sein. Mein Vater und ich schauten uns zusammen Harry und Sally im Fernsehen an. Die berühmte Szene im Lokal kam und ich war verwirrt. Ich weiß auch noch, wie ich meinen Vater fragte, was denn ein Orgasmus sei. Seine Antwort: "Das passiert, wenn man Sex hat." Da wusste ich sofort, dass ich keine weiteren Fragen stellen sollte. Im Grunde war das auch das einzige Aufklärungsgespräch, das wir jemals geführt haben. Vielen Dank dafür, Meg Ryan!
– Stephanie, 34

Munchies: Deine Eltern sind an deiner Kaffeesucht schuld

'Y Tu Mamá También – Lust for Life'

Meine Mutter und ich sind in Bezug auf Filme doch etwas eigen und wir haben im Laufe der Jahre zusammen doch schon einige etwas "familienunfreundliche" Streifen angeschaut. Deshalb dachten wir auch, dass uns eigentlich nichts mehr schocken könnte. Wir haben zum Beispiel schon Kinsey – Die Wahrheit über Sex gesehen, und da meine Mutter in den 60er Jahren selbst im Kinsey-Institut gearbeitet hat, war der ganze sexuelle Inhalt des Films nur Nebensache. Nein, stattdessen ließ sie sich viel mehr über die ganzen Charaktere aus: "Der Schauspieler schaut ihm kein bisschen ähnlich. Außerdem hielten wir ihn damals alle für einen richtig widerlichen Typen."

Und trotzdem waren wir nicht darauf gefasst, was uns in Y Tu Mamá También – Lust for Life erwarten würde. Ich meine, wir hatten vorher natürlich schon diverse Kritiken durchgelesen und wussten, worum es geht, aber das half alles nichts. Da wir auch noch zu spät ins Kino kamen, suchten wir unsere Plätze, während bereits die eröffnende Sexszene lief. Zu diesem Zeitpunkt gingen wir noch davon aus, dass es jetzt ja nicht mehr schlimmer werden könnte. Nun ja, falsch gedacht.
– Nick, 32

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'The Counselor'

Mein Vater freute sich richtig darauf, mit mir in The Counselor zu gehen, weil er in der Zeitung eine positive Rezension gelesen hatte. Und ich meine, Ridley Scott führte Regie und Cormac McCarthy schrieb das Drehbuch—was soll da schon schiefgehen? Leider hatte der Autor der besagten Rezension vergessen zu erwähnen, dass der Film eine Szene enthält, in der Cameron Diaz Sex mit einem Auto hat.
– Lauren, 24

'Pink Flamingos'

Den habe ich sogar mit meiner Oma gesehen. Ich war 13 oder 14, lebte in einer Kleinstadt und befand mich gerade in dieser Arschlochwerdungsphase. Internet gab es damals noch nicht so wirklich und erlesene Programmkinos hatten wir auch nicht. Wenn man also irgendetwas Abgedrehteres sehen wollte, musste man sich derartige Videos kaufen, die man vom Hörensagen kannte. Als ich eine Kopie von Pink Flamingos im örtlichen Elektromarkt entdeckt hatte, legte ich die 25 Dollar für die VHS auf den Tresen und nahm den Bus nach Hause.

Meine Oma lebte damals bei uns. Ich konnte es kaum abwarten, den Film zu sehen. Also warf ich den Videorekorder an, während meine Großmutter—diese gutmütige, alte, bibellesende Appalachen-Oma—auf ihrem Lehnstuhl vor dem Fernseher saß. Ich dachte mir, dass der Film schon nicht so schlimm sein wird. Immerhin hatte ich bereits Serial Mom, einen anderen Film von John Waters, gesehen. Der war vielleicht etwas makaber, aber jetzt nichts, was Oma nicht abkann.

