FYI.

This story is over 5 years old.

News

Morgen demonstriert in 15 Städten das ‚Who is Who‘ des europäischen Rassismus

Pegidas neue Freunde. Der Extremismus-Atlas für Europa.
Pegida-Demonstrant in Prag. Foto: imago | Future Image

Europa rückt zusammen—nur nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. Aus dem Treffen der Pegida-Organisatoren Lutz Bachmann und Tatjana Festerling mit fremdenfeindlichen Organisationen aus 14 europäischen Staaten am 23. Januar in Prag ist nicht nur ein „Prager Deklaration" genanntes DIN-A4-Blatt hervorgegangen, sondern auch ein konkreter Plan: Unter dem Titel „Festung Europa - Fortress Europe" sollen am Samstag die ersten „europaweiten" Demonstrationen gegen Flüchtlinge, Islamisierung und die europäische Politik stattfinden. Seitdem haben sich noch weitere Länder angeschlossen, und so muss man wohl damit rechnen, dass es in 15 Ländern zu Kundgebungen kommen wird—auch wenn es sich in manchen Ländern wohl eher um ein größeres Stammtischtreffen handeln wird.

Anzeige

Die Hauptdemonstration ist nach wie vor in Dresden am Königsufer um 15 Uhr. Via Videoleinwand und per Liveschaltung sollen sich allerdings internationale Gastredner in ganz Europa miteinander verbinden können. Pegida spricht auf Facebook von einem „riesigen technischen Aufwand". Lutz Bachmann spricht in Dresden, Siegfried Bräwitz in Bratislawa und Tatjana Festerling in Warschau. Dazu kommen international viele weitere Redner aus den sich zusammengeschlossenen Groß-, Klein- und Kleinst-Gruppierungen.

Für Pegida-Fans soll das also ein großer Tag werden. Lorenzo Fontana, italienischer EU-Abgeordneter der rechtspopulistischen Partei Lega Nord, schwärmte von Pegida in der Sächsischen Zeitung als „das neue Europa, das erwacht".

Wie wichtig ist dieser Zusammenschluss wirklich? Um das herauszufinden, haben wir uns mithilfe der anderen europäischen VICE-Redaktionen die einzelnen Parteien und Organisationen näher angeschaut. Was sind das für Leute, wie groß ist ihr Einfluss wirklich und wie gefährlich können die Parteien werden? Ein Überblick in alphabetischer Reihenfolge.

Bulgarien

Organisation: Pegida Bulgarien
Ort: Sofia

Bulgarien hat in der EU mit 13 Prozent den höchsten Anteil von Muslimen an der Bevölkerung—und gleichzeitig seit vielen Jahrzehnten ein starkes Problem mit Rechtsradikalen (worunter vor allem die Roma zu leiden haben). Aber obwohl es in Bulgarien genug Leute gibt, die Angst vor Muslimen haben (im Frühjahr 2014 zum Beispiel haben einige hundert von ihnen eine Moschee gestürmt), scheint die Pegida-Bulgarien-Demonstration kaum Zuläufer zu finden. Zwar zeigt die Facebook-Veranstaltung ein blutüberströmtes, blondes Mädchen, das laut Titel „Opfer einer muslimischen Massenvergewaltigung" gewesen sein soll, trotzdem nehmen gerade mal 110 Personen daran teil.

Anzeige

Dänemark

Organisation: For Frihed
Ort: Kopenhagen

For Frihed („Für die Freiheit") ist der Nachwuchs von Pegida Denmark, das sich im Frühling 2015 aufgelöst hat. Der Grund für die Auflösung waren mehrere gewalttätige Ausschreitungen und ein hoher Anteil von Neonazi-Sympathisanten auf Demos, zu denen trotzdem im Durchschnitt immer nur um die 40 Leute kamen.

