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DIE HEIMAT BIST DU GROSSER TÖCHTER SÖHNE ISSUE

In Katar bringt ein Gedicht Lebenslänglich

In den Schlagzeilen des Westens mag der Arabische Frühling langsam verblasst sein. Das bedeutet aber nicht, dass Aktivisten im Nahen und Mittleren Osten aufgehört haben, sich gegen die zahllosen Ungerechtigkeiten zu empören.

Illustrationen von Michael Shaeffer

In den Schlagzeilen des Westens mag der Arabische Frühling langsam verblasst sein. Das bedeutet aber nicht, dass Aktivisten im Nahen und Mittleren Osten aufgehört haben, sich gegen die zahllosen Ungerechtigkeiten zu empören, die sie vor dem Aufstand oder als Folge desselben erfahren haben. Ebenso wenig haben die dortigen Regierungen damit aufgehört, ihre Völker zu unterdrü­cken. Ein typischer Fall: Mohammed al-Adschami wurde Ende November in Katar zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt, nur weil er in seinem Haus einer kleinen Gruppe von Freunden und Kollegen ein Gedicht vorgelesen hat. 2010 trug der 37-jährige Dichter in seinem Haus in Ägypten sein Werk Tunesischer Jasmin vor, worin er seine Solidarität mit den prodemokratischen Protesten zum Ausdruck brachte. Im November 2011 wurde Mohammed in Katar wegen Anstiftung zum Umsturz der monarchistischen Regierung Katars und „Beleidigung des Emirs“ verhaftet. Die genauen Gründe für die Verhaftung sind weiterhin unklar, aber Amnesty International geht davon aus, dass sie eine Reaktion auf die Lesung von 2010 war. Nach einer Reihe von Verhandlungen, einige davon unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wurde Mohammed zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Um mehr über den Fall zu erfahren, sprach ich mit Dina El-Mamoun, die in Katar und anderen Golfstaaten für Amnesty tätig ist. VICE: Welche Botschaft wollte die Regierung von Katar mit Mohammeds Verurteilung aussenden?
Dina El-Mamoun: Aktivisten in der Region meinten, das Urteil vermittle, dass man bloß nicht denken soll, man dürfe wegen des Arabischen Frühlings nun seine politischen Führer kritisieren. Gibt es ähnliche Formen der Unterdrückung auch in anderen Ländern?
In den Golfstaaten hat es gegen Aktivisten ähnliche Anklagen wegen „Beleidigung“ des Staatsoberhauptes gegeben. In Oman sind Dutzende von Aktivisten angeklagt worden, den Sultan beleidigt zu haben. In Saudi-Arabien kam es in Qasim und in Riad zu Protesten. Die Behörden reagierten mit scharfem Beschuss und Verhaftungen. Einige Aktivisten wurden zu Prügelstrafen verurteilt. Ist das Urteil gegen Mohammed in deinen Augen scheinheilig? Schließlich behauptet die Regierung von Katar, den Arabischen Frühling zu unterstützen.
Ein Regierungsbeamter sagte, sein Land würde oft für seine Meinungsfreiheit kritisiert. In Wirklichkeit schränkt Katar die Meinungsfreiheit immer dann ein, wenn es selbst Gegenstand der Kritik ist.