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Warum das Hetzportal ,Katholische Post‘ kein Satireprojekt ist

Die Seite „Katholische Post" propagiert einen theokratisch-faschistischen Staat und betreibt übelste Hetze gegen Andersdenkende. Das hat nichts mit Satire zu tun.
Foto: Michael Gaida | Pixabay | CC0

„Katholische Post (KPO) kämpft für die römisch-katholische Kirche als Verwalterin der Königsrechte Jesu Christi über alle Staatswesen, Wohnhäuser und Menschen, und zieht gegen die innerkirchliche Häresie des Modernismus, den soziokulturellen Marxismus und die konsumistische Bestialisierung des Menschen durch die internationale Plutokratie mit allen Mitteln zu Felde."

So beginnt das Selbstverständnis des „Non-Profit-Apostolats" Katholische Post—ein von Wordpress gehosteter Blog, der seit September 2015 gegen alles hetzt, was nicht in das eigene klerikal-faschistische Weltbild passt. Auf der Seite wird neben drastischen Strafen für homosexuelle Handlungen auch die Abschaffung des Wahlrechts und die Errichtung eines theokratisch-faschistischen Staatsgebildes gefordert.

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Mittlerweile werden Beiträge des Blogs hundertfach geteilt und diskutiert. Auslöser dafür waren vor allem die Einträge zum tragischen Unfall der österreichischen Stabhochspringerin Kira Grünberg, der als selbstverschuldete Buße für zu knappe Sport Pants angeprangert wurde, die Behauptung, dass die Schuld für die Anschläge von Paris beim „antiklerikalen Franzosenstaat" selbst liege und die Betitelung des Todes von Motörhead-Frontman Lemmy Kilmister mit „Endlich ausgenervt: Motörhead-Schreihals stirbt und fährt zur Hölle."

Foto: Arjan | flickr | CC BY 2.0

In vielen Kommentaren auf Facebook und der Seite selbst, wird KPO als gelungenes Satireprojekt beschrieben. Und tatsächlich sind viele Aussagen derartig obskur, dass Satire die naheliegendste Erklärung für die geistlichen Ergüsse wäre.

Es gibt jedoch auf der Seite keinen einzigen Hinweis darauf, dass es sich um Satire handeln würde. Im Gegenteil. Gleich mehrere Indizien deuten darauf hin, dass es der oder die Betreiber mit ihren Aussagen durchaus ernst meinen.

Als erstes fällt auf, dass sich der Blog sprachlich für seine fanatische Hetze bei dem mittlerweile nicht mehr ganz so aktiven erzkatholischen Internetportal kreuz.net bedient. Auch eine gewisse Nähe zu ähnlichen Hetzportalen wie Gloria.tv ist zu erkennen.

Der einzige Unterschied besteht darin, dass die KPO sich wesentlich intellektueller gibt als verwandte Seiten. Es scheint, als ob sich der oder die Betreiber durchaus mit aufklärerischen und postmodernen Ideologien auseinandergesetzt haben. So wird etwa vor der „Antideutschen-Lobby" und Rudi Dutschkes revolutionärer Strategie, dem „Marsch durch die Institutionen", gewarnt. Gleichzeitig wird Pegida als „zivile Organisation mit Anspruch auf öffentliche Wirksamkeit" beschrieben, die die von der Frankfurter Schule proklamierte soziale Revolution in Frage stellen könnte und die Dekonstruktion der „deutschen Staatengemeinschaft" verhindern könnte.

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Dieser pseudo-intellektuelle Anspruch wird mit einer Vielzahl von weniger intellektuellen Kraftausdrücken kombiniert. Das Ganze spricht mehr für einen berechnenden Geist, der krude Verschwörungstheorien mit mittelalterlichen Gesellschaftsvorstellungen und antikommunistischer Propaganda aus den 70ern mischt und in die Welt posaunt, als für gelungene Satire.

Ein weiterer Punkt, der auch bei anderen radikal-christlichen Portalen auffällt, ist die Negation wissenschaftlicher Erkenntnis und die Verurteilung von Homosexualität als krankhafte Sucht oder Geisteskrankheit. So wird etwa in dem Kommentar zu Lemmy Kilmisters Tod Krebs als eine „Meme der Gesundheitsindustrie" bezeichnet. In Wahrheit sei Krebs nur die „Degeneration von Organen durch Abnutzung"—in Lemmys Fall durch dessen „höllenhaftes Sexualverhalten" herbeigeführt.

Wer hinter diesem noch neuen Hetzportal für extremistische Katholiken steht, ist bisher nicht bekannt. Im Impressum der Seite ist eine Adresse auf den Philippinen zu finden. Unter der angegebenen Adresse findet sich auch die „Independent Baptist Church of Gredu Inc." Ob diese Baptistenkirche tatsächlich etwas mit der Seite zu schaffen hat, bleibt unklar. Der „Bund der Baptistengemeinden in Österreich" betont jedenfalls gegenüber VICE, dass allein das Wort „Independent" im Namen der philippinischen Kirche schon darauf hindeute, dass die Gemeinschaft nicht teil des baptistischen Weltbundes sei.

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Von Abtreibung, Fundamentalisten und Selbstbestimmung

Rechtlich könnte es aufgrund der Adresse auf den Philippinen schwierig werden, gegen die Seite vorzugehen. Schon das Videoportal Gloria.tv entzog sich mit einer moldawischen Adresse dem Zugriff österreichischer und Schweizer Behörden—obwohl klar war, das die Hintermänner aus Österreich und der Schweiz stammen. Auch bei KPO ist auffällig, dass viele Begriffe eher dem Österreichischen oder Schweizerischen entstammen und wenig Bundesdeutsch geschrieben wird.

Auch, wenn es für manche ein unerträglicher Gedanke sein mag, ist religiöser Extremismus kein Phänomen, das einzig dem radikalen Islamismus entspringt. Vor gewalttätigen Islamisten zu warnen und gleichzeitig klerikal-faschistische Propaganda als Satire abzutun, ist nicht nur scheinheilig, sondern auch gefährlich.

Ich habe bereits in einem anderen Artikel, der sich mit christlichen Fundamentalisten beschäftigt, davor gewarnt, die (verbale) Aggressivität katholischer Fanatiker auf die leichte Schulter zu nehmen. Dass sich nun eine Seite wie die KPO, die sich in ihrem Inhalt kaum von Propagandaseiten der IS-Miliz unterscheidet, zunehmender Popularität erfreuen kann, ist ein weiterer Beweis dafür, dass von jeder extremistischen Religionsbewegung eine ernstzunehmende Gefahr ausgeht.

Paul auf Twitter: @gewitterland