Ein Blick in die Schlafzimmer vom Wacken

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Festival

Ein Blick in die Schlafzimmer vom Wacken

Wie sieht es aus, wenn sich 75.000 Metalheads für ein paar Tage ein neues Zuhause bauen?

Bilder von jungen hippen Typen, die Java beherrschen und in ihrem aufgeräumten Altbauzimmer ein minimalistisches Rennrad an der Wand hängen haben, braucht wirklich keiner mehr. Daher war es an der Zeit, den eigenen Horizont zu erweitern und neue Freunde und deren Freunde zu besuchen.

Kaum ein Festival ist mit mehr Klischees über seine Besucher behaftet als das Wacken Open Air in Deutschland. Grund genug, hinter die Fassade zu schauen und einen Blick auf die Schlafplätze und Rückzugsorte zu werfen. Wie sieht es aus, wenn sich 75.000 Metalheads für ein paar Tage ein neues Zuhause bauen? Wir hofften auf offene Türen und offene Metal-Herzen.

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Berlin: Weitesgehend trocken und vor allem kein Anlass, Schlimmes zu befürchten.

Wacken: Autobahnausfahrt gesperrt, Campingplätze auch gesperrt, betreten auf eigene Gefahr.

Zehn Tage Dauerstarkregen hatten selbst tiefe Fahrrillen in glatte, glänzende, braune Oberflächen verwandelt. Egal, erstmal Auto stehen lassen und los laufen. Gesucht und gefunden, auf dem Pressecamp freut sich der Treckerfahrer, dass die Organisatoren alle Abschleppaufgaben eingestellt haben und er jetzt sein eigenes Geld verdienen kann. Zwanzig Euro kostet es von der Straße bis zum Wunschplatz.

Mehr Fotos vom diesjährigen Wacken findet ihr bei unseren Kollegen von Noisey.

„Wollt ihr ein frisch Gezapftes?", werden wir sofort gefragt. Trotz der Befürchtung, es würde sich um ein abgestandenes 5l-Fässchen Holsten handeln, mussten wir natürlich zustimmen. Markus, von Beruf Soldat, hier allerdings als freier Reporter eines regionalen Kuriers, meinte es ernst. Extra für Wacken angemietet lebt er mit drei Freunden luxuriös im Wohnmobil, im Vorzelt darf dann natürlich die Profi-Zapfanlage nicht fehlen, die uns die nächsten Tage zuverlässig das erste Bier des Tages servierte. Über das Wochenende verteilt wurden wir so in unzählige Camps, Zelte, Wohnwägen, Anhänger, Autos und so ziemlich alles dazwischen eingeladen und immer wieder begeistert, überrascht und natürlich gut verpflegt. Danke Wacken, du hast uns nicht enttäuscht!

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Hose, 53
„Ich heiße Frank aber alle nennen mich Hose, das liegt nicht am Rock, den ich trage, sondern kommt von meinem Nachnamen. Wie ihr seht, ich stehe auf das Sandmänchen und meine Tochter auf Winnie Puh (sieht bei uns zu Hause nicht anders aus). Tragt euch doch bitte noch ins Gästebuch ein, wenn ihr geht."

Claudio, 32 & Kati, 19
„Lasst euch von der Gesellschaft nicht verarschen, Jungs, Frauen stehen auf Bärte, Rüstungen und Kriegsbemahlungen! Zelten auf dem Artistzeltplatz ist auch noch so ein Bonus."

Nina, 19
„Ich bin eh nur zum Schlafen hier, ist halt Igluzelt, Isomatte und Klamotten."

Joachim, 46
„Ich penne hier im Auto, da habe ich alles, was ich brauche. Ich mach da einfach den Rücksitz zurück, das passt dann. Ist ja ein Ami, Power & Fun *grins*. Aber ohne die Schneeketten wäre ich gar nicht erst auf den Platz gekommen."

