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Kann eine Smartphone-App Amerikas Waffenproblem lösen?

Wenn es nach Mark B. Barron geht, kann man mit Handys zukünftig nicht nur süße Selfies schießen, sondern auch Amokläufe verhindern.

Foto: Zur Verfügung gestellt von Mark B. Barron

Hollywood. Im Gegensatz zu anderen Geschäftsleuten wie z.B. Kim Kardashian, die Millionen von Dollar mit sinnfreien Apps verdienen, will Mark B. Barron aus Los Angeles Smartphones nutzen, um eines der größten Probleme der USA zu lösen: Waffengewalt.

Der 58-jährige Erfinder hat die App Lockdown entwickelt, die—so seine Hoffnung—die Schusswaffengewalt reduzieren könnte. Die App funktioniert über einen Clip, in den ein GPS-Chip eingebaut ist, der an der Schusswaffe angebracht wird. Der Besitzer der Schusswaffe bewahrt diese an einem bestimmten Ort auf und gibt einen Code ein, wenn er die Waffe benutzen will. Wenn jemand die Schusswaffe an sich nimmt, ohne den Code einzugeben, sendet der Chip eine Nachricht an das Smartphone des Besitzers. Der Besitzer der Schusswaffe kann den Alarm dann entweder ausschalten oder ihn an die Polizei, seine Familie, Nachbarn oder eine andere Kontaktperson weiterleitet, die vorher als Notfallkontakt in der App hinterlegt wurde.

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„Wir geben den Leuten mit dieser App ein Werkzeug an die Hand, mithilfe dessen sie sofort handeln können. Damit nachher niemand mehr sagen kann ‚Ich kannte die Telefonnummer der Polizeistelle nicht’”, sagt Barron.

Seine Pläne basieren aber nicht ausschließlich auf Altruismus. Barron hat zwischen 50.000 und 100.000 Dollar in Lockdown investiert und schätzt den Wert der App auf 150.000 bis 200.000 Dollar. Er will die App veröffentlichen, sobald er sicher ist, dass sie Gewinne abwerfen wird.

Bestenfalls erlässt der Kongress ein Gesetz, welches Waffenhersteller dazu verpflichten würde, die Lockdown-Technologie bei der Herstellung von Schusswaffen zu verwenden, so Barron. So ein Gesetz würde jedoch den Unmut von Verfechtern des Rechts auf Waffenbesitz—wie z.B. der National Rifle Association—nach sich ziehen.

Anthony Phills, einer von Barrons Mitarbeitern, sagt: „Seien wir doch ehrlich. Jedes dieser großen Unternehmen könnte so eine App entwickeln. Aber sie haben andere Prioritäten.”

Im Moment ist Lockdown noch ein Prototyp. Damit die Technologie ein Erfolg wird, braucht Barron mediale Aufmerksamkeit und Hilfe aus Washington.

Barron: „Es wäre schön, wenn Piers Morgan sagen würde, ‚Sie können so viele Gewehre besitzen wie Sie wollen. Aber mit jeder weiteren Waffe müssen Sie mehr Verantwortung übernehmen.’”

Laut New York Times besaßen 2012 lediglich 34 Prozent der Haushalte in den USA eine Schusswaffe. Berichten von CNN zufolge, besitzen aber viele dieser 34 Prozent mehr als eine Waffe, was bedeutet, dass eine App wie Lockdown ihnen helfen könnte, den Überblick über ihre Sammlung zu behalten. In den vergangenen Jahren haben Waffenbesitzer die Rechte, die ihnen der 2. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten zuspricht, sehr genau genommen und angefangen, Waffen regelrecht zu horten. Das Phänomen ist aber nicht neu. Schon 2004 kam eine Studie des Injury Prevention Journal zu dem Ergebnis, dass 20 Prozent der bewaffneten Haushalte 65 Prozent der sich in den USA im Umlauf befindenden Waffen besitzen.

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Dieser Übereifer der Waffenbesitzer ist es, der die neuen Gesetze zur Schusswaffenkontrolle, die Obama nach dem schrecklichen Amoklauf in Newton erlassen wollte, verhindert hat. Den Gesetzgeber jetzt dazu zu bringen, sich für Lockdowns GPS-Technologie einzusetzen, wird ein Kraftakt für Barron sein.

„Hätte ich einen Bruder, der bei einem Waffenhersteller arbeitet, wäre die Sache schon gelaufen”, sagt Barron. „Um einen Fuß in die Tür zu kriegen, brauchen wir einen Insider bei den Waffenherstellern.”

Barron mag exzentrisch sein und wie eine Figur aus einem James-Bond-Film wirken, allerdings hat er schon einige Erfahrung mit Projekten im Bereich Sicherheit. Sein Unternehmen, Public Transportation Safety International Corporation, hat den S-1 GARD Danger Zone Deflector entwickelt, einen Plastikschutz für Busse, der Fußgänger davor schützt, unter die Räder zu kommen.

Phills hat Technologie schon für gute Zwecke eingesetzt und glaubt, dass es schwierig werden wird, die Aufmerksamkeit des Gesetzgebers zu bekommen, selbst wenn diese Technologie den Verfechtern von Waffensicherheit in die Hände spielt.

„Ich habe über 300000 Dollar investiert, um das Amber-Warnsystem (ein Warnsystem zum Schutz vor Kindesentführung) zu verbessern, aber unsere Regierung hat es trotzdem nicht verwendet”, so Phills. „Ich glaube, mit Lockdown wird es nicht anders.”

Barron ist derselben Meinung: „Sicherheit ist nicht attraktiv. Über Dinge nachzudenken und Dinge zu entwickeln ist keine Schwierigkeit. Das Marketing ist das Problem.”

Barron ist vorsichtig was Auftritte in den Medien angeht. Der nächste Amoklauf wie in Newton oder Aurora scheint, je nachdem, wie ausgeprägt der eigene Zynismus ist, entweder vorprogrammiert zu sein, oder etwas, das durch neue Waffengesetze wie Barron sie vorschlägt, verhindert werden könnte. In jedem Fall wäre er die beste Werbung für Lockdown.

Barron zufolge haben die Massenschießereien das Bewusstsein für Waffensicherheit gestärkt und Diskussionen über eine neue Gesetzgebung angeregt. Leider werden neue Gesetze aber nicht gegen den Willen von Waffenliebhabern erlassen werden können.

Barron: „Wenn jemand ein gesundheitliches Problem hat, geht er zum Arzt. Die Regierung wendet sich aber nicht an Erfinder und Entwickler. Wir sind zurzeit nichts anderes als ein weiterer Think Tank mit einem Produkt, das Waffensicherheit fördert.”

Lockdown verfügt noch nicht über eine eigene Website. Mehr Informationen über die App bekommt man bei The Maven Firm.