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"Mir war egal, wie scheiße das aussieht" – Sterne, Gangtattoos und Selbstgestochenes

Sechs Menschen, die wir bei ihrer Tattoo-Entfernung getroffen haben, erzählen uns, warum sie ihre Scheiß-Tätowierungen wieder loswerden wollen.

Als ich 20 war, habe ich mir mein erstes Tattoo stechen lassen. Ich fand mich damals wahnsinnig individuell mit dieser Schleife, die ich bei Google Images gesucht und gefunden habe. Ich habe sie ausgedruckt (ja, ausgedruckt, auf Papier!), bin zum Tätowierer meiner Freundin gestiefelt, hab ihm das Teil gezeigt und er hat es, so wie es war, einfach über meinen Hintern kopiert. Jetzt, acht Jahre später, bin ich an den meisten Tagen ziemlich froh, dass das Tattoo auf meiner Rückseite ist, denn verglichen mit den Tätowierungen, die noch kommen sollen, ist die Schleife ein ziemlicher Fehltritt.

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Ja, Freunde, ich habe ein Arschgeweih. No hard feelings.

Die Linien sind nicht sauber gezogen, die Schattierungen sehen mies aus und ganz ehrlich, ES IST GEKLAUT. Irgendwo auf der Welt rennt ein anderes Mädchen mit genau dem gleichen Tattoo durch die Gegend und sie weiß nicht mal, dass ich sie billig kopiert habe. Fand ich damals OK, heute würde ich jeden, der einfach irgendwo abkupfert, darauf hinweisen, wie uncool sowas ist. Aus all den genannten Gründen muss diese Schleife weichen. Meine tätowierenden Freunde sagten mir, man könnte es natürlich covern, größer, dunkler, wäre für mich in Ordnung. Oder aber ich lasse es lasern, was teuer, schmerzhaft und sehr zeitaufwändig ist.

Andere Menschen haben nicht unbedingt die Wahl. Bei Gangtattoos, Knastverziehrungen oder all zu ausufernden Jugendsünden muss der Laser ran. Wir haben sechs Menschen bei ihren Laserbehandlungen in den Berliner tattoolos-Studios begleitet und sie nach der Geschichte hinter ihrem missglückten Körperschmuck gefragt.

ELENA, 29 JAHRE ALT, 6. BEHANDLUNG

Fotos: Gina Nicolini "Ich habe mir mit 19 einen großen, schwarzen Panther auf den Bauch stechen lassen. Schon währenddessen habe ich gemerkt, dass der Tätowierer ein richtiger Metzger ist, viel zu tief sticht und nicht den Eindruck machte, dass er wüsste, was er tut. Ich habe mich aber nicht getraut, was zu sagen. Dabei rausgekommen ist dann ein schwarzes, undefinierbares Etwas. Jeder Tätowierer, bei dem ich war, hat mir gesagt: Wenn ich es covern lassen will, muss ich es vorher lasern lassen, sonst wird es nur noch größer und noch dunkler. Und das wollte ich nicht. Ich hoffe, dass ich nach der heutigen Sitzung durch bin und endlich mein neues, schönes Tattoo bekommen kann."

Elenas Bauch vor der Behandlung …

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… und danach, inklusive Stressball und Traubenzucker für den Kreislauf

DENNIS, 34 JAHRE ALT, SEIT 2012 IN BEHANDLUNG

"Ich habe mir damals bei eBay eine billige Tattoomaschine gekauft und angefangen, mich selbst am Küchentisch zu tätowieren. Ich hatte keine Ahnung, wie das geht, aber ich hatte Bock drauf, also habe ich es einfach ausprobiert. An den Beinen, an den Armen, sogar auf der Brust, vorm Spiegel. Mir war egal, wie scheiße das aussieht. Aber dann habe ich meine Frau kennengelernt, und sie war nicht so begeistert von meiner 'Körperkunst'. Als sie dann schwanger wurde, habe ich beschlossen, dass die Tattoos weg müssen. Ich will doch nicht, dass mein Sohn irgendwann denkt, sein Vater wäre ein kompletter Vollidiot!"