Das Oberhaupt von For Frihed ist der ehemalige Wortführer von Pegida Denmark, Nicolai Sennels. Die Hauptziele der Bewegung sind die „Gleichberechtigung von Mann und Frau" und die Bekämpfung einer angeblich steigenden Islamisierung, welche laut Sennels langsam, aber stetig in Dänemark anwächst. Die Gruppierung wird oft als islamophob und rassistisch eingestuft, auch wenn Nicolai Sennels diese Behauptungen abstreitet. Gleichzeitig behauptet er, dass der Islam im Kern eine antidemokratische Ideologie mit wenig Respekt für die Menschenrechte sei.

Chris Holsted Larsen, Extremismus-Forscher an der Universität Roskilde, erklärte VICE, dass Pegida Denmark und For Frihed prinzipiell ein und dieselbe Organisation seien, da viele Mitglieder der abgeschafften Pegida mittlerweile bei vielen Aktivitäten von For Frihed beteiligt sind.

Nach Larsen hat For Frihed aber kaum Anhänger, weil die rechte Dänische Volkspartei sowieso schon die zweitgrößte politische Partei im heutigen Dänemark darstellt und verunsicherten Dänen ein rechtes, islam-skeptisches Sprachrohr anbietet. Das reduziert natürlich die Rekrutierungsmöglichkeiten von For Frihed.

Anzeige

England

Tommy Robinson. Foto: imago | Future Image

Organisator: Pegida UK
Ort: Birmingham

England steht an diesem Wochenende in Birmingham die erste Pegida-UK-Demonstration des Landes bevor. Es ist allerdings das zweite Mal, dass eine Gruppe mit Namen „Pegida UK" ihre „erste" Demo abhält, denn es gab bereits aus verschiedenen Teilen der rechtsradikalen Ecke den Anspruch auf den Namen der Bewegung, um den öffentlichkeitswirksamen Erfolg der Deutschen Pegida nach England zu holen. Beim letzten Mal, als Pegida UK die erste Demonstration abhielt, kamen gerade mal 375 Menschen nach Newcastle.

Der neuste Streich wurde vor allem von Tommy Robinson organisiert. Früher war er der Führer der English Defence League, dem englischen Pendant zur deutschen NPD. Nachdem er wegen Hypothekenbetrugs ins Gefängnis musste, stieg er aus der EDL aus.

Jetzt ist er als Berater von Pegida UK zurück, von der er sich dieselbe Strahlkraft wie einst bei der EDL erhofft—nur etwas familienfreundlicher und mit weniger brutaler Gewalt. Leider startete Pegida UK eher schlecht, als ihr Anführer, ein Ex-Soldat namens Timothy Scott, direkt nach seinem ersten katastrophalen Auftritt in der Öffentlichkeit die Flinte gleich wieder ins Korn warf.

Als neue Führer haben sich Paul Weston und Anne Marie Walters erwiesen. Weston ist ein früherer EDL-Verbündeter und Walters eine ehemalige Kandidatin für die Anti-EU-Partei United Kingdom Independence Party (UKIP).

Es bleibt spannend, ob Pegida UK überhaupt Erfolg haben wird. Das Vereinigte Königreich hat eine stark zunehmende, rechtsextreme Straßenbewegung und mittlerweile werden auch rassistische Flaggen gehisst—während die etwas „respektableren" Islamophoben und Flüchtlingshasser die UKIP unterstützen. Vielleicht nicht ganz überraschend in einem Land, dessen Preminerminister Flüchtlinge schon mal als „einen Haufen Migranten" bezeichnet.

Anzeige

Estland

Organisator: Eesti Konservatiivne Rahvaerakond (EKRE)
Ort: 15 Veranstaltungen in ganz Estland

Die rechtspopulistische Estnische Partei der Konservativen (EKRE) hat eine euroskeptische Grundhaltung und versucht, die Politik Estlands gegenüber Russland zu verschärfen. Vor allem aber spricht sie sich trotz einer sinkenden Geburtenrate strikt gegen Einwanderung aus. So kommentierte der Parteivorsitzende Mart Helme die Debatte 2013 mit den Worten: "If you're black, go back. As simple as that." Nach einer anschließenden Umfrage der auflagenstärksten Tageszeitung des Landes Postimees stimmten ihm von 12.000 Teilnehmern 70% zu.

