FYI.

This story is over 5 years old.

Sex

Ich kriege nicht genug von Sex, weil mir langweilig ist

Ich glaube, ich habe eine nymphomanische Phase, und irgendwie glaube ich auch, es ist ein Problem.
Beine einer Frau

Foto:M Yashna | Flickr | CC BY 2.0

Ich experimentiere gerade sexuell. Ich glaube, ich habe eine nymphomanische Phase und irgendwie glaube ich auch, es ist ein Problem. Vielleicht aber auch nicht, und ich werde meinen sehr aufgeklärten Enkelkindern noch von meinen Begegnungen erzählen.

Einen Monat nach der Trennung von meinem letzten Freund fing es an. Allerdings muss ich auch sagen, dass ich es selten fertigbringe, länger als drei Monate mit demselben Menschen zu schlafen. Daran erkenne ich die Enden: Ich hab keine Lust mehr. Wenn ich merke, dass ich mich nur noch ficken lasse, aber selber nicht wirklich am Akt teilnehme, bin ich weg. Wenn ich nur noch auf dem Rücken liege und warte, bis es vorbei ist. Das ist meiner Meinung nach ein ziemlich sicherer Indikator einer nicht-funktionierenden Beziehung. Und auch, dass ich Menschen auf der Straße bespringen will. Ich bin dann eine Art Tier, das man nach langer Zeit der Domestikation wieder ins wilde Tierreich entlassen hat.

Anzeige

Und dann fing es an. Unverhofft. Oder auch ziemlich absehbar, denn ich mag Sex. Ich mag Extreme. Ich kann nichts nur ein bisschen machen. Weder essen, noch Sex, noch weinen, noch ein Arschloch sein. Bis jetzt dachte ich immer, ich würde nur gerne Kink schauen und nicht Kink wollen. Ich habe mich getäuscht.

VIDEO: Slutever – Liebe tut weh. Karley bekommt bei einer Lehrstunde in Sachen BDSM ihren Arsch versohlt.

Es war eine Dachterrassen-Party auf einem verlassenen Büro-Gebäude. Ich war gut gelaunt und riss meinen Mund klassischerweise weit auf. Wenn ich Menschen gutaussehend finde, ist es besonders schlimm. Nach anfänglichem Teenager-Verhalten meinerseits verstand ich mich dann ganz gut mit Sam. Er war ein Freund eines Freundes und hatte ein Gesicht wie aus einer Tommy-Hilfiger-Werbung. Nicht mein typisches Beuteschema, aber irgendwelche sexuellen Strömungen waren schwer zugange, als ich mich mit ihm unterhielt.

Als er gehen wollte, schob ich mich in letzter Sekunde noch zu ihm in den Lastenaufzug. Ich küsste ihn und drückte UG.

Zehn Sekunden später lag ich auf dem dreckigen Kellerboden des Bürogebäudes und ließ mich lecken, fingern, bumsen. Nachdem wir fertig waren, flehte ich ihn an zu bleiben, doch er schob seinen Penis wieder in seine Hose und nahm den Lift nach oben. Ich vergaß meine Unterwäsche im Untergeschoss und mein Körper war blau und violett gefickt.

Wir begannen eine Affäre. Eine Woche darauf lernte ich beim Sport einen Israeli kennen. Ich hörte ihn mit seinen Freunden Hebräisch sprechen und fühlte mich dazu berufen, seinen beschnittenen Penis in den Under-Armour-Shorts ausfindig zu machen. Er sagte, er hätte eine Freundin, und ich entgegnete ihm mit meiner Handynummer.

Anzeige

Wir trafen uns am Tag darauf bei mir. Er hatte seine Kinkiness angekündigt, aber ich wusste nicht, wie ernst er es meinte. Er sieht total freundlich aus, auf der Straße, auf einem Sportgerät, mit seinen perfekt geschnittenen Fingernägeln. Doch kaum war die Tür hinter uns ins Schloss gefallen, zwang er mich in die Knie. Wortlos schob er meinen Kopf zwischen seine Beine. Ich knöpfte seine Hose auf. Ich nahm seinen klebrigen Penis in meinen Mund. Ich blies. Er zwang seinen Penis tief in meinen Rachen. Ich hatte das schon tausend Mal in Pornos gesehen, doch nun war ich dran. Ich bekam so wenig Luft, dass meine Augen zu tränen begannen. Aber ich fühlte mich gut. Wie nach einem harten Workout. Es ist anstrengend, aber man ist danach stolz auf sich.

Er befahl mir, mich auf die Küchenzeile zu knien. Auf allen vieren, mein blanker Arsch in der Luft. Er löste seinen Gürtel von der Hose und holte aus.

Ich entwickelte eine kleine Tinder-Sucht. Es ist mir egal, wie schäbig das klingt—für mich ist das eine tolle App. Zeitgemäß, einfach, no bullshit. Ich bin bei Gott nicht schüchtern, aber manchmal bin ich gerade unter der Dusche oder bei der Arbeit, wenn mein Traummann (für eine Nacht) in meiner Lieblingskneipe drei Bier trinkt.

Der Journalist war ein Glückstreffer. Auf den Fotos war es schwer zu erkennen, ob er hot und artsy oder nur weird war. Ich ließ es drauf ankommen.

