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Hat die FPÖ bei ihren Rechenschaftsberichten geschlampt?

Das europäische Parteienbündnis EAF hat laut eigenen Angaben 2013 und 2014 von der FPÖ Geldbeträge erhalten. Im Rechenschaftsbericht scheinen diese jedoch nicht auf.
EAF-Vorstand 2014: Franz Obermayr, Marine LePen, Philip Clayes. Foto: ZUMA Press

Die zahlreichen Korruptionsaffären der 00er-Jahre—rund um Telekom, Inserate oder Buwog—brachten ab 2011 nicht nur einen der umfangreichsten, parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Zweiten Republik mit sich. Ein Jahr später führten sie auch zu einem längst überfälligen, neuen Parteiengesetz.

Seither müssen die Parlamentsparteien jährlich ihre Ein- und Ausgaben veröffentlichen, damit Machenschaften wie in der Vergangenheit verhindert werden können. Zumindest in der Theorie. Schon seit längerem mehrt sich nämlich die Kritik, dass dem Rechnungshofes durch das Gesetz nur unzureichende Prüfungskompetenzen zukommen. Mit möglichen Folgen: Recherchen von VICE legen nun die Vermutung nahe, dass bei den bisher veröffentlichten Rechenschaftsberichten der FPÖ geschlampt wurde.

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"Spenden" der FPÖ an die Europapartei EAF , die offensichtlich nicht im nationalen Rechenschaftsbericht aufgelistet wurden

Konkret geht es um Zahlungen der FPÖ an das europäische Parteienbündnis EAF (European Alliance for Freedom), dessen Präsident der freiheitliche Europaabgeordnete Franz Obermayr ist. Aus den Finanzberichten der EAF selbst geht hervor, dass in den Jahren 2013 und 2014 jeweils 4.500 beziehungsweise 2.800 Euro von der FPÖ als "Spende" gezahlt wurden. In den nationalen Rechenschaftsberichten der FPÖ, die vom Rechnungshof jährlich öffentlich gemacht werden, scheinen diese Zahlungen aber nicht auf.

Spendenbeträge der FPÖ an die "European Alliance for Freedom" werden im nationalen Rechenschaftsbericht nicht aufgelistet

Laut Einschätzung des Politikwissenschafters und Experten für Parteienfinanzierung Hubert Sickinger müssten solche Beträge als "Mitgliedsbeiträge oder internationale Arbeit" aufgelistet werden. Die FPÖ führt unter diesem Punkt jedoch null Ausgaben an.

Screenshot aus dem FPÖ-Rechenschaftsbericht 2014

Auch als "Zahlung an nahestehende Organisation" können die Spenden an die EAF nicht gewertet werden, da diese Organisationen im Bericht klar definiert und aufgelistet werden müssen—die EAF wird jedenfalls nicht als solche angeführt.

Beim Rechnungshof kann man zu den, von VICE entdeckten Ungereimtheiten nur "unbefriedigend" Stellung nehmen: "Wir haben laut Gesetz bei den Rechenschaftsberichten der Parteien nur ein formelles, jedoch keine inhaltliches Prüfrecht", erklärt Rechnungshof-Sprecher Christian Neuwirth. Inhaltlich geprüft werden die Parteifinanzen nur von externen Wirtschaftsprüfern, die von den Parteien vorgeschlagen- und dann vom Rechnungshof genehmigt werden. Man könne nach dieser Prüfung dann etwa nur mehr beeinspruchen, wenn gesamte Kategorien im Bericht fehlen würden. Umfassende Einschaurechte in die Parteifinanzen habe man jedenfalls nicht.

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Beim Rechnungshof kann man zu den von VICE entdeckten Ungereimtheiten nur "unbefriedigend" Stellung nehmen.

Aus Sicht des Rechnungshofes könne deshalb auch nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Ein- und Ausgaben nicht korrekt angeführt und verbucht wurden. "Wir finden das bedauerlich und hätten auch gerne die Kompetenz dazu", sagt Neuwirth. Bei den Parteiakademien sei eine inhaltliche Prüfung etwa möglich.