In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu Kritik durch nationalistische Aussagen seitens der Partei. So berichteten estnische Medien über einen Blog-Eintrag des Partei-Repräsentanten Jaak Madison, in dem er die Wirtschaftspolitik des Nazi-Regimes verteidigte. Auch die Jugendorganisation der Partei Blue Awakening wurde 2014 und 2015 für Parolen wie „Estland den Esten!" auf eigens organisierten Fackelzügen stark kritisiert.

Bei den Parlamentswahlen im vergangenen März erreichte die Partei 8,1% und zog somit erstmals mit sieben Sitzen in das estnische Parlament ein. In Estland gibt es also wahrscheinlich Potenzial für Pegida.

Finnland

Keine konkrete Organisation
Ort: Helsinki und Seinäjoki

Auch wenn es keine konkrete Organisation zur „Festung Europa"-Demonstration in Helsinki und Seinäjoki (eine abgelegene Stadt an der Grenze zu Russland, die für Neonazi-Umtriebe bekannt ist) gibt, sprechen die zur Demonstration angekündigten Redner eine eindeutige Sprache. Neben dem estnischen EKRE-Parteimitglied Jaak Madison (oben schon vorgestellt) tritt auch die Finnish Defence League auf. Das erklärte Hauptziel der FDL ist die Verteidigung der Menschenrechte—zum Beispiel, indem Finnland seine Grenzen für Muslime schließt. Wie in Estland haben diese radikalen Gruppen aber das Problem, dass es mit der Basisfinnen (PERUS) bereits eine starke rechtspopulistische Partei im Parlament gibt, die den richtig Extremen das Wasser abgräbt.

Anzeige

In den letzten Monaten häuften sich dazu „Soldiers of Odin"-Bürgerpatrouillen, die ihren Einsatz mit dem Schutz der Bevölkerung vor Einwanderern rechtfertigen (als Gegenbewegung haben sich prompt die „Loldiers of Odin" gegründet, die sich als Clowns verkleidet und mit abgewandelten Parolen den Rechten regelmäßig in den Weg stellen).

Frankreich

Organisator: Pegida France
Ort: Bordeaux, Montpellier, Saint-Brieuc

Pegida France wurde im Januar 2015 von dem Schriftsteller Renaud Camus gegründet. Camus' Thesen haben großen Einfluss auf die Ideologie Marine Le Pens—besonders das Werk Le grand remplacement („Der große Bevölkerungsaustausch"), in dem er eine muslimische Invasion Frankreichs prognostiziert. 2014 erhielt er für seine rassistischen Äußerungen eine Geldstrafe von 4.000 Euro.

Pegida France wird als die gefährlichste und einflussreichste der vielen kleinen rechtsradikalen Bewegungen in Frankreich angesehen. Sie sind gegen Einwanderung, Multikulturalität und Juden. Dennoch stellen sie nur einen kleinen Teil der französischen rechten Bewegung dar—Marine Le Pens Front National ist zu stark.

Irland

Organisator: Identity Ireland
Ort: Dublin

Die seit Juli 2015 bestehende, bisher unregistrierte Kleinpartei Identity Ireland strebt die Unabhängigkeit Irlands von Großbritannien an und ist am rechten Rand angesiedelt. Neben der Wiedereinführung des irischen Pfunds unterstützt die Partei aus Sorge vor Masseneinwanderung zudem schärfere Grenzkontrollen. Der Parteiführer und arbeitslose Grundschullehrer Peter O'Laughlin behauptet, dass 90% der in Irland Asylsuchenden Wirtschaftsflüchtlinge seien. Diese Aussage verhalf ihm zu einer Rede auf der ersten Pegida-Demonstration 2016 in Dresden. Im selben Monat wurde die Partei für einen Facebook-Post kritisiert, in dem sie dazu aufforderte, den Vertreter des Islamic Cultural Center in Dublin in die irische See zu werfen.

