JJ Levines Fotos sprengen Geschlechtergrenzen

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JJ Levines Fotos sprengen Geschlechtergrenzen

Wir haben uns mit dem Fotografen aus Montreal über Gender-Nonkonformität und Nostalgie unterhalten.

„Girlfriends" von JJ Levine

Ich bin zum ersten Mal mit JJ Levines künstlerischer Empfindsamkeit in Berührung gekommen, als ich durch Le Village, das Schwulenviertel von Montreal, spaziert bin. Seine fotografischen Werke strotzen nur so von direkt auffallender Verspieltheit. Seitdem er an der Concordia University Fotografie studiert hat, schießt Levine Geschlechtergrenzen sprengende Fotos und konfrontiert so den Betrachter mit dessen Vorstellungen von Geschlechtern und den dazugehörigen Rollen. In einer Fotoreihe ist zum Beispiel eine Person zu sehen, die im gleichen Bild sowohl Männer- als auch Frauenklamotten trägt. Es ist dann dem Betrachter selbst überlassen, ob er diese Person nun als Mann oder als Frau ansieht—oder ob er das überhaupt als wichtig empfindet.

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Da Levine demnächst ein Buch über seine Fotografenlaufbahn veröffentlicht, habe ich mich mit ihm in seinem Studio in Montreal getroffen.

Video: Diese Personen haben es nicht leicht: Jung und queer in Russland.

VICE: Deine Werke sind so faszinierend, dass sie fast schon hypnotisch wirken. Wie wählst du deine Motive aus?
JJ Levine: Vielen Dank! Ich fotografiere für mich wichtige Menschen: meine Freunde, meine Liebhaber und meine Geschwister. Das bedeutet auch, dass sich meine „Models" mit der Zeit wiederholen und in verschiedenen Arbeiten und Projekten auftauchen. Mit fremden Personen habe ich noch nie zusammengearbeitet und ich glaube, dass meine Verbindung zu den Motiven die Bilder zu dem machen, was sie sind.

Du scheinst die Leute vor allem bei sich zu Hause zu fotografieren. Dort fühlen sie sich sicher wohler und geben sich auch intimer, oder?
Ja, ich fotografiere die Leute normalerweise bei sich zu Hause. Die Geborgenheit, die man in seiner eigenen Wohnung verspürt, wird durch das Bild transportiert.

Geht es bei all deinen Projekten um Gender-Nonkonformität oder behandelst du auch andere Themen?
Mir gefällt die Tatsache, dass bei Porträtfotos die abgelichtete Person im Fokus steht, denn wenn ich nun also Menschen fotografiere, die nicht in den Mainstream passen oder im Allgemeinen nicht als kulturell wertvolle Darstellung von Körper, Geschlecht oder sexueller Neigung gelten, dann bringe ich damit ja zum Ausdruck, dass wir wichtig sind. So gesehen würde ich also gar nicht sagen, dass es bei meiner Arbeit um Gender-Nonkonformität geht, sondern eher um meinen Wunsch, zu einer visuellen Kultur beizutragen, die den Leuten ein gewisses Maß an Wert zuweist, mit denen ich mich identifiziere und die mir etwas bedeuten.

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Wie wichtig ist deine eigene Gender-Identität im Bezug auf die einzigartige Verbindung, die du mit deinen Fotomotiven hast?
Es ist mir unglaublich wichtig, mich selbst in meiner Arbeit zu positionieren, und genau das unterscheidet mein Handeln vom Handeln vieler Künstler, die in der Vergangenheit homosexuelle Menschen und Transgender fotografiert haben. Ich würde jedoch trotzdem nicht sagen, dass es ausschließlich meine Gender-Identität ist, die mich mit den Leuten verbindet. Viele von ihnen sind ja auch Cisgender.

Wenn sich Künstler mit ihren früheren Werken auseinandersetzen, dann kann das oftmals Überraschungen bergen und Dinge zurückbringen, mit denen sie sich während der Kreation beschäftigt haben. War das auch bei deiner Retrospektive der Fall?
Es ging doch recht nostalgisch zu. Einige der Bilder habe ich vor gut zehn Jahren geschossen. Mit vielen Motiven bin ich noch gut befreundet, andere habe ich aus den Augen verloren. Viele Wohnungen, in denen die Fotos gemacht wurden, werden gar nicht mehr von meinen Freunden bewohnt. Die Bilder strotzen nur so vor Erinnerungen an vergangene Zeiten und veränderte zwischenmenschliche Beziehungen, die alle zurückkamen, als ich monatelang damit beschäftigt war, die Filme einzuscannen.

Manche Leute behaupten, dass wir im Bezug auf ein Bewusstsein für und die Akzeptanz von Homosexuellen und Transgendern schon viel erreicht haben. Würdest du dem zustimmen?
Für mich ist das alles relativ. Aber so lange es Transgendern nicht möglich ist, im gleichen Maße sicher und würdevoll Zugang zu einer Arbeit, einem Dach über dem Kopf, öffentlichen Toiletten sowie grundlegenden Sozialleistungen wie gesundheitlicher Versorgung zu bekommen wie Cisgendern, dann ist unser Kampf noch lange nicht vorbei.

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JJ Levine

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