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Nationalratswahl 2013

So klein und schon Partei: SLP

Sebastian Kugler von der SLP erklärt uns im Interview, weshalb die etablierten Parteien scheiße sind und wann es in Österreich zu einer Revolution kommt.

Foto von Ohmyn0

Eigentlich dachten wir, unsere Interviewreihe "So klein und schon/noch Partei" sei mit Rebecca Sabau von der CPÖ abgeschlossen. Vor allem auch deswegen, weil wir, nachdem wir die Information erhalten haben, dass wir wohl in die Hölle kommen werden, alle etwas Trauerarbeit leisten mussten.

Doch dann bekamen wir doch noch eine Rückmeldung von der Sozialistischen Linkspartei, deren Mitglieder ihr vielleicht von Demonstrationen kennt, wo sie mit Megaphonen gegen die "Medienhetze" wettern oder mit fünf Polizisten am Rücken auf dem Boden liegen.

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Für sie hat uns Sebastian Kugler zwei Mal besucht, weil es so nett war (und weil die Aufnahme beim ersten Mal nicht funktioniert hat) und erzählt, weshalb die etablierten Parteien scheiße sind und wann es in Österreich zu einer Revolution kommen wird.

Foto: VICE Media Alps

Schon Bernhard Gaishofer von der KPÖ hat uns im Interview erzählt, dass die KPÖ ihre politischen Möglichkeiten wohl realistischer einschätzt, als es die SLP tut. Dem müssen wir zustimmen und wetten, dass ihr es nach diesem Interview auch tut.

Was wir auch einsehen müssen, ist, dass es um die linken Parteien in Österreich eher schlecht bestellt ist. Nicht, dass es sie nicht geben würde, nur gesellschaftsfähig sind sie tendenziell eher nicht. Das könnte natürlich auch weniger die Schuld der Parteien, sondern eher die der Gesellschaft sein, die in ihrer kapitalistischen Verrohung einfach jedes Feingefühl für die Gerechtigkeitsdenke von links verloren hat.

Oder aber es liegt daran, dass Parteien wie die SLP bei allem ungetrübten Optimismus in Wahrheit das gesamte System des Landes, in dem sie kandidieren, von Grundauf ablehnen und nach eigenen Angaben nur antreten, um Aufmerksamkeit auf ihre Anliegen zu lenken.

Lustig wäre ihr Einzug in den Nationalratauf jeden Fall; Verhaltensforscher würden sich zu Übungszwecken noch häufiger als bisher die Parlamentsübertragungen bei Hohes Haus anschauen.

VICE: Bestehst du darauf, dieses Interview autorisieren zu lassen?
Sebastian Kugler: Nachdem ich im Interview, das ich dem Falter gegeben habe, verwechselt wurde, wäre es nett, wenn ich es mir noch einmal durchlesen könnte. Aber ich bestehe nicht darauf.

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Erkläre uns in einem Tweet wofür eure Partei steht.
Widerstand, Solidarität, Sozialismus!

Wieso soll sich die Jugend für Politik interessieren?
Ich finde nicht, dass sich die Jugend für diese Politik interessieren sollte. Es wundert mich auch nicht, dass sie es nicht tut. Die Politik, die in Österreich gemacht wird, hat nichts mit der Lebensrealität der Jugend zu tun. Jugendliche sollten sich organisieren und für ihre Interessen kämpfen. Sie müssen das Bewusstsein entwickeln, dass es wichtig ist, sich selbst zu engagieren.

Was machen die etablierten Parteien falsch?
Sie sind alle Teil dieses kapitalistischen Systems. Sie machen alles falsch, indem sie sparen, Profite über Menschen stellen, abschieben und Rassismus schüren.

Hat Glaube Platz in moderner Politik?
Nein. Glaube ist Privatsache und hat in der Öffentlichkeit nichts zu suchen. Auch in Schulen nicht.

Bist du getauft?
Ich bin getauft, war sogar einmal Ministrant. Aber ich bin nicht mehr Mitglied der Kirche.

Mit welcher Partei würdest du eine Koalition eingehen und mit welcher nie?
Wir würden mit keiner der etablierten Parteien koalieren oder zusammenarbeiten. Unsere Koalitionspartner sind ArbeiterInnen bei MAN, die sich gerade gegen Kündigungen wehren, AktivistInnenen der Flüchtlingsbewegung und die LehramtsstudentInnen, die sich gerade für ein faires Lehrerdienstrecht einsetzen.