Jana (1 in Wackenjahren) & Claas (8 in Wackenjahren)
„Warum wir noch hier liegen? Es gibt dieses Jahr nicht viel, was ich unbedingt sehen muss. Sind ja wirklich keine Headliner dabei. Ich hätte mir dieses Jahr das Ticket auch nicht gekauft, aber das wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Als ich vor acht Jahren das erste Mal hier war, brauchte unser Camp noch eine Flagge, Smileys gab's damals hier noch nicht. Dieses Jahr habe ich mindestens schon sieben gesehen. Der Wacken-LED-Schädel ist mal so neben dem Studium entstanden, ich bin Informatiker [Claas zückt sein Handy], wie heißt euer Magazine nochmal? [VICE läuft jetzt als Negative durch das LED-Feld]. In unserem alten Camp war die Fahnenstange noch ein bisschen höher und der Schädel hing direkt unter dem Smiley. Deshalb habe ich ihn möglichst stabil gebaut, Wind und Regen und so, wiegt jetzt allerdings 25 kg."

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Kai, 33 & Thomas, 29
„Die orange Plane ist der einzige Weg, das Wetter zu überleben. Seit Dienstag sind wir hier, nur Matsch. Für den Weg, der sonst keine 10 Minuten dauert, haben wir über drei Stunden gebraucht. Wir bleiben im Zelt, die Frauen haben wir zu Hause gelassen, Wacken ist Zeit für Zärtlichkeiten."

Julian, 26
„Bin eh nur wegen den FireFuckers [Acid Metal Band immer 14:30 Blackstage Anm. d. A.] und den Menschen hier, da kann ich auch mal ein Stündchen länger liegen bleiben. Bin halt ein Kuschler."

„Die Toilette ist was Besonderes. Von außen gibt es eine Pissrinne und von drinnen kann man sogar abschließen."

Caro, 21
„Wohnen im hier im Wackingervillage, direkt hinter unserer kleinen Bühne. Wir sind Schausteller, daher sehe ich normal nicht so aus und mein Zelt nicht wie mein Zuhause."

„Günni schrieb hier an die Wand: ‚Ich bleib auf jeden Fall für immer hier.'"

„Eigentlich sollten das zwei Stockwerke werden, aber der Wind hat uns das versaut. Wir haben sogar extra bei Wacken angefragt und die fanden das OK—so lange wir kein feuerspukendes Monstrum bauen."

Oliver, 27
„Foto könnt ihr schon machen. Es steht und es funktioniert, aufgeräumt habe ich leider nicht. Das Slots kennt man hier im Norden, an der Grenze gibt's das pfand- und steuerfrei."

Markus, 32
„Ich bin der Luxus-Camper, einen Tausender kostet der fürs Wochenende zu mieten. Muss sein, hat aber dann auch alles. Zwei schlafen vorne, zwei hier hinten, hier der Gasherd, der Fernseher ist nicht eingestellt, ist aber auch egal, und hier hinter das Bad: Duschen ja, aber nicht kacken."

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Kai, 29 & Tamara, 40
„Kannst du hier bitte meinen Ex-Mann drauf verlinken? Uns beiden ist vorgestern das Feldbett zusammengebrochen, daher haben wir die blauen Flecken."

Samson, 51
„Wir stehen hier nur so auf dem VIP-Camping, aber machen gar nichts, man könnte sagen, wir kennen die richtigen Leute. Und verdienen genug Geld."

Sascha, 23
„Gerade bin ich alleine hier und dann höre ich eigentlich lieber Gangster Rap."

Martin, 29 & Reinhard, 36
„Mit dem goldenen Chevy sind mein Sohn und ich aus Bayern gekommen. Die blauen Haare? Mit dem Bart hat es angefangen, inzwischen sind halt Haare und Brille dazugekommen. Ist aber Spray und nicht gefärbt, zu Hause ist das mit einmal Waschen wieder raus."

Andreas, 33
„Auf der Nature One wird man mit dem Wacken-Shirt schon komisch angeschaut! Hier sind die Leute toleranter. Ja, und wegen der Bettdecke, die habe ich meinem Sohn geklaut."

Nadja, 29 & Verena, 18
„Soll das so ein Home-Report sein, wir sollen uns jetzt küssen, gä?"

Nico, 26
„Meine Oma wohnt direkt da hinten hinter der großen Scheune, ich bin also hier aufgewachsen. Als Anwohner zelte ich aber trotzdem gerne, das macht auf jeden Fall mehr Spaß und ich bin noch näher dran. […]

Wie du siehst, bau' ich jetzt ab. Könnt ihr kurz auf meine Sachen aufpassen, während ich die erste Fuhre nach vorne bringe? Sonntags fangen die hier ab 10 Uhr an, alles mit zunehmen, was im Entferntesten verlassen aussieht und noch zu gebrauchen ist."