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Nationalratswahl 2013

So klein und schon Partei: Der Wandel

In unserer Interview-Reihe unterhalten wir uns heute mit Leni Lindner von Der Wandel darüber, dass Fleisch so ziemlich das Böseste ist.

Foto: House of Cards (via The Cinematic Katzenjammer)

Inzwischen solltet ihr eigentlich mitbekommen haben, dass dieses Jahr Nationalratswahlen stattfinden. Auch unser kompaktes Wahl-A bis Z mit allem, was man für ein fundiertes Kreuzerl wissen muss, könnte euch schon untergekommen sein.

Seit zwei Tagen gibt es jetzt auch noch unsere Sonderreihe So klein und schon Partei. Dabei bitten wir die jungen und willigen Vertreter von Österreichs Kleinparteien zum Interview und fragen sie so essenzielle Dinge, wie ob sie schon einmal gekifft haben, ob Glaube Platz in der modernen Politik hat und wie sie zu aktuellen, uns unter den Fingernägel brennenden Themen wie dem Syrien-Konflikt oder Edward Snowden stehen.

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Niki Scherak von den Neos und Michaela Hatvan vom BZÖ waren bereits bei uns. Heute unterhalten wir uns mit Leni Lindner von Der Wandel.

Foto: VICE Media Alps

Falls ihr unter Wandel bisher nur den Zustand verstanden habt, der einen befällt, wenn man von zu vielen Drinks den Drehwurm bekommt, ist das völlig in Ordnung. Wir haben auch erst relativ spät zum ersten Mal von der gleichnamigen Partei erfahren und manche von euch, die diesen Beitrag angeklickt haben, werden ehrlicherweise auch eher nach dem Foto als dem Titel gegangen sein.

Wenn man aber ganz aufmerksam durch Wien spaziert, sieht man an manchen Straßenecken das Wandel-Logo mit Kreide auf den Boden gemalt. Vielleicht ist euch auch schon einmal ein Facebook-Posting der Umwälzler untergekommen. Sonst gibt es kaum Berichte, keine Wahlplakte und auch in den vielen Fernsehdebatten, die einem das Gefühl geben, man würde in einer Sports Bar für Politiker sitzen, steht niemand, der sich in ihrem Namen blamiert.

Dabei hätte Der Wandel durchaus etwas zu sagen. Also, so viel wie andere Parteien auch. Leni Lindner hat uns erzählt, wie schwer Wahlkampf ohne Parteienförderung ist und warum es die junge Partei überhaupt gibt. Mit dabei war Daniela Platsch, politische Geschäftsführerin mit dem Listenplatz 2, die selber nicht viel sagen wollte, sondern eher als eine Mischung aus Mama-bei-der-Schulaufführung und Anstandsdame fungierte. Meistens nickte sie aber nur und meinte "Ja, sag es ruhig", was sie zu so etwas wie einer PR-Antithese von Frank Stronach macht.

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Bestehst du auf eine Autorisierung des Interviews?
Ja.

Erkläre uns in der Länge eines Tweets wofür eure Partei steht.
Für den Wandel. Für mehr Gerechtigkeit und bessere Vermögensverteilung.

Wieso sollte ich mich, wieso sollte sich die Jugend für Politik interessieren?
Weil ich der Meinung bin, dass man irgendwo anfangen muss, etwas zu ändern. Wenn jeder die Verantwortung weitergibt, dann wird nichts passieren. Man muss das schon selber in die Hand nehmen.

Hat Glaube Platz in moderner Politik?
Nein, ich finde, dass Religion nicht in die Politik gehört.

Was hältst du von Waffenlieferungen an die Syrischen Rebellen?
Das ist eine schwierige Frage, weil es ein verworrener Konflikt ist. Man sollte aber nicht versuchen ihn mit Waffen zu lösen, sondern eher anders eingreifen. Mit Hilfsmaßnahmen oder Gesprächen. Die Rebellen mit Waffen zu unterstützen ist keine gute Lösung.

Mit welcher Partei würdest du nie eine Koalition eingehen und mit welcher sofort?
Niemals mit der FPÖ oder mit dem Team Stronach. Gerne mit den Grünen, auch mit der SPÖ.

Ist Sebastian Kurz ein Vorbild für Jungpolitiker?
Ich sehe ihn jetzt nicht als Vorbild, aber das ist für jeden anders. Es hat wahrscheinlich auch sehr viel mit Sympathie zu tun.

Redest du gerne über deine Arbeit? Erzählt man in Österreich gerne, dass man Politik macht?
In Österreich verschweigt man besser, dass man Politik macht. Das ist ein typisches No-Go.

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Gibt es Dinge, über die du dir erst eine Meinung gebildet hast, seit du in der Politik bist? Themen, die dich davor nicht beschäftigt hätten?
Ja, eigentlich habe ich mir nie Gedanken darüber gemacht, wie Parteiintern die Dinge ablaufen. Es hat mich davor einfach nicht interessiert. Aber wenn man dann damit konfrontiert wird, muss man sich natürlich damit auseinandersetzen. Auch, dass man als Partei Unterstützungserklärungen braucht, um zur Wahl antreten zu können, habe ich nie gewusst.

Wie war das mit den Unterstützungserklärungen sammeln, warst du da dabei?
Ja, ich war viel dabei. Wir haben die Leute einfach auf der Straße angesprochen.

