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Kultur

Ist Analsex mit dem Koran vereinbar? Und andere Themen des neuen deutsch-türkischen Magazin 'renk.'

Und ja, es geht auch um Döner.

Die erste gedruckte Ausgabe von renk.

Laut einer Emnid-Umfrage fühlen sich zwar 90 Prozent der Türken in Deutschland wohl, doch trotzdem hat mehr als die Hälfte das Gefühl, sozial nicht anerkannt zu sein—egal wie sehr sie sich anstrengen dazuzugehören. Sie kämpfen gegen Vorurteile und Klischees.

renk.,das erste deutsch-türkische Kulturmagazin, will das ändern. Renk ist das türkische Wort für Farbe, denn darum geht es: nicht mehr nur Schwarz oder Weiß, deutsch oder türkisch, sondern bunt.

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Vor drei Jahren ging das Bachelorprojekt der Grafikstudentin Melisa Karakuş online. Heute hat das Magazin fünf Mitarbeiter und vierzig ehrenamtliche Schreiber, die sich "Gastarbeiter" nennen. Jetzt ist die erste gedruckte Ausgabe in grellem Pink erschienen. Made in Kreuzberg, aber auch made by Crowdfunding, denn die ersten 5000 Exemplare wurden durch Spenden finanziert.

Auf den 200 Seiten dreht sich alles um deutsch-türkische Kultur und vor allem um den OHA-Moment (Oha ist das türkische Aha!): Sexualtherapeut Umut Özdemir spricht über die Vereinbarkeit von Analsex und Koran, eine Fotoserie dokumentiert Istanbuls erste Trans-Fashion-Show und rothaarige Türken erzählen aus ihrem Alltag, von Missverständnissen und Vorurteilen.

Schwören alle Türken auf ihre Mutter? Trinken Sie Raki oder Bier?—renk.wirft mit humorvollen Fragen um sich. Wir hatten auch ein paar Fragen, Melisa Karakuş hat sie uns beantwortet:

VICE: Woher kam die Idee für renk.?
Melisa: Ich saß im Bus und war vertieft in mein Buch. In den letzten Reihen saß eine Gruppe junger Türken. Die waren laut, haben Sonnenblumenkerne gegessen und Stress gemacht. Die Leute um mich herum haben den Jungs schiefe Blicke zugeworfen und über sie getuschelt. In dieser Situation hat es mich nicht gewundert, dass Türken einen schlechten Ruf haben. Diese Negativbeispiele bleiben bei den Leuten hängen. Mich haben sie als Deutsch-Türkin gar nicht wahrgenommen, ich war still. Da habe ich mich gefragt, wo sind eigentlich die ganzen kreativen Deutsch-Türken. So ist die Idee zu renk.entstanden.

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Melisa Karakuş, Herausgeberin von renk.

Was wollt ihr mit dem Magazin?
Ich wollte eine Plattform für Positivbeispiele und gegen Vorurteile schaffen. Die Menschen und ihre Geschichten in renk. sind bunt, sie entsprechen keinem Klischee. Vielleicht ist Ali, bei dem du dein Gemüse kaufst, auch ein unfassbar talentierter Musiker, spielt nach Feierabend Bağlama (türkische Laute) und singt die schönsten Lieder. Und wir wollen kreativ mit all den Dingen umgehen, die unseren Alltag prägen. Wir lieben zum Beispiel alle Döner! Deshalb gibt es in der ersten Printausgabe auch eine illustrative Hommage an den Döner: Sieben Künstler haben für uns das Design der klassischen Dönertüte neu interpretiert.

Welche Klischees meinst du?
"Boah, du siehst gar nicht aus wie eine Türkin!" Und das höre ich nicht nur von Deutschen, sondern auch vom Dönermann nebenan. Am Anfang habe ich mich noch dafür bedankt, wenn Leute das zu mir gesagt haben. Ich wusste auch nicht, wie ich sonst darauf reagieren soll. Die Leute haben ein bestimmtes Bild von Deutsch-Türken, in das ich nicht rein passe. Es gibt so viele überholte Klischees: Trägt deine Mutter Kopftuch? Bist du Jungfrau bis zur Ehe? Das finde ich scheiße.

Was stört dich daran?
Jeder Mensch ist megaindividuell und ich finde es gut, wenn man Eigenschaften an der Person selber fest macht: "Melisa, ich finde es gut, dass du zweisprachig aufgewachsen und ein sehr pünktlicher Mensch bist." Ich finde es aber nicht geil, wenn einer meiner Verwandten sagt: "Boah, Melisa, du bist so deutsch, immer pünktlich!" Warum muss man Charaktereigenschaften mit einer Nationalität verknüpfen? Check ich nicht.

Foto aus einem Artikel über eine türkische Motorradgang in Berlin | Foto: Christoph Neumann

Ist Politik ein Thema bei renk.?
Ich möchte nicht explizit politisch sein, aber natürlich haben wir eine Haltung. Einer der Artikel beschäftigt sich mit Rassismus in der Türkei, wie vor Ort mit syrischen Flüchtlingen umgegangen wird. Man sagt ja immer, die deutsche Gesellschaft sei rassistisch, meinst du die türkische etwa nicht? In dem Fall war es uns wichtig, auch ein Gegengewicht zu setzen.

Was macht ihr anders als andere Magazine?
Wir berichten überhaupt nicht negativ oder spitz. Es gibt schon genug Hass. Wir wollen positive Vibes streuen. Denn die Vermischung beider Kulturen funktioniert—und das sogar sehr gut.

Berivan ist auf Twitter.