„Als Hund bin ich dazu da, um meinen Besitzer stolz zu machen!“
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Sex

„Als Hund bin ich dazu da, um meinen Besitzer stolz zu machen!“

Frank ist zu Hause ein Hund namens Tasco, der seinem Herren sämtliche Wünsche erfüllen muss.

Ich halte mich sexuell eigentlich für recht aufgeschlossen. Wenn ich ehrlich bin, finde ich ganz normalen Sex sogar zuweilen ziemlich langweilig, was vielleicht an meinem intensiven Porno-Konsum liegt, wo es ja normal ist, wenn man seinen Daumen in das Arschloch seines Partners steckt und so ein Scheiß. Stolz bin ich darauf nicht, aber es ist die Wahrheit: 08/15-Sex ist (bis auf Ausnahmen) nicht so meines.

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Was ich damit sagen will: Ich dachte bisher, ich wüsste über sehr viele Fetische und sonstige Dinge, die man beim Sex so anstellen kann, gut Bescheid. Bis ich Frank (der in Wirklichkeit nicht Frank heißt) zum Interview traf. Der Niederösterreicher ist am Ende seiner Dreißiger, hauptberuflich beim Militär tätig – und lebt nebenher als Hund. Dann heißt er Tasco. Dann schläft er in seinem Körbchen, darf nicht auf zwei Beinen gehen und leckt die Stiefel seines Herrchens. Und wenn Tasco böse ist, gibt's eine Strafe, manchmal mit einem Halsband, das fiese Stromschläge abgibt.

Frank ist Teil der „Puppy Play"-Szene. Das heißt, er findet sexuelle Befreiung – nein, seelische Befreiung – darin, in die Rolle eines Hundes zu schlüpfen und seinem Herrchen, also seinem Master, zu dienen. „Puppy Play" ist eine Art des sexuellen „Animal Play"-Fetisches (wenn's dich anmacht, kannst du auch ein Pferd, ein Esel oder natürlich eine Pussy-Cat sein) und eng mit der Leder- und BDSM-Szene verbunden. Sowohl Männer als auch Frauen, sowohl Hetero als auch Homo finden an „Puppy Play" gefallen, auch wenn der Großteil dieser Fetisch-Fans dann doch männliche Schwule sind. Weil es hier sehr viel um das Spiel von Dominanz und Unterwürfigkeit geht. Und das, man weiß es vielleicht, kommt bei Schwulen immer sehr gut an.

Frank hat mir im Rahmen eines gemütlichen Gesprächs Einblick in sein Hunde-Leben und in die Puppy-Szene gegeben. Dabei hat er sich ein Stück Kuchen gegönnt und an diesem Abend das schlechte Gewissen anscheinend gekonnt ignoriert: Denn eigentlich darf er keine Süßigkeiten essen, sagt sein Herrchen. Das sei schließlich schlecht für den Hund. Kurz: Tasco war an diesem Abend ein ungehorsames Hündchen. Obwohl: Eigentlich war er ja bei unserem Treffen Frank. Und nicht Tasco. Alles nicht so einfach.

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VICE: Was ist denn Puppy Play eigentlich genau?
Frank: Es gibt viele, die Puppy Play machen, weil sie es niedlich finden. Du kennst sicher die Bilder, auf denen Männer in einem flauschigen Hundekostüm stecken, die Zunge rausstrecken und einfach getätschelt werden wollen. Denen gefällt es, lieb und süß zu sein. Das ist eine Variante des Puppy Play. Dann gibt es jene Variante mit Lederkostüm, inklusive Leder-Hundemaske und Leder-Pfoten-Handschuhe. Die bellen und hecheln dann auch meistens und benehmen sich vollkommen wie ein Hund. Das heißt, sie fressen auch aus einem Napf, gehen auf allen Vieren an der Leine und solche Dinge. Es gibt auch viele, die Dog Play als Einstiegsdroge für harte Master & Slave-Spiele sehen. Andere Personen wiederum wollen einen echten Hund als Haustier – weil das aber aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich ist, halten sie sich einen menschlichen Hund, den sie auch zu hundert Prozent genau so behandeln, inklusive Hundefutter. Das ist mir dann etwas zu krass.