Ist Sebastian Kurz ein Vorbild für Jungpolitiker?
Ich weiß nicht, was an einer Mischung aus Staatsrassismus, bürgerlicher Abgehobenheit und Haargel vorbildlich sein sollte.

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Foto von Daniel Lobo

Redest du gerne über deine Arbeit? Erzählt man in Österreich gerne, dass man Politik macht?
Ich glaube nicht, dass ich Politiker bin. Also rede ich, wenn ich über Politik spreche, nicht über meine Arbeit. Ich führe aber oft politische Diskussionen in meinem Umfeld und ich habe auch gemerkt, dass meine politische Aktivität auch mein persönliches Umfeld politisiert. Es wird viel über Politik geredet, wenn ich im Raum bin und die Leute sind interessiert, was eigentlich der Sozialist dazu sagt.

Ihr fordert, dass niemand abgeschoben wird. Was wäre, wenn Assad in Österreich Asyl beantragen würde?
Generell fordern wir einen Abschiebestopp. Wir sind der Meinung, dass alle Menschen, die nach Österreich kommen, um sich ein neues Leben aufzubauen, auch das Recht haben sollen, hier bleiben zu dürfen und auch die selben Rechte haben sollen, wie jeder Österreicher. Diktatoren, die Verbrechen an der eigenen Bevölkerung begangen haben, sollte man nicht aufnehmen. Gerade diese Menschen bekommen in Österreich schnell Asyl, wie gerade der Polizeichef von Guatemala-City. Wir würden da genau mit dem umgekehrten Maß messen.

Was war das längste, das du jemals fortgegangen bist?
Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, aber das waren viele durchgemachte Nächte.

Welche Eigenschaft macht dich bei anderen wahnsinnig?
Die großen Vier: Rassismus, Sexismus, Homophobie und Antisemitismus.

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Würdest du dich als tolerant bezeichnen?
Ich bin intolerant gegenüber diesen vier Einstellungen. Ich bin intolerant gegenüber einem System, in dem 1% der Bevölkerung das gesamte Reichtum besitzt und 99% dafür arbeiten müssen. Die Frage von Toleranz gegenüber anderen Lebenseinstellungen oder Kulturen stellt sich mir nicht. Tolerant muss man nur gegenüber etwas sein, das einen eigentlich stört.

Welche historische Persönlichkeit bewunderst du am meisten?
Alle Menschen, die im Kampf für sozialen Fortschritt viel geopfert haben, die in revolutionären Bewegungen aktiv waren und ihr Leben lassen mussten. All die Menschen, die sich dafür eingesetzt haben, dass es einen Achtstundentag gibt, dass es gewerkschaftliche Rechte gibt, dass die Unternehmen mit uns nicht mehr umgehen können, wie sie es noch vor 100 Jahren konnten.

Das waren doch auch zu einem großen Teil Parteien und Politiker, die diese Dinge bewirkt haben.
Ja, natürlich. Es gab in der Geschichte großartige politische Formationen und Einzelpersonen. Die Bolschewistische Partei, die 1917 maßgeblich Anteil an der Russischen Revolution hatte und dann später von einer stalinistischen Clique gekidnappt wurde, zum Beispiel.

Welche historische Persönlichkeit verachtest du am meisten?
Ich verachte all die Menschen, die in Machtpositionen gesessen sind, sitzen und sitzen werden und damit ihre Privilegien bis aufs Blut verteidigen. Die bereit sind, über Berge von Leichen zu gehen, um dieses System zu schützen. Diese Menschen verachte ich bis aufs Blut.

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Das zählt auch für österreichische Politiker?
Ja. Ich verachte die gesamte FPÖ, die Wirtschaftskammer und die Industriellenvereinigung.

Foto: VICE Media Alps

Was ist dein Lieblingsschimpfwort?
Arschloch.

Welchen Beruf würdest du nie machen wollen?
PR-Berater für Frank Stronach. Oder auch CEO einer beliebigen Firma.

