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Ich weiß, dass du ein Faschist bist, aber was bin ich?

Obwohl Putin angeblich eine faschistische Regierung in Kiew bekämpft, ist er bei europäischen Faschisten enorm beliebt. Deshalb steckt die NPD in der Zwickmühle.

Foto: Wikipedia Commons

Dafür, dass Putins Aktionen offiziell dazu dienen sollen, eine rechtsextreme oder gar faschistische Bewegung in der Ukraine zu bekämpfen, sind genau diese Aktionen bei rechtsextremen und faschistischen Gruppen in Europa erstaunlich beliebt.

Der Kampf um die Ostukraine wird längst nicht nur an Ort und Stelle mit Schusswaffen und Flugabwehrraketen ausgefochten, sondern auch als ein Nachrichtenkrieg im Westen.

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Das hauptsächliche Argument der „Putin-Versteher“ im Westen, die die russische Intervention gutheißen, beinhaltet in Wirklichkeit drei sich gegenseitig ergänzende Argumente.

Das erste Argument besteht darin, dass niemand auf irgendetwas hören sollte, was die ukrainische Regierung behauptet, wenn sie meint, dass sie das eigene Land zusammenhalten will, ohne dass ihnen die Russen dazwischenfunken und alles noch schlimmer machen (wie es auf der Krim geschehen ist).

Das zweite Argument besagt, dass Russland allen Grund dazu hat, besorgt zu sein, da der Westen sich nie sonderlich um die legitimen Interessen der Russen gekümmert hat. Bei der Invasion in der Ukraine handelt es sich also keinesfalls um einen Angriff von Seiten des aggressiven russischen Staates, sondern lediglich um eine unvermeidbare Reaktion eines friedliebenden Russlands auf unerträgliche Provokationen seitens des Westens.

Das dritte und letzte Argument, das irgendwann unvermeidlich in den meisten Diskussionen auftaucht (aber nicht immer angebracht ist), lautet schlicht: „Amerika ist böse“, (oder super böse oder böser als die anderen) „Also haltet die Klappe!“

Das erste Argument—dass niemand darauf hören sollte, was die ukrainische Regierung bezüglich ihres eigenen Regierungsstils zu sagen hat—beruht im Grunde auf der weit verbreiteten Annahme, dass die Regierung in Kiew von Faschisten unterwandert ist.

Von diesem Standpunkt aus betrachtet sind Putin und die Russen keinesfalls die Bösen. Vielmehr sind sie es, die die wirklich bösen Faschisten bekämpfen und daher das Recht haben sollten, zu tun, was auch immer sie wollen, wo auch immer sie wollen. Und dazu gehört auch das Recht, jeden zu bekämpfen, der sich ihnen in den Weg stellt.

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Natürlich hält dieses Argument nur so lange, wie die Öffentlichkeit nicht bemerkt, dass es Godwin’s Law gefährlich nahe kommt.

Ukrainische Jugendliche werden an der Waffe ausgebildet. Foto: Henry Langston

Nun dürfte man durchaus annehmen, dass die Faschisten Europas nicht gerade begeistert davon sind, dass Putin mit seinen Aktionen nichts anderes vorhat, als das arme, geknechtete ukrainische Volk aus den Fängen der bösen bösen ukrainischen Faschisten zu befreien.

Aber was haben all die ultra-rechtem, rechtsextremen, nationalistischen und faschistischen Gruppen in Europa wirklich dazu zu sagen?

Kiew während der Euromaidan-Proteste. Foto: Nick Zavilinskyi

In Europa finden einige bekannte Gruppen vom rechten politischen Rand Putins Verhalten sogar ziemlich gut. So schreibt die Goldene Morgenröte in Griechenland:

„Die Ukraine dient Washington nur als ein Vorwand für einen Konflikt mit Russland. In der Propaganda der zionistischen Medien wird die Gefahr dieses Konflikts deutlich. Putin wird jeden Tag aufs Neue dämonisiert, wie Saddam Hussein und Gaddafi vor ihm, während zionistische Zeitungen wie die Washington Post oder New York Times täglich neue ‚Beweise‘ dafür liefern, dass russische Truppen für eine Invasion der Ukraine bereitstehen. Das einzige, was für eine totale Wiederholung (der Geschichte) noch fehlt, sind die Massenvernichtungswaffen.

Die Ereignisse in der Ukraine zeigen deutlich, dass der Imperialismus Amerikas eine Strategie zur Schwächung und Beseitigung von Russland als Großmacht ins Leben gerufen hat, deren ersten erfolglose Schritte Syrien und der Iran waren. Russland ist das größte Hindernis für Amerika, seine Hegemonie im Nahen Osten, im östlichen Mittelmeer und in Eurasien zu behaupten.“

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Die British National Party hingegen ist nicht ganz so sicher, dass ein Krieg unabwendbar ins Haus steht, aber sie haben einige Fragen, was das Verhalten der USA und der EU angeht:

„Während der letzten Wochen ist deutlich geworden, dass in Nordeuropa zwei Erzählweisen immer mehr an Bedeutung gewinnen. Die erste ist das ‚offizielle‘ von den Staaten des Westens kontrollierte Medienlügenmärchen, in dem Russland als Aggressor dargestellt wird.

Dann gibt es die andere Realität, nach der die USA, unterstützt von der EU und ihren zionistischen Freunden, die russischen Grenzzonen besetzen, um eine militärische Konfrontation mit Putin zu provozieren.