Und zu welcher Variante zählst du dich?
Zu keiner so richtig. Ich nehme die Verhaltensweisen eines Hundes an, aber trage gewöhnlich keine Maske oder Kostüm und belle auch nur sehr selten. Ehrlich, das Bellen ist mir irgendwie zu blöd und zu umständlich. Was soll denn „Wuff, Wuff" bitte bedeuten?! Aber ich bewege mich auf allen Vieren fort, habe mein Hunde-Körbchen, wenn ich bei meinem Herrchen bin, und lecke ihn ab. In der Öffentlichkeit zum Beispiel bin ich früher in der U-Bahn nur bei seinen Füßen am Boden gesessen oder habe, wie ein Hund, auf der Straße meinen Kopf in seinen Schoß gelegt. Denn in solch einer Stellung kann auch ich entspannen. Da gab es dann aber Beschwerden von Passanten und seitdem haben wir das ein bisschen aufgeweicht und vor allem auf bestimmte Szene-Lokale reduziert, wo das kein Problem darstellt. Ich werde auch nicht vor einer Gruppe von Männern gevögelt oder gefistet. Das passiert dann zuhause.

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Du wirst also sehr wohl zum Hund.
Leder-Pfoten-Handschuhe trage ich, aber vor allem, um meine Hände zu schützen. Ich esse aber aus keinem Napf oder sowas. Und eine Kette, also eine Art Leine, habe ich auch. Vor allem aber besitze ich einen Hundenamen. Der ist Tasco. Wenn ich Tasco bin, rede ich zwar in Menschensprache, gehorche aber vollkommen meinem Herrchen und bin ganz Dogge.

Wie kann man sich die Beziehung zwischen dem Doggy und dem Herrchen vorstellen?
Diese Beziehung ist das Elementare des Doggy Play. Es geht weit über das rein Sexuelle hinaus. Es besteht ein hundert prozentiges Vertrauen zwischen dem Doggy und seinem Besitzer. Der Besitzer passt auf ihn auf und achtet drauf, dass es dem Hund gut geht. Und der Hund tut alles, um dem Herrchen zu gefallen und von ihm gemocht zu werden. Zum Beispiel ist es so, dass mein Besitzer mich auch an andere Besitzer weitergeben darf. Dazu muss er mich auch nicht zwingend fragen – mein Herrchen tut das aber meistens, weil er ein sehr nettes Herrchen ist. Er trainiert mich dann für den neuen Besitzer, der am Ende, wenn er mich wieder zurückgibt, eine Art Formular ausfüllt, in dem er beschreibt, ob er mit mir zufrieden war oder nicht.

Schließlich geht's auch darum, ein braver Hund zu sein und sein Herrchen stolz zu machen. War der andere Besitzer nicht mit mir zufrieden, weil ich als Doggy nicht genügt und meinen Auftrag nicht erfüllt habe, bestraft mich mein Herrchen. Zudem darf ich auch seine Freunde in seiner Gegenwart nicht ablehnen. Wenn ich aber spüre, irgendwas stimmt mit dem anwesenden Typen nicht, dann gebe ich meinem Herrchen einen Kuss auf die linke Wange. Das ist unser Zeichen für Gefahr. Es kommt auch vor, dass er mich von einer Gruppe Männern im Sling ficken lässt. Aber hier wieder: In solch einer Situation passt er auf mich auf und achtet drauf, dass alles safe abläuft und keine Typen Sex mit mir haben, die mir nicht gefallen. Es gibt aber auch solche Herrchen, die den Puppy ungeschützt einer Horde Männer überlassen. Meiner macht das nicht. Er hat einen großen Beschützerinstinkt.

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Es kommt auch vor, dass mich mein Herrchen von einer Gruppe Männern im Sling ficken lässt. Er hat dabei aber einen Beschützerinstinkt.

Dein Besitzer bestimmt also über dich.
Zum Beispiel achtet er darauf, dass ich jeden zweiten Tag Sport mache und bestimmt, was ich essen darf und was nicht. Nicht nur, damit ich schlank, sondern vor allem, damit ich gesund bleibe. Weil ich aber zum Beispiel Red Bull liebe, hat er für mich immer einen Vorrat im Kühlschrank. Er ist ein sehr nettes Herrchen.

Liebst du ihn?
Zumindest nicht im herkömmlichen Sinne. Es geht darüber hinaus. Weil mein Herrchen mein Alles ist, meine Nummer 1 – so, wie es eben auch zwischen einem Hund und seinem Besitzer ist. Wir könnten niemals ein ‚normales' Paar sein, das würde nicht funktionieren. Zudem hat er einen Partner, der auch von mir weiß und der auch manchmal mit mir Sex hat, wenn ihm danach ist. Aber dieser Partner darf bei weitem nicht all diese Dinge machen, die mein Herrchen mit mir anstellt.

Wie hast du mit deinem Herrchen eigentlich Sex? In der Doggy-Stellung? Hahaha.
Verstehe ich nicht.

