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Man ist nie zu alt für Star Wars-Lego! Mein Tag an der Fantasy Basel

Zwischen Nintendo- und Comicständen, Magic-Turnieren und 4D-Kino kannst du einfach nicht anders, als wieder zum pickligen Teenager zu werden.
Alle Fotos von Claude Hurni

Es mag an den infrastrukturellen Gegebenheiten gelegen haben, dass die Fantasy Basel „keine Umkleide-/Schminkräume zur Verfügung" stellte, doch verlieh es der meines Wissens ersten Schweizer Messe für Comic-, Sci-Fi-, Game- und eben Fantasy-Fans dieser Grösse zusätzliche Promo. Von Donnerstag bis Samstag nämlich, der Dauer der Convention, sah man sie in den Zügen und Trams, am Bahnhof und den Strassen Basels: all die Spider-Mans und Stormtroopers, Elben, Ghostbusters und WoW-Figuren.

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Hätten wir nicht sowieso gewusst, wo die Basler Messe liegt, wir hätten uns einfach Batman oder einer Kriegerprinzessin anschliessen können. Warum wir aber überhaupt an die Fantasy Basel gehen wollten? Natürlich wegen der Cosplayer, wie man die Leute, die sich eben nicht nur an der Fasnacht oder an Halloween in Superhelden und Superschurken verwandeln, nennt. Aber auch, weil Sci-Fi und Fantasy schlicht geil sind. Denn sind wir nicht alle hin und wieder versucht, uns in ein abstruses alternatives Universum zu imaginieren? Sind wir nicht alle ein bisschen Nerds?

Alle Fotos von Claude Hurni

Ein Blick aufs Programm aber, das uns mit unseren Eintrittsbändeln ausgeteilt wurde, verrät mir, dass ich doch nicht so fest Nerd bin, wie ich dachte. Ich kenne weder PietSmiet (ein deutscher Youtube-Kanal, bei dem man zusehen kann, wie irgendwelche Leute Games zocken und das aus dem Off kommentieren und der sagenhafte 1,8 Millionen Abonnenten hat), die einen Vortrag halten würden, noch den Manga-Autor Fabian Degen, der zur Lesung geladen hat, geschweige denn Bernd Greisinger, der sein nach ihm benanntes Museum vorstellen würde, das die „grösste Mittelerde-Sammlung weltweit" birgt.

Also gehen wir vorbei an der Waffenkontrolle—wo echte Waffen oder Soft-Air-Guns deponiert werden müssen, was laut dort stationierter Security doch ein hübsches Arsenal ergibt—in die Event Halle. Erinnert ihr euch an den South Park-Dreiteiler Imaginationland, in dem Terroristen versuchen, alle Fantasiegestalten der Menschen (inklusive Jesus) in die Luft zu jagen? Der Anblick, der sich uns kaum eingetreten bietet, ist so ziemlich das: Ein Mash-Up aus Fantasy-, Comic- und Game-Figuren. Ein Stormtrooper am Posieren mit Elben? Darth Vader, der mit einem 20ies Girl auf Grossmutters Sofa sass? Pinhead aus Hellraiser Arm in Arm mit einem Bat-Girl? All dies spielt sich vor unseren Augen ab und zwar in den ersten 10 Minuten.

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Von der ersten Überreizung erholt, betrachten wir die Stände. Wir stibitzen Süssigkeiten bei den Star Wars-Jüngern der 501st Swiss Garrison (ein kleiner Papp-Darth Vader proklamierte: „Come to the dark side, we have cookies"), posieren mit verdammt echt ausschauenden Soft-Air Shotguns (deren Munition biologisch abbaubar ist, wie uns die Jungs in Tarnanzügen stolz erklären) und spätestens als wir an den Ghostbusters-Stand mit ultra-raren Slimer-Figuren und einem kompletten Geisterjäger-Hauptquartier aus Legos und echten (!!) Ghostbusters kommen, verstehe ich definitiv, was den Zauber eines solchen Events ausmacht: Man darf wieder Kind sein. Muss man sich im Alltag anhören, dass man als angehender Anwalt zu alt für Star Wars-Lego ist (wie es der Bruder meiner Freundin hin und wieder muss)? Nicht in diesen Hallen, nicht unter diesen Menschen.

So gesehen ist die Anerkennung, die gute Kostüme unter diesen Leuten erhalten, nur logisch. Als die Finalisten des Cosplay-Contests einer nach dem anderen vor deutlich mehr als 1000 Zuschauern die Bühne entern, sich in Pose werfen und mit ihren selbst zusammengekleisterten Waffen fuchteln, tobt die Halle. Dass die Teilnehmer unzählige Stunden und einen nicht unerheblichen Teil ihres Monatslohns in ihre Outfits investiert haben, wird nicht als Verschwendung, sondern als Engagement, als Passion empfunden. Hier steckt einer oder eine (Ja, es waren viele Frauen da!) alles in sein Hobby und nur schon dafür hat er oder sie Applaus verdient. Und ich beneide sie dafür.

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Gleichzeitig bin ich, als wir in den anderen Ausstellungsraum wechseln, froh, mein Bankkarten-Limit für diesen Monat bereits erreicht zu haben. An unzähligen Ständen könnte man nämlich Geld ausgeben. Viel Geld, denn Authentizität kostet. Natürlich brauche ich weder eine Katana-Klinge noch ein Pikachu-Plüschtier (ich hatte mal eines), weder eine Guy Fawkes-Maske noch ein Deck Magic-Karten (deren Suchtpotential ich trotz dieser Hommage bisher widerstehen konnte). Doch hätte ich das Geld dazu im Sack, ich würde es mir wohl leisten, einfach so, weil es schön ist, manchmal Dinge zu kaufen, die man nicht braucht.

Dinge, die man nicht braucht und vielleicht gerade deswegen Spass machen, daraus besteht diese Messe und natürlich darf da die Paradedisziplin der Nutzlosigkeit nicht fehlen: das Gamen. Nintendo hat sich im UG der Halle 4.0 breit gemacht und lockt mit fetten Screens und Spielstationen zu Mario Kart-Rennen, Super Smash Brothers-Kämpfen und Zelda-Rettungsaktionen, denen ich mich, als Nintendo-Kind der ersten Stunde (vom NES über den Game Boy color bis zur Wii hab ich sie alle gezockt), nicht entziehen kann.

Irgendwann nämlich, nach Trailer im Kino-Saal schauen, Schaumstoff-Schwertkampf und 4-D-Horrorkino (ein Höllenritt durch einen mit allerlei Insekten. Glibberwürmern und Zombies kontaminierten U-Bahn-Schacht), wird auch der grösste Superheld müde—geschweige denn Journalisten und Fotografen, die keinen Spandex-Anzug unter der „Arbeitskleidung" tragen (wir können nicht alle Clark Kent sein). Und so machen wir uns auf den Heimweg, steigen begleitet von Joker, Harley Quinn, Bane und dem stummen Mädchen aus Das Fünfte Element ins Tram an den Bahnhof. Wir fragen sie, wie es ihnen gefallen hat. Man merke noch, dass es das erste Mal gewesen sei, sagen sie und zum Abschied: „Bis Samstag!" Man kann sich eben nicht genug in andere, buntere Welten retten.

Die Fantasy Basel hatte aber auch noch Programm für Nerds mit mehr Kondition als mich zu bieten. So wurde auf dem offiziellen Fantasy Boat zu Burlesque-Shows und Sternenstaub-Glitzer gefeiert.

Daniel Kissling auf Twitter: @kissi_dk

Claude Hurni auf Instagram: @hurniclaude