Wir wissen aus Erfahrung, dass der undemokratischste Aggressor der Welt, die USA, wenn sie sich wirklich sicher wäre, längst irgendwelche übereilten Anschuldigungen erhoben hätte. Gefolgt von einer Serie schier unerfüllbarer Forderungen und schließlich von Angriffen, die Moskau so in Angst und Schrecken versetzen sollten wie damals den Irak.

Aber sie nehmen es mit einer Ex-Weltmacht auf, die über Nuklearraketen und ein Heer mit einer modernen Luftwaffenflotte verfügt, die sogar einen technisch höheren Standard hat als die des zionistischen Amerika.“

Die russische Presse hat sich bereits dazu geäußert, dass ihre Regierung von den Rechten Europas unterstützt wird, in diesem Falle von der französischen Front National:

„Die Anführerin der Ultra-Rechten in Frankreich, Marine Le Pen, hat sich für die Unterstützung Russlands ausgesprochen und brachte ihre Enttäuschung darüber zum Ausdruck, dass Paris seinen Ministern verboten hat, Sergei Naryschkin, den offiziellen Sprecher der Duma, zu treffen, weil er sich auf der US-Sanktionsliste befindet.

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Während eines Treffens mit Naryschkin in Moskau sagte die Vorsitzende der Front National, die auch ein Mitglied des Europaparlaments ist, dass sie glaube, dass Russland unfairer Weise ‚dämonisiert‘ werde, und dass führende EU-Politiker mit der indirekten Unterstützung der USA für die Kampagne gegen die politische Administration Russlands verantwortlich seien.“

In dieser schlechten Gesellschaft wäre es verzeihlich, davon auszugehen, dass beide Parteien eine Gruppe mieser Arschlöcher sind. So sieht es auch Geert Wilders von der niederländischen Freiheitspartei, der hier von Russia Today zitiert wird:

„Die EU ist für ‚die Schweinerei‘ in der Ukraine verantwortlich, sagte Geert Wilders, Vorsitzender der holländischen Freiheitspartei, RT. Wilders fragt sich, warum der (europäische) Block in einem Land eingegriffen habe, in dem die Hälfte der Bevölkerung dagegen ist, Europa beizutreten.

Wilders glaubt, dass die EU sich aus dem Konflikt hätte heraushalten sollen. Dadurch, dass sie dem Land Hoffnung auf einen Vorvertrag zum Beitritt in die Union gemacht hätten, hätten sie alles nur schlimmer gemacht, weil die Bürger der Ukraine sich über einen Beitritt nicht einig waren.

„Ich mache nicht nur die EU dafür verantwortlich, ich mache Russland und die EU verantwortlich. Aber um ehrlich zu sein, hat die Europäische Union Anfang November letzten Jahres einen schweren Fehler begangen, und sie haben, zumindest zum Teil, eine Menge Unfrieden gestiftet, und diese Sicht der Dinge wird auch noch von anderen Parteien in der EU geteilt‘, sagte der Vorsitzende der Freiheitspartei.“

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Bedeuten all diese Statements, dass die anti-faschistische Standardeinstellung eigentlich für eine Unterstützung der ukrainischen Regierung durch die EU und die USA spricht? Na ja, Max Blumenthal von salo.com ist zumindest der Meinung, dass die Ukraine voller Neonazis ist:

„Als die Euromaidan-Proteste in der Hauptstadt Kiew diese Woche ihren Höhepunkt erreichten, wurde die Präsenz von Faschismus und Neonazi-Extremismus so offensichtlich, dass man sie nicht mehr ignorieren konnte. Seitdem Demonstranten auf dem Platz die Polizei bekämpfen und die Absetzung des korrupten, pro-russischen Präsidenten Janukowitsch fordern, waren auch immer ultrarechte Straßenkämpfer vor Ort, die die ethnische Reinheit ihres Landes bewahren wollen.“

Was hat all das also zu bedeuten? Erstens, Idioten gibt es in jedem Land. Und bei einigen dieser Idioten handelt es sich um Fascho-Idioten, besonders in einem Land mit einer so bewegten Geschichte wie der Ukraine. Und ein paar dieser Fascho-Idioten werden sich auf öffentlichen Plätzen oder im Internet bemerkbar machen, sehr dumme Dinge tun und versuchen, den Rest der Bevölkerung aufzuhetzen.

Dabei ist es nicht zu vermeiden, dass ihre Fascho-Idioten-Brüder im Ausland auf eine ähnliche Idee kommen und anfangen, in der Öffentlichkeit oder im Internet genauso dämliche und volksverhetzende Sachen zu tun. So sieht ein Internet-Flamewar im richtigen Leben aus.

Und um die ganze Situation noch weiter anzuheizen, braucht es in unserer modernen Zeit des Internets nicht viel, da reißerische Überschriften und bestimmte Schlagwörter (diese 43 verrückten Videos verrückter Nazi-Katzen hast du garantiert noch nie gesehen!) dafür sorgen, dass genügend Leute Artikel anklicken, in denen kurz und oberflächlich über politische Extremisten am anderen Ende der Welt berichtet wird.

Doch die wirkliche Lektion, die wir hier gelernt haben sollten, besteht darin, niemandem zu glauben, der sich selbst oder jemand anderen leichtfertig als Faschisten bezeichnet. Am besten ihr ignoriert diese Leute einfach. Und glaubt nicht immer alles, was ihr im Internet lest.