Egal.
Also wir haben eigentlich ganz normalen Sex. Natürlich auch in der Doggy-Position, die, wenn man es richtig macht, ja wirklich wie eine Hunde-Stellung aussieht. Du musst nämlich auf allen Vieren ein Hohlkreuz machen und deinen Hintern apfelmäßig ganz rausstrecken. Das ist sehr wichtig und muss ich als Doggy perfekt können. Generell werde ich gern hart rangenommen. Zum Beispiel steh ich auf Fisten und Breath-Control. Wir haben bestimmte Safe Words, die ich aber immer so spät als möglich sage. Mein Herrchen verletzt mich nie. Der weiß, was er tut. Und, ganz wichtig: Der Puppy vögelt seinen Besitzer nie. Und ich möchte nie sehen, wie er von seinem Partner gevögelt wird. Das zerstört die Illusion. Aktiv ficken darf er natürlich alles und jeden, den er will. Er ist der Rüde.

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Ist gefistet werden zum Beispiel deine Bestrafung, wenn du ein böser Puppy warst?
Nein, denn das gefällt mir ja. Aber ja, ich werde bei Ungehorsam natürlich bestraft. Wie jeder Hund hab auch ich meine narrischen fünf Minuten. Dann kommt mein Herrchen und drückt mich schon mal zu Boden, auch in der Öffentlichkeit. Egal, wie viele Leute dann zuschauen. Das gehört dazu. Andere Arten von Bestrafungen sind: Er kann mich von anderen Besitzern vögeln lassen, egal, ob ich selbst will oder nicht, oder ich bekomme ein Elektro-Halsband verpasst, das mir per Fernbedienung Stromschläge verpasst. Das hasse ich.

Oder auch Halsketten mit Nägeln, die sich in das Fleisch bohren. Manchmal wird er auch handgreiflich gegen mich. Er bestraft mich nie online, sondern notiert sich alle Dinge, mit denen er mich konfrontiert, wenn wir uns wiedersehen. Man merkt schon bei meiner Begrüßung, ob ich ein braver Hund gewesen bin oder nicht. Oft weiß ich gar nicht, was ich angestellt habe.

Wie kann man sich diese narrischen fünf Minuten vorstellen?
Ich kenn meinen Platz nicht. Ich geh auf der falschen Seite. Mein Besitzer unterhält sich mit jemanden und ich plappere rein. Oder ich lache, lache ihn aus. Solche Dinge.

Aber wieso bist du dann ungehorsam, wenn du weißt, dass du das nicht darfst? Stehst du auf die Bestrafungen?
Nein. Du musst dir vorstellen: Ich bin nicht 24 Stunden am Tag Doggy Tasco, sondern irgendwann switche ich. Ich bin nicht andauernd ein Doggy, wenn ich mit meinem Besitzer zusammen bin. Das würde er auch gar nicht wollen – viel zu mühsam, viel zu langweilig. Diese fünf Minuten sind also oftmals beim Beginn des Switchens, wenn ich noch nicht weiß, wann ich Doggy und wann ich Frank bin. Wir haben dieses Problem folgendermaßen gelöst: Wenn er mich bei meinem menschlichen Vornamen ruft, weiß ich, ich bin auf seiner Ebene. Das geht dann so lange, bis er mich Tasco nennt. Ab diesem Moment bin ich sofort wieder der Doggy. Egal, ob ich will oder nicht.

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Darfst du auch im Bett deines Herrchens schlafen?
Meistens nicht. Das ist der heilige Ort von ihm und seinem Partner. Ich habe mein Körbchen. Darf ich wirklich mal ins Bett, schlafe ich bei ihren Füßen.

Welche Kleidung trägst du, wenn du Tasco bist?
Sportlich bis normal. Keine Lederoutftits – außer, wir sind bei einem Fetisch-Event.

Du hast ja auch Tattoos …
Genau, Doggy-Tattoos. Am Nacken zum Beispiel steht „Property of AlphaRuede", das ist der Name meines Herrchens. Ich bin also gekennzeichnet als sein Eigentum. Auf meiner Brust habe ich einen Stern mit meinem Hund und den Namen Tasco, also meinen Doggy-Namen. Am Rücken gibt's seit kurzem einen großen Schuhabdruck. Auch das zeigt, dass ich meinem Herrchen gehöre und kein heimatloses Hündchen, kein Streuner, bin.

Andere Besitzer lassen ihre Puppys auch untereinander Kämpfe austragen, um zu sehen, wer der stärkere, der bessere Hund ist.

Wie erkennt man „vergebene" Puppys?
An einer Halskette. Mein Besitzer hat schon öfter das Schloss ausgetauscht, sodass ich die Kette eine ganze Woche tragen musste. Diese Kette hat viel mit Stolz zu tun.