Vonseiten des für die Rechenschaftsberichte der FPÖ zuständigen Wirtschaftsprüfers heißt es gegenüber VICE: "Wir ersuchen um Verständnis, dass wir aus beruflicher Verschwiegenheitsverpflichtung heraus grundsätzlich keine Auskünfte zu geprüften Sachverhalten und Organisationen an außenstehende Dritte geben."

Man verwehrt sich jedoch dagegen, dass Unstimmigkeiten bei der Vollständigkeit der Angeben durch die FPÖ vorliegen und verweist wiederum auf den Rechnungshof: "Die Berichte wurden dort bereits approbiert."

Auch eine Erklärung der FPÖ war nach Anfragen—sowohl an die nationale Bundesgeschäftsstelle, als auch an das Büro von EAF-Chef Franz Obermayr—nicht zu bekommen. Dabei ist es nicht das erste Mal, dass die EAF und ihre Spenden einen ziemlich fragwürdigen Eindruck hinterlässt.

Wie schon VICE-Recherchen vom Mai 2016 zeigen, flossen zwischen 2011 und 2014 mehrere 10.000 Euro an Spenden aus verschiedenen Firmen des maltesischen Unternehmers Ryan Schembri. Schembri—ein persönlicher Freund der EAF-Generalsekretärin Sharon Ellul-Bonici—befindet sich seit 2014 auf der Flucht vor den Behörden, weil ihm Betrug in Millionenhöhe vorgeworfen wird. Dabei geht es genau um jene Firmen, über die er der EAF Geld zukommen ließ.

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Aber zurück zu den Spenden der FPÖ: Schon vor dem Jahr 2013 zahlte die FPÖ Beträge an die EAF, beziehungsweise deren zugehörige Stiftung EFF. Im Finanzbericht der EFF für das Jahr 2012 wird etwa eine Spende von 6.000 Euro durch die FPÖ aufgelistet.Im Bericht des Folgejahres wird diese Spende dann aber nicht mehr auf die FPÖ, sondern namentlich auf eine Privatspende des FPÖ-Abgeordneten und EAF-Präsidenten Franz Obermayr zurückgeführt.

Das erzeugt den Verdacht, dass auch hier geschlampt wurde. Auf eine bloße "Verwechslung" kann man sich hier schwer ausreden. Dass Spenden durch eine Partei, die ja letztlich auch aus öffentlichen Geldern resultieren, von privaten Spenden zu unterscheiden sind, erübrigt sich von selbst.

Aus einer Spende der FPÖ für die EAF im Jahr 2012…

…wurde im EAF-Bericht von 2013 rückwirkend eine Privatspende des Abgeordneten Franz Obermayr

Es entsteht zumindest der Verdacht, dass über Franz Obermayr (oder auch etwa den damaligen EU-Abgeordneten Andreas Mölzer) in den Jahren 2011 bis 2014 Beträge von der FPÖ an die EAF geflossen sind, die nachträglich weder korrekt dokumentiert, noch im nationalen Rechenschaftsbericht verbucht worden sind. Auszuschließen ist natürlich auch nicht, dass die Spendenbeträge ohne Wissen der Bundespartei von den EU-Abgeordneten als solche übertragen worden sind, oder Beträge aus anderen Geldtöpfen einfach als FPÖ-Parteispenden für die EAF ausgewiesen wurden.

Fehlerhafte Angaben im Rechenschaftsbericht wären mit Strafzahlungen zu sanktionieren

Abgesehen von der schiefen Optik, wären im Fall eines fehlerhaften oder unvollständigen Rechenschaftsberichtes Strafzahlungen einzufordern—das besagt zumindest das Parteiengesetz. Der Rechnungshof beteuert jedoch—wie schon erwähnt—nicht die nötige rechtliche Handhabe zu besitzen, um in so einem Fall nachzuprüfen.

Auch wenn es sich bei den hier entdeckten Beträgen "nur" um 7.300 Euro handelt, muss man sich fragen, wie vollständig und authentisch die vergangenen Rechenschaftsberichte dann im allgemeinen sind—und wie sehr das Parteiengesetz von 2012 bei möglichen Unstimmigkeiten eigentlich greifen kann.

Thomas auf Twitter: @t_moonshine