Wir trafen uns eines Abends auf einige Drinks. Er sah toll aus. Gut angezogen, gute Brille, gute Gesichtsbehaarung, gute Worte. Ich war nur etwas besorgt um seine Haltung Sex gegenüber. Er verhielt sich so korrekt. Er machte keine dreckigen Witze. Er war anständig. Ein Intellektueller. Also sagte ich etwas in der Art von: „Manchmal mache ich mir es fünf Mal hintereinander."

Anzeige

Das (oder etwas Ähnliches) zu sagen, war die beste Idee seit dem Pürieren von Kichererbsen. Er küsste mich und es war mir nicht peinlich, wie normalerweise, wenn jemand in einer Bar offensiv Körperkontakt sucht. Wir sprachen den ganzen restlichen Abend über Sex. Und er bekannte sich zu seinem riesigen Penis. Ich fragte ihn, weshalb das nicht in seinem Tinder-Profil stünde.

Wir torkelten zu ihm nach Hause. Wir wollten uns den Sex eigentlich aufsparen, weil wir uns doch ganz toll fanden, oder das glaube ich zumindest, war der Grund. Doch nach zehn Minuten Heavy Petting, bei dem auch Dinge penetriert wurden, meinte er: „Willst Du mich kurz reiten?"

Wir fickten drei Mal. Es war sehr gut. Er hat in der Tat einen sehr großen, dicken Schwanz. Eigentlich hätte er ihn auch nur in mich reinschieben und da verweilen lassen können.

Heute ist Montag. Die Männer machen am Wochenende immer Pause. Ich höre nichts von ihnen. Vielleicht mal eine SMS im Suff. Mehr nicht. Ich bin—wie die Arbeit—etwas, das man nur unter der Woche macht. An Wochenenden sind sie bei ihren Freundinnen oder machen irgendeinen abenteuerlichen Sport, für den man mindestens zwei stattliche Cojones und einen Helm braucht. Auf jeden Fall ist Montag der Ich-bin-wieder-da-Tag. „Hey, lange nicht gebumst, was geht bei dir so?"

Freundinnen interessieren mich nicht. Da ich nicht emotional an den Typen interessiert bin, ist es mir völlig egal, was die sonst so machen. Das ist eine Haltung, die ich schon immer hatte. Es ist nicht meine Entscheidung, ob du sie betrügen willst oder nicht. Du entscheidest, ich mach gerne mit. Es ist nur Sex. Ich bin das Vitamin B12 für Männer in glücklichen Beziehungen. Veganer können sich genauso gut ernähren wie Fleischesser und Vegetarier. Das einzige Vitamin, das ihnen vegane Ernährung nicht zukommen lässt, ist das Vitamin B12. Man muss es zusätzlich zu sich nehmen. Also: Nein, ich habe kein schlechtes Gewissen. Es braucht mich.

Heute allerdings war ich so verdammt geil, dass ich alle drei abgeklappert habe. Und keiner konnte. Dann schrieb ich einen Arbeitskollegen an. Auch nichts. Dann ging ich auf Tinder und bekam eine Depression. Morgen kriege ich hoffentlich etwas Stoff. Ich bin verzweifelt, merke ich. Ich will mehr, jeden Tag, sonst wird mir langweilig. Mir ist so langweilig. Ich langweile mich jeden Tag. In der Bahn, bei der Arbeit, auf dem Klo, unter der Dusche, während ich schreibe. Eigentlich auch, wenn ich Sex habe. Doch das Versprechen danach hält mich wach. Das Versprechen danach ist spannend. Die Stunde, bevor ich ficke, gefickt werde, blase, geschlagen und angespritzt werde. Die Stunde ist gut. Kurz nach dem Sex und eigentlich schon ein bisschen währenddessen falle ich in ein Loch. Post-orgasmische Depression könnte man es nennen, wenn ich denn mal kommen würde. Ich komme nie. Nur einmal, das war überraschend, hat es mir einer mit den Fingern gemacht und ich squirtete. Das war's. Ich habe mich damit abgefunden. Vielleicht trägt auch das zu meiner Langeweile bei. Das latente Unbefriedigtsein. Vielleicht werde ich eines Tages explodieren. Random Typ bumst mich, hat den Schock seines Lebens, weil jetzt alles rauskommt, was so lange in mir schlummerte. Die Geilheit vieler Jahre. Alle ungekommenen Orgasmen.

Bis dahin erniedrige ich mich jeden Tag, indem ich mich von den drei Protagonisten (während ich diesen Text redigiere, sind es mehr geworden) abhängig mache. Ihre Zuneigung—wenn auch nur sexuell—hält mich über Wasser. Ich suche gerade noch mehr Männer, mit denen es dumm wäre zu schlafen. Männer mit Frau, Mitarbeiter, Mitbewohner. Irgendwie habe ich es absichtlich verlernt, normale Begegnungen zu haben, und nicht gleich meine Beine zu spreizen. Seit ich Antidepressiva nehme, kann ich viel besser mit Casual Sex umgehen. Das Medikament dämmt mich in meinen Gefühlen ein (und so auch in meiner Libido), aber genau das erlaubt es mir gleichzeitig, all diesen Typen gegenüber gleichgültig zu sein und keine Kinder von ihnen zu wollen.

Mir ist so unglaublich langweilig. Und ich fühle mich so unglaublich schmutzig, doch meistens ist es mir egal. Ich denke nie länger als eine halbe Minute darüber nach, was ich gerade tue.