Aber was ist es nun, das dich beim Puppy Play so anmacht?
Natürlich zum einen das Unterworfen-Sein. Und das Vertrauen zu meinem Herrchen: Wenn wir in einem Szene-Lokal sind und er befiehlt mir, die Boots von einem Typen zu lecken, dann muss ich ihm vertrauen, dass das kein hässlicher Typ ist, denn ich darf nicht zu seinem Gesicht aufsehen, sondern nur seine Boots betrachten. Ich weiß aber, dass er mich das nur bei Typen machen lässt, die auch ich geil finde. Puppy Play baut bei mir also sehr stark auf der emotionalen Bindung zu meinem Herrchen auf. Ich bin der Doggy-Soldier, der seinem Besitzer den Weg ebnet und zum Beispiel die Tür öffnet, aber gleichzeitig auch devoter Sklave, der vor ihm kniet und macht, was er sagt. Wir beschützen uns gegenseitig.

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Okay …
Ich bin dazu da, um meinen Besitzer stolz zu machen. Er möchte meine Grenzen erweitern.

Wärst du ein guter SM-Sklave?
Nein. Als Doggy werde ich belohnt, wenn ich brav bin, und bestraft, wenn ich schlimm bin. Wie im richtigen Leben. Ein SM-Sklave wird aber ohne Grund bestraft. Da könnte ich mein Gehirn nicht ausschalten. Ich würde mir das nicht gefallen lassen. Ich wäre der schlechteste Sklave ever.

Stimmt es, dass ein Besitzer mehrere Puppys halten kann, die dann ein Rudel darstellen und untereinander ebenbürtig sind?
Das kann es geben. Ist bei uns aber nicht so, denn dafür wäre ich viel zu eifersüchtig. Es gab eine Situation, in der sich ein anderer Puppy meinem Besitzer anbiedern wollte. Da wurde ich zum Kampfhund, habe ihn brutal gegen die Wand gedrückt und klargestellt, dass er einzig und allein mein Herrchen ist. Andere Besitzer lassen ihre Puppys auch untereinander Kämpfe austragen, um zu sehen, wer der stärkere, der bessere Hund ist. Auch das habe ich bereits gemacht – und mir eine blutige Nase und ein blaues Auge geholt.

Wirst du von anderen Besitzern kontaktiert?
Natürlich. Ich habe im Netz ein eigenes Puppy-Profil. Aber ich selbst darf mir meine Sexpartner nicht aussuchen. Diese Aufgabe übernimmt mein Herrchen. Der Typ, der mich treffen will, muss also meinen Besitzer kontaktieren, denn ich bin ja dessen Eigentum. Der setzt dann, wenn er einverstanden ist, die Regeln fest. Zum Beispiel: Nur mit Kondom, keine bleibenden Schäden, etc. Und danach gibt es an meinen Besitzer eben den Bericht über mich.

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Wie bist du eigentlich in die Puppy Play-Szene gekommen?
Allein durch meinen Besitzer. Ich habe ihn auf normaler Ebene kennengelernt. Online haben wir uns nochmal gefunden. Er hat mir von seinen früheren Doggys erzählt. Und so hat er mir eine vollkommen neue Welt eröffnet. Ich hab vorher von diesem Fetisch rein gar nix gewusst.

Könntest du dir zurzeit eine herkömmliche Beziehung vorstellen?
Ich habe meinem Besitzer Treue geschworen. Ein Doggy verlässt seinen Besitzer nicht – er wird verlassen. Vor circa einem Jahr habe ich mich in einen Typen verliebt, wir waren auch zusammen. Mein Besitzer kannte ihn, hat dieser Beziehung aber nicht zugestimmt. Er war der Meinung, dies sei nicht gut für seinen Doggy. Also habe ich meinen Schwarm damals verlassen. Wenn der Besitzer verlangt, dass ich die Beziehung beende, dann mache ich es auch.

Ist eine Beziehung nicht wichtiger, wertvoller als ein Puppy Play?
Auch wenn du es nicht glaubst: Ich stelle meinen Besitzer über alle anderen. Wenn man jemanden hat, dem man diese Art von Treue und Loyalität schenkt, und dafür auch etwas retour bekommt, dann ist dieses Band stärker als eine Beziehung. Mein Herrchen würde mich nie fallen lassen. Ein gutes Puppy Play ist ein Band fürs Leben. Eine Beziehung nicht. Mein Besitzer kennt mich besser als alle anderen. Würde er mich verlassen, ich würde mit Puppy Play aufhören.

Ist die Puppy Play-Szene in Österreich groß?
Überhaupt nicht. Was Lokale betrifft, fallen mir spontan das Hard-On und das Losch ein. Hier darf man Doggy sein. In Deutschland ist Doggy Play gerade ein ziemlicher Hype. Auch in England und den USA ist die Szene ganz ordentlich.

Letzte Frage: Was macht dein Herrchen eigentlich beruflich?
Er ist Lehrer. Und hat Medizin studiert.