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Popkultur

Mrs. Doubtfire ist tot—Fuck you, Depression

In Österreich leiden derzeit mindestens 400.000 Menschen an Depressionen und wir müssen endlich aufhören, psychische Erkrankungen zu tabuisieren.

Mrs. Doubtfire—Meine Lieblingsrolle von Robin Williams

Als vorletzte Woche Nationalratspräsidentin Barbara Prammer gestorben ist, war die Bestürzung und Trauer im ganzen Land sehr groß. Das liegt nicht nur daran, dass die Oberösterreicherin offensichtlich eine außergewöhnliche Politikerin war, die für Frauenrechte gekämpft hat, sondern vor allem auch daran, warum sie gestorben ist. Krebs, der König aller Krankheiten, wie ihn der Onkologe Siddhartha Mukherjee in seinem gleichnamigen Buch bezeichnet hat, ist in unser aller Leben und wir hassen ihn zu Recht, weil jeder einen Berührungspunkt hat. Armin Wolf hat das in einem sehr berührenden Statusupdate noch einmal perfekt auf den Punkt gebracht. Krebs ist in der Mitte der Gesellschaft und deshalb heißt es ganz zu Recht FUCK YOU, KREBS mit allen Präventivmaßnahmen, die dagegen ergriffen werden.

Etwas komplizierter ist es mit Depression. Diese psychische Krankheit ist mindestens so bösartig-anschleichend, aber weit weniger greifbar und dementsprechend auch weniger im Blick der Öffentlichkeit. Statt einer Ansammlung an verrückt gewordenen Zellen, die sich über den Körper auszubreiten drohen, passiert bei der Depression fast alles im Kopf. Psychische Erkrankungen werden demensprechend oft nicht ganz ernst genommen, weil wir uns unter Serotonin und Noradrenalin genau gar nichts vorstellen können und der Großteil der Bevölkerung keine Ahnung von Synapsen und Neurotransmittern hat. Dasselbe trifft auf die Behandlung zu: Mit Gammastrahlen auf böse Zellen zu schießen klingt sehr nach Star Wars und dem Kampf von Gut gegen Böse, aber bei Depressionen ist meistens nur eine komplizierte Kombination an unterschiedlichen Zugängen erfolgreich—auch wenn die medikamentöse Behandlung immer zielgenauer wird. Aber alle diese Umstände ändern nichts daran, dass in Österreich derzeit mindestens 400.000 Menschen an Depressionen leiden und ein nicht unbeträchtlicher Anteil davon so wie Robin Williams keinen anderen Ausweg sieht, als dem eigenen Leben ein Ende zu setzen.

Mich persönlich verbindet mehr mit Depression—weil mein Umfeld und meine Familie von ihr genauso wenig verschont werden wie von Krebs—als mit Robin Williams, von dem ich nie wirklich ein Fan war. Aber gleichzeitig ist Robin Williams für einen der lustigsten und absurdesten Momente meiner Kindheit verantwortlich, als ich 1993 mit meiner Oma gemeinsam ins Kino ging und wir Mrs. Doubtfire geschaut haben. Meine Großmutter ist eine Matriarchin, das Familienoberhaupt einer Großfamilie mit fünf Kindern und einem Vielfachen an Enkelkindern, von denen ich das älteste bin. Gemeinsam mit ihr im Kino zu sitzen und einen Film zu schauen, der doch so etwas wie Gendertrouble in unser beider Leben gebracht hat, ist mehr als 20 Jahre später fast so amüsant wie damals, als wir beide über Dinge lachten, über die wir bis dahin unserer Erziehung ensprechend immer hinweggeschaut haben. Es war ein befreiender und fast subversiver Kinobesuch, für den ich Robin Williams immer dankbar sein werde.

Es liegt an uns, großartige Schauspieler genauso wie unsere Mitmenschen wissen zu lassen, dass Depression eine ganz normale Krankheit ist, die man nicht zu verstecken braucht. Wir müssen damit aufhören, psychische Erkrankungen zu tabuisieren, ihnen stattdessen die gleiche Aufmerksamkeit wie Krebs zukommen lassen und ihnen den Kampf ansagen. Deshalb FUCK YOU, DEPRESSION. Wir lassen dich nicht gewinnen.

Auch wenn die Krankheit selbst tabuisiert wird, bieten österreichweit viele Stellen Hilfe bei Depression an.