Anzeige

Italien

Organisator: Lega Nord
Ort: Fällt aus

Auch wenn die rechtspopulistische und fremdenfeindliche Lega Nord zu den Mitbegründern der „Festung Europa"-Koalition gehört, ist uns keine geplante Demonstration in Italien bekannt. Die italienische Flagge hat Pegida sich trotzdem in ihr Banner gepappt.

Litauen

Organisator: Nacionalinis Interesas
Ort: Vilnius

Die nationalistische Klein-Gruppierung Nacionalinis Interesas (ja, das ist wirklich ihr Logo) hat in einer Online-Petition 24.000 Stimmen gegen „erzwungene Migration" gesammelt. Dabei wurden von 32.000 Personen, die im Jahr 2015 in Litauen Asyl beantragt haben, 20.000 wieder abgeschoben. Zeitgleich verringert sich die Bevölkerung mit dem Ende der Sowjetunion 1990 stetig, da junge Litauer oft bessere Chancen im Ausland sehen. Die gesammelten Unterschriften aus der Online-Petition möchte Nacionalinis Interesas zur „Festung Europa"-Demonstration am 06.02.2016 als 30 Meter langes Band in Vilnius präsentieren. Jedoch hat die Veranstaltung auf Facebook bislang gerade mal 18 Zusagen—und laut Facebook-User Vitalijus Balkus fehlt auch noch ein Megafon …

Niederlande

Organisation: Pegida Netherlands
Ort: Amsterdam

Diesen Samstag protestiert Pegida Netherlands direkt im Zentrum von Amsterdam. Die erste Demonstration hielt PN am 11. Oktober 2015 in Utrecht ab, welche in kleineren Straßenkämpfen und Prügeleien mit niederländischen Antifa-Demonstranten endete. Unter den Sprechern waren Lutz Bachmann und Raffie Chohan, der Gründer der Dutch Defense League. In ihrer Rede erklärte Chohan, Muslime sollten „gehasst und verachtet" werden. Und zwar aus biologischen Gründe: „Der massive Inzest, der innerhalb der islamischen Kultur stattfindet, führt zu irreparablen Schäden unter Muslimen. Die Inzest schädigt die Intelligenz und die Gesundheit des Muslimen sehr."

Anzeige

Pegida-Proteste in anderen niederländischen Städten führten ebenso wie die Demonstration in Utrecht zu kleineren Gewalttaten, jedoch gab es bislang keine größeren Ausschreitungen. Die Niederländer sind verängstigt, dass sich dieser Umstand am Samstag ändern könnte, da Gegendemonstrationen in gerade mal 300 Meter Luftlinie zur Pegida-Demo stattfinden.

Österreich

Organisator: Pegida Österreich
Ort: Graz

Während in Tschechien die internationalen Nationalen am Samstag ihre Identitäten für einen gemeinsamen Aufmarsch vermengen, findet in Graz eine Solidaritäts-Demo der österreichischen Pegida statt. Die Veranstaltung richtet sich laut Facebook „gegen unkontrollierte Einwanderung und den Import fremder Gewalt". Angekündigt sind dafür Redner aus Österreich und Deutschland.

Ihre erste Kundgebung hatte Pegida Österreich am 2. Februar 2015 in Wien. Bereits einen Tag später gab es die ersten Anzeigen wegen Verstoß gegen das Nazi-Verbotsgesetz und einen desaströsen Auftritt des damaligen Pegida-Sprechers Georg Nagel, der im Fernsehen eigentlich erklären wollte, was schiefgelaufen war, dabei aber seinen eigenen Rücktritt einläutete. Seither hat Pegida in Österreich keine nennenswerte Größe mehr und nie wieder eine (demokratiepolitisch) kritische Masse erreicht.