JULIA, 21 JAHRE ALT, 3. BEHANDLUNG

Julia will sich und ihr Tattoo nicht zeigen

"Ich habe überall am Körper kleine Tattoos und ein großes auf dem Rücken, dass ich mir für meine Schwester habe stechen lassen. Dann habe ich einen Mann kennengelernt, wir waren verliebt und wollten heiraten. Seine einzige Bedingung war, dass ich mir die Tattoos entfernen lasse. Ich war so blind vor Liebe, also habe ich gesagt, ich tue es. Doch die erste Behandlung war so schrecklich, dass ich nicht weitermachen wollte. Ich habe ihn gefragt habe, ob ich abbrechen darf. Doch er meinte: 'Entweder du lässt die Tattoos entfernen, oder ich verlasse dich.' Daraufhin habe ICH Schluss gemacht. Was für ein Arschloch … Die Behandlung mache ich trotzdem zu Ende, damit ich nicht jedes Mal an ihn denken muss, wenn ich das Tattoo sehe."

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THORSTEN, 31 JAHRE ALT, 2. BEHANDLUNG

"Ich würde euch das Tattoo echt gerne zeigen, aber es gehört zu meinem Chapter [einer Biker-Gang] und wenn die wüssten, dass ich es mir entfernen lasse, gäbe es richtig Ärger. Es muss trotzdem weg. Seit die ganzen Südländer in der Szene sind, gibt es viel mehr Stress als früher. Da hab ich echt keinen Bock drauf. Vor allem wegen der Kinder meiner Schwester. Wenn wir zusammen am Strand oder im Schwimmbad sind, kommen auf einmal Leute zu mir und machen mich dumm an, nur weil ich dieses Tattoo habe. Ich will nicht, dass die Kleinen da mit reingezogen werden. Das ist mir zu gefährlich."

HANNA, 34 Jahre, 8. BEHANDLUNG

"1998 war ich ein Jahr in den USA. Weil es mir dort so gut gefallen hat, bin ich ein Jahr später mit meiner Mutter noch mal hin, zum Urlaub machen, und wollte mir von dort ein kleines Souvenir mitbringen. Also habe ich mir eine kleine Blumenranke stechen lassen. Es ist nicht so, dass ich sie besonders hässlich finden würde, aber irgendwie passt sie nicht mehr zu mir. Ich fühle mich total eingeschränkt in der Kleiderwahl. Ich hoffe, ich bin bald durch, das Grün ist so hartnäckig."

Serkan, 33 Jahre alt, 5. Behandlung

"Ich habe mir den Namen meiner Ex-Freundin in den Nacken stechen lassen. Wir waren nicht mal lange zusammen, als ich mich dazu entscheiden habe, aber ich war mir sicher, DIE ist es, das ist für immer. Wir waren sogar eine ganze Weile zusammen, aber es kam natürlich, wie es kommen musste. Wir haben uns getrennt, jetzt muss ihr Name leider weg."

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Ida, 27, 10. Behandlung

"Vor 10 Jahren waren Sterne ja das, was danach Eulen und Füchse waren und jetzt vielleicht Cupcakes sind. Ich hab mir nichts dabei gedacht, als ich mir das Tattoo habe stechen lassen. Wenn mich jemand darauf anspricht, weiß ich nicht mal, was ich sagen soll, weil es mir einfach nichts bedeutet und nicht mal zu mir passt. Ich hatte eigentlich auch eine sehr schöne Vorlage, aber die Tätowiererin hat es komplett versaut. Ich hab mich dann entschieden, es entfernen zu lassen. Das Tattoo hat vielleicht 200 Euro gekostet, die Behandlung schon 1350 Euro. Wenn ich das vorher gewusst hätte …"

Auf Twitter postet Gina ganz sicher keine Bilder von ihrem Arschgeweih.