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So sympathisch ich Medium Nummer Vier auch fand, sie war trotzdem die vierte Person von vier, die angeblich Kontakt zu einer nicht-existierenden Emily hergestellt hat. Mein 13-jähriges Ich fühlte sich bestätigt. Houdini wäre stolz auf mich gewesen.Ich konnte immer noch nicht wirklich glauben, dass ich vier Wahrsagern erfolgreich einen Bären aufgebunden hatte. Ich entschied mich dazu, allen vier Frauen eine Nachricht zu schicken, in der ich alles gestehe. Ich wollte wissen, wie sie auf die Tatsache reagieren würden, dass sie vorgegeben hatten, den Kontakt zu einer nicht-existenten Person hergestellt zu haben.Medium Nummer Eins: „Es gibt ein übernatürliches Wesen, das dir etwas mitteilen will. Aber warum machst du sowas überhaupt?"Medium Nummer Zwei meinte nur, dass meine Lüge bei der Halsketten-Geschichte ziemlich offensichtlich wurde.Medium Nummer Drei rief mich kurz nach dem Abschicken der Nachricht an. Sie sagte, dass sie das Foto las und mir einfach nur mitteilte, was sie von dem Bild erfahren hatte: Die abgebildete Person ist glücklich. Das bedeutet ja nicht zwangsläufig, dass sie dachte, dass das junge Frau auf dem Bild Emily war. Auch als ich mich noch nach dem Teil mit dem Schutzengel und der Weiterentwicklung erkundigte, hielt sie an ihrer Meinung fest.„Das Lesen eines Bildes zeigt mir, was in einem vergangen Leben los war und was in diesem Leben los ist. Wenn mir also gesagt wird, dass sie irgendwann dein Schutzengel war, dann war sie auch ein Schutzengel", meinte sie. Anschließend fügte sie noch hinzu, dass unsere Sitzung sowieso nur ungenau war, weil ich es ja von Anfang an nicht ernst meinte. Ich bin mit einer Energie reingekommen, die meine Schwester betraf, und genau das konnte sie spüren. Mein Verhalten war nicht anständig und sie ruft jetzt auch andere Wahrsager an, um sie vor mir zu warnen. Zum Abschluss erzählte sie mir noch davon, wie sie den Test von anderen Skeptikern bestanden hätte, und bot mir noch eine weitere Sitzung an, bei der sie Geheimnisse ans Tageslicht bringen würde, von denen noch nicht mal meine engsten Freunde wissen. Ich lehnte dankend ab.Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Medium Nummer Vier mein Geständnis wirklich verstanden hat: „Nun, meine Liebste, du hast eine Schwester und sie beschützt dich! Und natürlich liebt sie dich auch … Pass auf dich auf und meditiere. Und noch mal: Dein Verlust tut mir schrecklich leid."Ich glaube nicht, dass mich irgendeine dieser Frauen absichtlich in die Pfanne gehauen hat. Ich bin mir sicher, dass sie wirklich daran glauben, die Fähigkeit zu besitzen, mit toten Menschen zu kommunizieren und das Leben ihrer Kunden zu beeinflussen. Aber trotzdem hat von vier Wahrsagerinnen—also Leute, die behaupten, übernatürliche Fähigkeiten zu besitzen und irgendwelche höheren Wahrheiten zu kennen—niemand gemerkt, dass ich sie mit einer erlogenen Geschichte konfrontiert habe. Vielleicht liegt das daran, dass ich mir die günstigsten ausgesucht habe, die ich nach einer kurzen Internet-Suche gefunden habe. Vielleicht bin ich auch eine so gute Lügnerin, dass (wie auch Medium Nummer Drei schon meinte) ich es geschafft habe, genügend spirituelle Energie zu erzeugen, um Emily wirklich lebendig zu machen. Es gibt wohl auch noch die Erklärung, dass alle wussten, was abging—ihnen das Ganze aber einfach egal war (ich habe sie ja schließlich trotzdem bezahlt). Vielleicht gibt es sowas wie übernatürliche Fähigkeiten aber auch gar nicht.Mir wurde bei meinem Experiment nicht nur gezeigt, dass ich eine gute Lügnerin bin und das Ganze öfters machen sollte, sondern dazu auch noch ein Einblick in die Arbeitsweise von übernatürlichen Medien gewährt. Diese Menschen sind sehr talentiert darin, Emotionen aus einem herauszuquetschen und allgemeine Aussagen zu treffen, bei denen man die Lücken selbst füllt—man täuscht sich quasi selbst. Hier ein Beispiel: Das Medium sagt, dass ein weiblicher Geist über einen wacht, und daraufhin denkt man sich: „Scheiße, meine Tante/Oma/Mutter/Freundin/Cousine/Schwester/Lehrerin ist vor Kurzem gestorben, das kann ja nur sie sein!" Ich glaube, dass sich viele Menschen einfach nur an ein Medium wenden, weil es ihnen dabei hilft, mit der Angst vor dem Unbekannten (also dem Tod) klarzukommen und den scheinbar unfairen und zufälligen Ereignissen in unserem chaotischen Universum einen Sinn und eine Bedeutung zu geben. Für mich ist das reine Ausbeutung emotional schwacher und verletzlicher Menschen, aber wenn man an ein Leben nach dem Tod und an übernatürliche Kräfte glaubt, dann kann ich auch verstehen, wie einem eine solche Erfahrung Trost spenden und Halt geben kann. Ich meine, wer will denn nicht gerne wissen, ob es einem geliebten Familienmitglied—egal ob nun tot oder lebendig—gut geht?Das war also mein erster (und wahrscheinlich auch letzter) Vorstoß in die Welt der Wahrsagerei. Ich werde hier jetzt niemanden anweisen, solche Dienste nicht in Anspruch zu nehmen. Wenn dich so etwas glücklich macht und du das nötige Kleingeld besitzt, dann nur zu. Egal ob man jetzt an übernatürliche Fähigkeiten glaubt oder nicht, am Ende gewinnen sowieso immer die Wahrsager, denn sie streichen ja auch die Kohle ein. Und wer weiß, vielleicht habe ich ja auch eine Schwester, von der ich nichts weiß und deren Geburts- und Todesdaten ich genau richtig geraten habe. In diesem Fall sollte ich vielleicht selber als Medium arbeiten. Ich bin mir sicher, dass Emily da nichts dagegen hätte.Motherboard: Forscher beweisen den Glauben an Übernatürliches