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Was die Ereignisse von Orlando für die Regenbogenparade bedeuten

Die Schießerei von Orlando forderte 50 Tote, ein bewaffneter Mann konnte noch auf dem Weg zur LA Pride festgenommen werden. Muss man auf der Vienna Pride Angst haben?
torbakhopper | Flickr | CC BY 2.0

Mein erster Schwulenclub war das Why Not im ersten Wiener Gemeindebezirk. Ich war 19, frisch vom Land und der festen Überzeugung, ich wäre so, wie ich bin, ziemlich allein auf dieser Welt. Es war dort, als ich das erste Mal ein Gefühl von totaler Freiheit, Akzeptanz und Sicherheit empfunden habe. Ein Gay Club kann ein Ort der Zuflucht sein, ein Ort, an dem man sich beschützt fühlt, an dem man, ohne Angst vor Wertung oder Hass, man selbst sein kann. Am Wochenende mussten 50 Menschen, die glaubten, an diesem einen sicheren Ort zu sein, ihr Leben lassen.

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Die Schießerei im Schwulenclub Pulse in Orlando hinterlässt die Welt—besonders die Community—in einer Schockstarre. Je mehr Details öffentlich werden, je mehr letzte Nachrichten der Opfer an ihre Mütter auftauchen, je mehr Geschichten über klingelnde Handys an toten Körpern erzählt werden, desto größer wird auch der Frust, die Trauer, das Unverständnis für eine Tat wie diese.

Kurze Zeit nach der Schießerei konnte in Los Angeles ein weiterer Mann festgenommen werden—in seinem Auto wurden zahlreiche Waffen und Sprengstoff gefunden, er befand sich gerade auf dem Weg zu einem Gay-Pride-Festival. Verbindungen zu Orlando sind bislang nicht bekannt. All das passiert Anfang Juni—dem Monat, der international als "LGBT Pride Month" zelebriert wird.

Am kommenden Samstag zieht auch in Wien die Regenbogenparade zum 21. Mal über die Ringstraße, zwei Tage davor wird vor der Votivkirche der Regenbogenpark eröffnet. Die jüngsten Geschehnisse aus Orlando und Los Angeles werfen ihre Schatten auf die bevorstehende Vienna Pride, auch wenn sie örtlich weit entfernt liegen. Und obwohl Angst nicht die Lösung ist, wird dieses Jahr zumindest ein mulmiges Gefühl mitschwingen. Weil man die 50 Menschen nicht einfach so ausblenden kann.

Johannes ist einer der jahrelangen Besucher der Regenbogenparade und sieht dem Umzug mit gedrückter Stimmung entgegen: "Homosexualität und die damit verbundenen Rechte und Freiheiten symbolisieren das, was die westliche, demokratische Welt verkörpert. Diese Freiheiten und Rechte—unsere Lebensweise und Aufgeklärtheit—scheinen das wesentliche Ziel des islamistischen Terrorismus zu werden. Gerade die Regebogenparade ist ein solches Symbol." Hingehen wird er trotzdem.

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Foto: Thomas Koller

Die Homosexuelle Initiative Wien, die die Regenbogenparade organisiert, steht bereits in Kontakt mit der Polizei. Eine "Neubewertung der Sicherheitsstufe", so HOSI-Obmann Christian Högl, sei durchzuführen—eine Absage der Parade stehe jedoch nicht im Raum.

Zwar wurde der Schütze im Nachhinein vom IS öffentlich gelobt und als "Soldat des Kalifats" bezeichnet, jedoch sei das grundlegende Szenario laut Högl in Österreich ein anderes: "Im konkreten Fall war es kein islamistischer Terror, sondern die Tat eines verrückten Schwulenhassers." Ignoriert werden die Ereignisse jedoch nicht. "Die Betroffenheit ist natürlich da, das waren unsere Leute, und das wird sich sicherlich auch in der Gestaltung der Parade niederschlagen."

So wird zum Beispiel der Moment des Gedenkens—eine vorbereite Durchsage, während der die Parade für gewöhnlich stillsteht und an die Opfer von AIDS und Hassverbrechen erinnert—in diesem Jahr kurzfristig adaptiert, um zusätzlich jenen Tribut zu zollen, die in Orlando ihr Leben lassen mussten. Weiters wird es im Regenbogenpark eine Gedenkstätte geben.

In Anbetracht der Umstände wird diese Regenbogenparade vielleicht nicht die sorgloseste, aber gerade weil diese Dinge passieren, ist es dieses Jahr so wichtig, hinzugehen. Wir dürfen uns jetzt nicht wegen der Menschen, die in Orlando gestorben sind, verstecken. Wir müssen umso lauter sein.

Franz auf Twitter: @FranzLicht


Header: torbakhopper | Flickr | CC BY 2.0