Das könnte allerdings auch daran liegen, dass es hierzulande mit der Freiheitlichen Partei eine rechtsextreme Gruppierung gibt, die mit einem Drittel der Wählerstimmen längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Ganz aus der Welt ist Pegida aber trotzdem nicht: Beim Akademikerball der deutschnationalen Burschenschaften, wo jedes Jahr rechte Vertreter aus ganz Europa eingeladen sind, war diesmal Lutz Bachmann unter den Gästen—der seine Ehre und Rührung auf Facebook kaum verbergen konnte.

Anzeige

Polen

Organisation: Ruch Narodowy
Ort: Warschau

Was auf Deutsch „Nationale Bewegung" bedeutet, gründete sich als rechtsextreme politische Organisation vor vier Jahren. Dank einer Kooperation mit der systemkritischen Partei Ruch Kukiza sitzt die Nationale Bewegung nun mit fünf Sitzen im polnischen Parlament.

Bezugnehmend auf die mittlerweile illegale faschistische Bewegung Falanga, die vor allem in den 1930ern in Polen aktiv war, baut sich Ruch Narodowy ihr Programm: Das gegenwärtige System Polens wird als kommunistisch und unfrei angesehen und der Austritt aus der EU ist neben der Umwandlung Polens in einen christlichen Religionsstaat das Hauptziel. Ruch Narodowy zählt mittlerweile über 160.000 Likes auf Facebook—zur Demonstration haben bislang knapp 2.900 Personen zugesagt.

Schweiz

Organisator: Pegida Schweiz
Ort: Nirgendwo

Pegida wird in der Schweiz vor allem mit einer Person in Verbindung gebracht: Ignaz Bearth. Bearth hilft schon mal den ungarischen Rechtsextremen von Jobbik beim Straßenwahlkampf oder versucht mit der selbst gegründeten Direktdemokratischen Partei Schweiz bei nationalen Wahlen sein Glück—und scheitert mit einem Stimmenanteil von 0,1 Prozent kläglich. Seit gut einem Jahr macht sich Bearth zudem in der deutschen Pegida-Bewegung einen Namen, wo er vielfach neben Lutz Bachmann in Mikrofone spricht. Dementsprechend bekommt er auch in Prag seinen Slot am Rednerpult. Dort möchte er laut seiner Facebook-Seite—deren Likes, auf die er sehr stolz ist, er wohl größtenteils gekauft hat—über „Europäische Solidarität" sprechen.

Anzeige

In der Schweiz selbst konnte Pegida nie wirklich Fuß fassen, das dürfte sie vor allem der rechtspopulistischen SVP verdanken. Aufmerksamkeit bekam Pegida hierzulande vor allem, als die Anhänger im Sommer 2015 bei einem unbewilligten Protest gegen den Islamischen Zentralrat der Schweiz zuerst von Passanten vertrieben und danach von Vermummten verprügelt wurden.

Slowakei

Odvaha - Veľká národná a proruská koalícia
Ort: Bratislawa

Die nationalistische und pro-russische Partei Odvaha ist so klein, dass sie bei den Umfragen zur Parlamentswahl in der Slowakei im März 2016 nur unter „Sonstige" auftaucht. Odvaha, Slowakisch für „Mut", spricht sich in ihrem Partei-Programm strikt gegen die Sanktionen der EU gegen Russland und für eine Wiederherstellung einer starken russischen Kooperation aus. Auch wenn die Partei zu den ersten Unterzeichnern der Prager Erklärung zur Festung Europa gehört, hat die von der Organisation beworbene Facebook-Veranstaltung zur dortigen Demonstration gerade mal 400 Zusagen.

Tschechien

Marek Cernoch von der „Morgendämmerung" | Foto: imago | CTK Photo

Organisator 1: Úsvit - Národní Koalice
Ort: Prag

So wie viele deutsche Ortsnamen auf -burg enden, haben viele rechtspopulistische Parteien in Ost-Europa die „Morgendämmerung" im Namen. Úsvit—Národní Koalice, zu Deutsch „Morgendämmerung der nationalen Vereinigung", gehört dazu. Auffallend im Wahlkampf der Partei sind vor allem immer wieder EU-feindliche Aussagen und klare Aufforderungen an die tschechische Minderheit der Roma, sich in Indien durch die Gründung eines eigenen Staats eine neue Heimat zu suchen.