War das anstrengend?
Naja, es gehen schon einige weiter, ohne sich für dein Anliegen zu interessieren. Aber es sind viele stehen geblieben und haben nachgefragt und waren begeistert.

Würdest du sagen, dass das eher junge Leute waren?
Das waren eigentlich Leute jeglichen Alters.

Hättest du Edward Snowden aufgenommen, wenn er vor deiner Tür gestanden wäre?
Ja.

Und die Flüchtlinge aus dem Servitenkloster?
So viel Platz habe ich nicht, aber theoretisch schon.

Wir haben ihr Profil gefunden (Foto via Facebook, mit freundlicher Genehmigung)

Hast du ein privates Facebook-Profil oder nutzt du Facebook eher für Politisches?
Ich habe erst seit einem Monat wieder Facebook, unter einem falschen Namen. Ich habe wenig persönliche Fotos dort und versuche mich auch eher von Facebook fernzuhalten.

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Was war das längste, das du jemals fortgegangen bist?
Hmm… 14 Stunden.

Hast du schon mal gekifft?
Nein.

Und wie stehst du dazu, wenn in deinem Umfeld gekifft wird?
Das soll jeder für sich entscheiden. Wenn es jemand ist, der mir sehr nahe steht, beschäftigt mich es aber schon. Also, wenn es drei Mal im Monat ist, ist’s nicht schlimm, aber wenn es zu viel wird, dann finde ich das nicht gut.

Welche Eigenschaft macht dich bei anderen wahnsinnig?
Schwierig. Mich macht fast gar nichts wahnsinnig. Aber vielleicht, wenn jemand um den heißen Brei redet und nicht auf Fragen antwortet, die ihm gestellt werden.

Welche historische Persönlichkeit bewunderst du am meisten?
Kreisky.

Welche historische Persönlichkeit verachtest du am meisten?
Da gibt es viele. Da könnte ich mich jetzt nicht beschränken.

Hast du ein Lieblingsschimpfwort?
Das kommt auf die Situation drauf an. Scheiße vielleicht. Und wenn ich mich richtig arg ärgere, dann ist es vielleicht auch mal „du g’schissener Arsch.“

Welchen Beruf würdest du nie machen wollen?
Bankerin.

Wie schwierig ist es für euch, Wahlkampf zu betreiben?
Sehr schwierig bis unmöglich. Wir haben einfach nicht die Mittel, die anderen zur Verfügung stehen.

Was macht ihr, um Aufmerksamkeit zu bekommen?
Viel über Facebook, viel ist auch einfach unsere eigene Arbeit. Also wir tragen zum Beispiel selbst unsere Post aus oder sprechen auf der Straße Leute an.

Foto von Daniela Platsch, mit freundlicher Genehmigung

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Ihr nutzt ziemlich viele Infografiken. Einige davon sagen, man soll weniger Fleisch essen oder mehr Fahrrad fahren. Hältst du dich daran?
Also ich esse so wenig Fleisch wie möglich, weil Fleisch so ziemlich das Böseste ist. Ich versuche auch viel mit den Öffis oder mit dem Fahrrad zu fahren. Das ist ja auch diese Doppelmoral, die uns stört: Dass Politiker sagen, wir müssen sparen, aber selbst mit dem dicken Mercedes vorfahren.

Glaubst du, dass der Großteil der österreichischen Wähler politisch zu ungebildet ist?
Ich glaube, dass das Interesse an Politik abgenommen hat, weil man sich nicht für etwas interessiert, wo nichts passiert. Ich würde es aber nicht verallgemeinern.

Was hat bisher in der Politik und in anderen Parteien gefehlt, so dass es euch gibt?
Wir wollen einfach etwas verändern. Und wir wollen etwas tun gegen dieses Nichtstun.

Gibt es einen Punkt, von dem du sagen würdest, dass sich der Wandel genau in dem von allem abgrenzt, das bisher dagewesen ist?
Prinzipiell kommen die Punkte, die uns wichtig sind, auch bei anderen Parteien vor. Aber die anderen Parteien haben ein festzementiertes System. Wir sehen auf diese Weise mehr Chancen etwas verändern zu können.
Außerdem finde ich, dass es bundesweit keine Partei gibt, die unsere politische Einstellung hat. Nicht einmal die Grünen sind bundesweit links. Sie sind eine Öko- und Antikorruptionspartei, was zwar wichtig ist, aber nicht unser Thema.

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Euer Wahlprogramm ist sehr dünn. Reicht das, um Politik zu machen?
Unser Wahlprogramm hat keine radikal neuen Ansichten. Das sind 15 Punkte, bei denen wir überzeugt sind, dass schon ein Konsens da ist, die leicht umzusetzen wären, um eine gerechtere Gesellschaft zu schaffen.
In unserem Grundsatzprogramm haben wir schon mehr Punkte ausgearbeitet, daran sitzen wir aber noch und das wird auch laufend erweitert. Unsere Idee ist, die Menschen wachzurütteln, wir erwarten nicht, ab Herbst in irgendeinem Kammerl zu sitzen und Weltpolitik zu machen.

Wirst du Passagen aus diesem Interview streichen, auch wenn du sie tatsächlich so gesagt hast?
Nein.

Mehr zur Nationalratswahl 2013:

So klein und schon Partei: Neos

So klein und noch Partei: BZÖ

Das A bis Z für Erstwähler