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Ich habe mich einen Monat lang vom schlimmsten Fitness-Bro auf YouTube in Form bringen lassen

Gregory O'Gallagher, der 24-jährige Fitness-Guru hinter Kinobody, vermarktet sein Programm mit bizarren YouTube-Videos voll mit Lamborghinis, schönen Frauen und Muskeln.

Gregory O'Gallagher in seinem Element | Alle Fotos vom Autor

Seit Jahrtausenden suchen Menschen bereits nach der magischen Formel, dem besonderen Produkt, der Vorgehensweise oder dem Elixier, das ihnen den perfekten Körper verleiht. Fitness ist nicht besonders kompliziert, doch sie erfordert Zeit und harte Arbeit, weswegen auch die Vermarktung eines jeden Produkts, das eine Abkürzung auf dem Weg zum Sixpack verspricht, so lächerlich einfach ist. Deswegen geben US-Bürger auch jährlich 60 Milliarden Dollar für Abnehmprodukte aus und deswegen hat ein Online-Fitnessprogramm namens Kinobody auch schon mehrere hunderttausend Abonnenten.

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Kinobody ist dem Geist des 24-jährigen Gregory O'Gallagher entsprungen. O'Gallagher ist nicht wie andere Fitness-Gurus, weißt du? Er verkauft nicht nur einen Diätplan oder Übungen, die dich garantiert in bessere Form bringen als je zuvor. Er verkauft einen Lifestyle.

Ich lernte O'Gallaghers Programm durch eine YouTube-Werbung kennen. Wenn man sich den Clip so ansieht, dann erinnert der Lifestyle, für den er wirbt, verstörend an den von Patrick Bateman. Das Video, das den Titel „The Real Bruce Wayne Revealed" trägt, ist im Grunde ein haargenaues Remake einer Szene aus American Psycho. Es beginnt mit einer Drohnenaufnahme eines dichten kanadischen Walds. Auf einer Lichtung steht eine gigantische Steinvilla.

In der Villa steht ein muskulöser O'Gallagher aus dem Bett auf (eine langbeinige Brünette schläft noch darin) und erklärt, dass er jetzt acht Stunden mit dem Essen warten wird. Diese strenge Diät nennt sich intermittierendes Fasten und ist das Schlüsselelement von Kinobody. Nachdem er mit der Brünetten auf der Veranda der Villa eine Tasse Kaffee getrunken hat, springt O'Gallagher in einen Lamborghini Gallardo (Bruce Wayne hatte einen Murciélago, aber egal) und verschwindet ins Fitnessstudio, wo er seinen Körper formen wird.

MUNCHIES hätte da was für Greg: Das Champagner-Gewehr verspritzt pure Dekadenz

Wenn deine erste Reaktion „Oh Gott, was für ein Arschloch" lautet: Glaub mir, damit bist du nicht allein. Doch Programme wie Kinobody erfreuen sich aktuell riesiger Beliebtheit. Nicht nur klingeln die Kassen der Fitnessstudios immer lauter, auch online ist der Traum vom schönen Körper immer verbreiteter: Da gibt es die Instagram-Fitness-Queen Kayla Itsines (4,7 Millionen Follower), Cassey Ho (2,9 Millionen), die einen High-Impact-Pilates-Kurs von nur 28 Minuten Länge anbietet, und das 22-jährige „Fitspiration"-Model Jen Selter (8,8 Millionen).

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Der YouTube-Account von Kinobody hat ganze 163.000 Abonnenten und die Website quillt über vor Erfolgsgeschichten und eindrucksvollen Vorher-Nachher-Aufnahmen. Ich habe mich durch die Fitnessforen gegraben, um die Hater zu finden, doch stattdessen stellte ich fest, dass die Leute das Programm zu nutzen schienen, ohne sich hinterher zu ärgern.

Auch wenn er wie der größte Vollpfosten der Welt aussieht: Vielleicht hatte O'Gallagher sich da wirklich etwas Vernünftiges ausgedacht. Also kontaktierte ich ihn und bat ihn, mich seine Fitnessphilosophie zu lehren, und er willigte ein.

Der Autor (links) und Gregory O'Gallagher (rechts)

Als ich O'Gallagher in einem Hotel in Los Angeles traf, bestätigte sich für mich, dass seine Figur echt war, doch ich war noch immer skeptisch, was das Haus, das Auto und die Frau in seinen Videowerbungen anging. Es stellte sich heraus, dass die Villa ihm gehörte—oder zumindest seiner Familie. O'Gallaghers Vater, Michael O'Gallagher, verstarb 2002, als Gregory noch ein Kind war, doch zuvor hatte er eine der größten Mietgesellschaften Kanadas gegründet. O'Gallagher erzählte mir, das Model sei eine Freundin von ihm, die Künstlerin Aurora Kruk aus Toronto, und der Lamborghini sei gemietet gewesen, aber nur „weil Lambos mehr Spaß machen" als sein normales Auto, ein Tesla.