Anzeige

Bei den Parlamentswahlen 2013 erhielt die junge Partei 6,88 % und einige wenige Sitze, scheiterte jedoch 2014 mit 3,12% am Einzug ins Europäische Parlament. Was unter anderem zum Scheitern geführt haben könnte: Parteigründer Tokio Okamura leugnet die Existenz des KZ Lety und damit einhergehend den Porajmos—den Völkermord der Roma im nationalsozialistischen Reich. Zudem rief Okamura Anfang 2015 über Facebook zu einem Boykott von Muslimen auf und schlug außerdem vor, „Hunde und Schweine" in der Nähe von Moscheen spazieren zu führen.

Organisator 2: Blok proti islám

Was auf Deutsch in etwa „Islam blockieren" bedeutet, ist ein Pegida-ähnlicher Ableger mit dem Ziel, „die Islamisierung zu stoppen und Freiheit, Werte und Tradition zu schützen". Bekannteste Figur innerhalb der Gruppierung ist Martin Konvička—Islamkritiker und Professor am Institut für Insektenkunde der Südböhmischen Universität in Budweis. Er ist Spezialist auf dem Gebiet der Schmetterlingskunde.

Wenn er es könnte, würde Konvička gerne Muslime in Konzentrationslagern vergasen lassen. Kann er aber nicht. Auch wenn er für diese und andere vielfältige, rassistische und islam-feindliche Aussagen gerade angeklagt wurde und ihm eine dreijährige Haftstrafe droht, tritt er dennoch in diesem Jahr bei den Regionalwahlen in der südböhmischen Region Tschechiens für die Partei Úsvit an.

Währenddessen erfreut sich seine Organisation auf Facebook einem regen Zulauf und hat mit momentan knapp über 35.000 Likes die Partei-Seite der Úsvit überholt. Auch die Facebook-Veranstaltung für Tschechien ist eine der größten: 2.600 Menschen wollen am Samstag auf die Straße gehen, über 500 sind interessiert.

Australien*

Foto: Julian Morgans

Organisator: Reclaim Australia Rally
Ort: Canberra

Wieso sollte der Kontinent Australien mit seiner Flagge auf dem Facebook-Flyer der europäischen Festung Europa-Demonstration auftauchen? Wir wissen es auch nicht genau—er tut es aber.

Das hängt mit einer Geiselnahme zusammen: Im Dezember 2014 verbarrikadierte sich ein Islamist mit 18 Geiseln in einem Café in Sydney. Beim anschließenden Befreiungsversuch der Polizei wurden er und drei Geiseln getötet.

Die 2015 als Reaktion gegründete Bewegung Reclaim Australia Rally, die zum Samstag eine Demonstration in Canberra plant und im ständigen Austausch mit der deutschen Pegida ist, richtet sich gegen die Islamisierung Australiens und ist klar rechts einzustufen. Es werden mehrmals im Jahr Demonstrationen veranstaltet, auf denen die Einschränkung der kulturellen Identität Australiens durch Immigranten aus dem islamischen Raum angeprangert wird.

Häufiger Begleiter dieser „Freiheits-Demonstrationen" sind Mitglieder der United Patriots Front, eine noch eindeutiger rechtsradikale Organisation. Dabei ist die Befürchtung einer Islamisierung Australiens bei einem muslimischen Bevölkerungsanteil von 2,2 Prozent weitestgehend unbegründet—dafür lag die Arbeitslosenquote im Jahr 2015 bei 6,27% und ist damit die höchste in den vergangenen zehn Jahren.

*Australien fängt zwar mit A an, aber gehört halt wirklich nicht zu Europa, deshalb musste es ans Ende.