Wäre eine gemeinsame Linke unter anderem mit der KPÖ für euch eine vorstellbare Option für mehr Stimmen?
Wir haben der KPÖ für diese Wahlen, sowie die letzten Wahlen, ein Bündnis angeboten, das die KPÖ abgelehnt hat. Wir haben eine Reihe an politischen Kritikpunkten an der KPÖ, sie will eigentlich nur noch ins Parlament und das System mitverwalten, während wir das System stürzen wollen. Die KPÖ orientiert sich sozusagen nach oben, sucht Verbündete in anderen Parteien, während wir uns nach unten orientieren, uns an die Menschen richten, die bereit sind, zu kämpfen. Das hindert uns aber nicht an einer Zusammenarbeit. Es ist schade, dass die KPÖ nicht in Richtung einer neuen, breiteren Linken arbeitet, sondern auf ihrem Kurs bleibt und die Arroganz besitzt, den Anspruch zu stellen, die einzige linke Partei zu sein.

Ihr wollt das System stürzen. Ist das mitten in Europa im 21. Jahrhundert möglich?
Man muss sich nur ansehen, was momentan in Griechenland, Portugal oder Spanien passiert. Ich war letztes Jahr in Spanien bei zwei Generalstreiks, wo viele Millionen Menschen auf der Straße waren und die ganze Wirtschaft stillgestanden ist. Viele stellen sich die Frage, ob ein Umbruch möglich ist, aber man sieht, dass es möglich ist. Die Frage ist also nicht ob es möglich ist, sondern wann und wie. Die Sozialsituation wird sich in Europa radikalisieren; Österreich ist keine sichere Insel und wird auch von revolutionären Wellen erfasst werden.

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Bei den Demonstrationen gegen die Abschiebung der Flüchtlinge aus dem Servitenkloster habt ihr oft von Medienhetze gesprochen. Was meint ihr damit?
Das waren Medien, die auf verschiedenste Weise diese Flüchtlingsbewegung diffamiert haben. Diese Medienhetze wurde von Krone bis Standard von allen Zeitungen betrieben. Sei es durch plumpen Rassismus, wie es die Krone gemacht hat, oder die hinterlistige Weise, wie es der Standard getan hat, der ein Bild von Profi-Aktivisten gezeichnet hat, die Asylwerber für ihre Zwecke instrumentalisieren, selbst aber keine Ahnung haben, wie es in dieser Bewegung aussieht.

Welche Medien konsumierst du?
Ich versuche jeden Tag die Presse, Heute und Wiener Zeitung zu lesen. Know Your Enemy. Also ich beziehe meine Informationen natürlich auch aus den bürgerlichen Medien, weil ja nicht alles, was sie schreiben, erstunken und erlogen ist. Sie interpretieren ausgehend von empirischen Daten, diese Daten stimmen ja.

Ihr seid für die Verstaatlichung von Banken und Konzernen. Bedeutet das eine Zwangsenteignung von Aktionären und Eigentümern?
Ja, den Chefs wird ihr Geld weggenommen und sie werden enteignet. Allerdings wird das Unternehmen dann nicht in den österreichischen Staat, wie er derzeit ist, inkorporiert. Auch wenn ich nichts dagegen hätte, wenn die Schlüsselindustrie verstaatlicht würde. Wichtig ist für uns, dass es unter der demokratischen Kontrolle der Beschäftigten passieren muss. Das heißt, dass der Staat sich nicht als Privateigentümer aufspielt und dasselbe tut, sondern dass sich die Beschäftigten der einzelnen Industriezweige und Unternehmen organisieren und sich Betriebsübergreifend vernetzen, um die Wirtschaft auf demokratische Art zu kontrollieren.

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Bist du schon einmal festgenommen worden?
Ja, mehrere Male auf Demonstrationen.

Zerstörst du Plakate der FPÖ?
Ja.

Wie stehst du dazu, dass in einer Demokratie gewisses Gedankengut verboten ist?
Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Holocaustleugnung ist keine Gedankenfreiheit, sondern bewusste Geschichtsfälschung, um Nationalsozialistische Ideen wieder salonfähig zu machen. Das Wiederbetätigungsgesetz erschwert den Faschos aktuell die Arbeit, aber ich glaube nicht, dass das Gesetz der Weisheit letzter Schluss ist, wenn es um den Kampf gegen Faschismus geht.

Wirst du Passagen aus diesem Interview streichen, auch wenn du sie tatsächlich so gesagt hast?
Nein.

 Mehr Interviews zur Nationalratswahl 2013:

So klein und schon Partei: Neos

So klein und noch Partei: BZÖ

So klein und schon Partei: Der Wandel

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