Um mich auf den Pfad der Fitness zu bringen, meldete mich O'Gallagher für das „Aggressive Fat Loss"-Programm von Kinobody an. Er sagte, dieses Paket würde innerhalb der kürzesten Zeit die größte Veränderung herbeiführen. Seine anderen Pakete, die einen Flatrate-Preis von etwa 50 Dollar haben, tragen Namen wie „Greek God", „Warrior Shredding" und „Superhero Bulking".

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Mein aggressives Fettverbrennungspaket kam in Form von mehreren PDF-Dateien daher, die mir den Plan für den folgenden Monat darlegten. Außerdem gab es einen „Guide zur Hypnose für mentale Konditionierung"—ein seltsamer, fitnessorientierter Hybrid aus The Secret und Jetzt! Die Kraft der Gegenwart. Es gibt ein Skript, das die Nutzer mit ihrer eigenen Stimme aufnehmen und zum Einschlafen anhören sollen: „Du bist erfüllt von dem Licht. Du bist klar und strahlend. Du leuchtest in dem Licht, das dein Zimmer erfüllt." (Als ich O'Gallagher danach fragte, sagte er, das Hypnose-Zeug sei nur „für Leute, die einen extra Ruck brauchen". Ich beschloss, es zu überspringen.)

Auch enthalten in dem Paket waren ein Audio-Guide und zahlreiche Videos zum „virtuellen Coaching". Darin erklärt O'Gallagher, wie man die Diät aufrechterhält. Zufällig gab ihm das auch die Gelegenheit, seine riesige Villa und seine Luxusautos zur Schau zu stellen und ganz oft sein Haar anzufassen.

Kinobodys Trainingsplan war ziemlich normal—drei Tage die Woche ins Studio, abwechselnd um Arme, Beine und Bauchmuskeln kümmern—, doch das Schlüsselelement des Programms ist das intermittierende Fasten. Vom Aufstehen bis 14 Uhr soll man nichts als schwarzen Kaffee zu sich nehmen. Dann darf man eine kleine Mahlzeit essen (unter 400 Kalorien) und dann gegen 20 Uhr noch eine größere Mahlzeit (circa 1.600 Kalorien). Diese Vorgehensweise „optimiert katabole und anabole Aktivität" sowie die „Fettmobilisation".

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Das hört sich an wie Unsinn, doch laut einigen Experten ist intermittierendes Fasten tatsächlich sinnvoll. Dr. Lawrence Cheskin, ein Arzt und Dozent an der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health, sagte mir, diese Ernährungsweise sei mit positiven Ergebnissen verbunden, weil „es leichter einzuhalten ist, wenn man sich stoßweise einschränkt". Studien legen ebenfalls nahe, dass intermittierendes Fasten Entzündungen eindämmen, Fettgewebe abbauen und beim Halten des Gewichts helfen kann.

Doch andere, wie der Ernährungsspezialist Dr. Mike Roussell, sind da anderer Meinung. Roussell, der als Direktor für Ernährung des Fitnessstudios PEAK Performance in New York die Ernährungspläne von Profisportlern überwacht, vergleicht das intermittierende Fasten mit einer Dose, die man auf der Straße vor sich her tritt. „Die Gesamtzahl der Kalorien ist relevant. Wer also in den folgenden Tagen oder Stunden die Kalorien isst, die er sich ‚weggefastet' hat, wird auch nicht abnehmen", schrieb er in der Zeitschrift Shape.

O'Gallagher hat keinen Abschluss in Fitness oder Profi-Erfahrung als Personal Trainer. Er ist absoluter Autodidakt. Als Teenager war O'Gallagher „nicht beliebt, aber auch nicht nicht beliebt", wie er es formuliert, doch als er anfing, wie besessen zu trainieren, redeten mehr Leute mit ihm. „Ich zog daraus mehr Selbstbewusstsein. Es war etwas, für das ich endlich bekannt sein konnte", sagte er. „Es war eine Identität, die sie mir anstecken konnten: ‚Greg ist echt fit', ‚Greg hat krasse Muskeln'." Also beschloss er, seine Methode in ein Geschäft zu verwandeln.

Dieses Geschäft scheint allerdings weniger mit handfesten Fitnesstipps zu tun zu haben als mit Angeberei. O'Gallaghers Videos sind eine wilde Mischung aus Filmszenenmontagen, Motivationsblabla im Selfie-Stil und „Kraftakten", bei denen O'Gallagher seine beeindruckenden Moves im Fitnessstudio auspackt, ohne dabei etwas zur richtigen Durchführung oder dem gesundheitlichen Nutzen zu erklären.

Doch so sehr O'Gallagher auch wirkt wie ein muskelbepackter Vollpfosten: Das bedeutet nicht, dass das Programm nicht funktioniert. In meinem Monat mit Kinobody habe ich mehr als 3,5 Kilogramm abgenommen und 5 Zentimeter Taillenumfang verloren. Das ist um einiges besser als nichts. Hatte ich einen Lebensstil, wie ihn O'Gallagher in seinen Videos zur Schau trägt? Nein. Intermittierendes Fasten mag einige oberflächliche Auswirkungen auf den Körper haben, doch der einzige Weg, O'Gallaghers Fitness-Euphorie zu teilen, ist, wenn die tägliche Kalorienration auf einem Silberlöffel kredenzt wird.