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Ich schaffte es bis zu der Szene, in der Crackers und die Frau Sex mit einem Hühnchen haben. Danach stand ich einfach auf. "OK! Ich bin, äh, wirklich müde! Ich bin heute ganz schön viel rumgelaufen. Ich werde mal in mein Zimmer gehen und ein Nickerchen machen!" Und mit diesen Worten ließ ich meine Großmutter einfach vor Pink Flamingos zurück. Ich weiß bis heute nicht, ob Oma den Film dann noch zu Ende geschaut hat. Wir haben nie wieder über diesen Nachmittag gesprochen.
– Cooter, 35

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'Pulp Fiction'

Mein Stiefvater und ich hatten schon Reservoir Dogs und True Romance zusammen geschaut und wir beide mochten Quentin Tarantino. Als wir die Vorschau für Pulp Fiction sahen, war sofort klar, dass wir uns den Film anschauen würden. Wir sitzen also im Kino und irgendwann kommt diese Szene, in der die beiden Pfandleihhausbesitzer Ving Rhames entführen und ein blutüberströmter Bruce Willis langsam die Tür öffnet, um zu sehen, wie der gefesselte Marsellus Wallace in den Hintern gefickt wird. Alle Kinozuschauer reagierten in irgendeiner Art und Weise auf die Szene, nur ich und mein Stiefvater nicht. Wir verkrampften einfach nur. Ich war etwa 13 Jahre alt und hatte so etwas noch nie zuvor auf einer großen Leinwand gesehen. Es war die erste Vergewaltigung, die ich je in einem Film gesehen habe. Es war das erste Mal, dass ich ein S&M-Kostüm gesehen habe. Auf dem Heimweg sprachen wir über den Film, aber verloren kein Wort über diese Szene.
– Aaron, 36

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'Trainspotting' / 'This is England' / 'My Private Idaho'

Als ich 15 war, wollte ich unbedingt, dass meine Eltern mich verstehen und das Genie erkennen, zu dem ich mich zweifelsohne gerade entwickelte. Also überredete ich sie dazu, sich nacheinander zwei meiner Lieblingsfilme anzugucken: Trainspotting und This is England. Zwei großartige Filme, so viel steht fest, aber eine furchtbare Idee. Während wir zusammen vor dem Fernseher im Wohnzimmer sitzen, nimmt das Gefühl der Scham immer weiter ab, aber nur um von einem "Ich werde jetzt wahrscheinlich nie wieder alleine das Haus verlassen dürfen, oder?"-Gedanken ersetzt zu werden. Aus Gründen, die auf der Hand liegen, ist meinen Eltern der intergenerationale Kulturaustausch unfassbar unangenehm. Rückblickend ist mir die Aktion auch unglaublich peinlich. Ich war einfach unerträglich!

Der mit 15 Jahren gleichaltrigen Diane in Trainspotting dabei zuzuschauen, wie sie auf Ewan McGregor reitet, der kurz davor seinen Schwanz aus der Hose gezogen hatte, vermittelte den Eindruck eines Hilfeschreis—selbst auf mich. Beim Anblick von Rent Boys Überdosis auf dem Boden seiner Wohnung wurde ich dann überflüssigerweise auch noch unangenehm geil und meine Reaktion auf Spuds kleines Malheur bei seinem One-Night-Stand war eher eine der entzückten Freude als des blanken Schreckens. Meine Eltern zeigten sich ähnlich entsetzt wie damals, als ich ihnen als Sechsjährige eröffnet hatte, dass ich gerne mit Steve Buscemis Charakter in Con Air, einen entflohenen Serienmörder und mutmaßlichem Kinderschänder, zusammen wäre.

Im Anschluss daran zwang ich meine Liebsten auch noch dazu, sich mit mir anzuschauen, wie der 12-jährige Shaun den Tod seines Vaters im Falklandkrieg damit verarbeitet, dass er sich einer Gruppe Rudeboy mordender Skinheads anschließt und an den Titten einer erwachsenen Frau nuckelt: This is England. Es erweckte nur noch mehr den Anschein, dass ich unglaublich aufmerksamkeitsbedürftig war.

Ich brachte sie auch dazu, sich My Private Idaho mit mir anzuschauen. Ich machte mir dabei noch nicht mal groß etwas aus der Blowjob-Szene am Anfang des Films zwischen einem älteren Mann und River Phoenix als jungen Stricher. Meine Eltern waren wahrscheinlich davon überzeugt, dass ich ein Junkie, Skinhead oder etwas noch Schlimmeres werden würde: ein Straight-Edge-Nazi-Skinhead. Das einzige, was ich mir ironischerweise aus diesen Filmen am Ende aneignete, war die Narkolepsie, die Phoenix' Charakter in My Private Idaho plagt. Entgegen landläufiger Meinung gehört es allerdings nicht zum Krankheitsbild, pausenlos in Keanu Reeves Schoß wegzudämmern.
– Anonym