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Die Meisterdiebe der Pink Panther und ihre weltweiten Raubzüge

Wir sprachen mit dem griechischen Ermittler, der kürzlich einen Teil des weltweit agierenden Verbrechersyndikats hat hochgehen lassen.

Die jährliche Pink Panther-Konferenz von Interpol (Foto mit Genehmigung von Interpol; alle anderen Fotos von den Autoren)

Die Theorien zur Gründungsgeschichte der Pink Panther sind zahlreich. Das internationale Netzwerk von Juwelendieben, das Interpol nach den Panthern aus dem Inspektor-Clouseau-Film benannt hat, besteht vermutlich vor allem aus Serben und Montenegrinern. Dementsprechend besagt eine der Theorien, dass die Bande Anfang der 90er Jahre im Balkankonflikt von serbischen Kämpfern gegründet wurden. Man sagt, dass einige Gründungsväter des Netzwerks den ,Arkan Tigers‘ angehörten, eine paramilitärische Gruppe, die durch den serbischen Berufsverbrecher „Arkan“ kontrolliert wurde und für Massaker in Bosnien beschuldigt wurde. Nachdem sie sich in der Miliz kennengelernt haben, haben sie sich angeblich auf einen Diebeszug durch Europa gemacht und das durch den Schmuck erbeutete Geld in den Kampf ihrer Landsleute investiert. Seit seinen Anfängen soll das Netzwerk 370 Raubüberfälle durchgeführt und Juwelen im Wert von 370 Millionen Euro erbeutet haben.

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Bei diesen Zahlen handelt es sich natürlich um reine Spekulationen, da es schwierig ist, endgültige Angaben über die geheime Organisation zu machen. Worüber sich jedoch alle einig sind, ist die Tatsache, dass es sich um eine äußerst organisierte und professionelle Gruppe von Individuen handelt. Das Netzwerk, das in 35 Länder aktiv sein soll, ist so erfolgreich, dass Interpol ihm eine Spezialeinheit gewidmet hat, die sich jedes Jahr zu einer eigenen Konferenz versammelt, um Informationen auszutauschen, Aktionen zu koordinieren und zu diskutieren, wie man am besten mit den legendenumwobenen Pink Panthers umgeht.   In Griechenland hat die Einheit für Eigentumsdelikte (YDEZI) seit 2007 drei Gruppen von Panthern aufgegriffen. Die letzten Verhaftungen fanden am 3. März statt, als vier serbische Männer aufgegriffen wurden, die im letzten Jahr in 30 Geschäfte eingebrochen sind, bei denen es sich in den meisten Fällen um Juweliergeschäfte handelte.

Einige der gestohlenen Gegenstände, die nach der letzten Pink-Panther-Verhaftung von der YDEZI beschlagnahmt wurden

Wir haben mit George Papasifakis gesprochen, einem Mitarbeiter der YDEZI, der an der Verhaftung beteiligt war. Auf den Tischen der YDEZI-Hauptverwaltungen häufen sich Golduhren, Juwelen und Mobiltelefone, die darauf warten, von ihren ursprünglichen Besitzern abgeholt zu werden. Unter dem Beweismaterial, das von der Polizei gesammelt wurde, befindet sich jene Ramme, die die Panther in „schwierigen“ Fällen eingesetzt haben. „Wir haben einen wechselseitigen Respekt voreinander“, sagte Papasifakis. „Wir ,honorieren‘ ihre Arbeitsweise—ihre Organisation, ihre Schnelligkeit und ihre Fähigkeit, uns zu entwischen. Genauso geben sie, wenn wir sie gefasst haben, zu, dass wir gute Arbeit geleistet haben.“ Papasifakis hat gegen Pink Panther Gruppen ermittelt, die in den letzten Jahren in Griechenland aktiv waren. Die letzten Verhaftungen sind größtenteils ihm und seinem erfahrenen Ermittlungsteam zu verdanken.

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Gestohlene Handys, die nach der letzten Verhaftung von der YDEZI gesichert wurden

„Alle, die in Griechenland verhaftet wurden, haben im ehemaligen Jugoslawien gekämpft, und dies ist eine Art, einen Zusammenhalt herzustellen“, sagte Papasifakis, bevor er erklärte, was er und sein Team über die Operationen der Pink Panther herausgefunden haben. „Die kriminelle Organisation hat eine geläufige Vorgehensweise, die drei Phasen umfasst: die Vorbereitung, das Eindringen und die Flucht.“ „Am Anfang observieren die Panther den Ort, indem sie sich als Kunden ausgeben. Dann stehlen sie Autos aus den 90ern, die über keine elektronischen Diebstahlsicherungen verfügen und benutzen improvisierte Einheitsschlüssel—auch bekannt als ,Polish Keys‘—was übrigens ihr Markenzeichen ist. Und schließlich brechen sie mit der Rammbock-Methode in die Geschäfte ein.“ „Sie haben aber auch andere Methoden angewendet, um in die Geschäfte zu gelangen. In weiteren Fällen haben sie Gurte, Drähte oder Kletterseile benutzt, um die Türen aufzuziehen. Die Autos lassen sie dann normalerweise stehen und flüchten auf Motorrädern, nachdem sie sich teure Uhren und Schmuck geschnappt haben.“

Gestohlene Armbanduhren, die nach der letzten Pink-Panther-Verhaftung konfisziert wurden

Den Erkenntnissen von Papasifakis und seinem Team zufolge ist es schwierig, die Verfahren der Panther genau einzukreisen, da es keine zentrale Kontrollstruktur gibt, die Befehle darüber erteilt, wie Dinge erledigt werden sollen. Im Gegensatz zu vielen Verbrechersyndikaten, bei denen sich ein Anführer an der Spitze der Machtpyramide befindet, operieren die Pink Panthers in Zellen, die ihre Geschäfte unabhängig voneinander abwickeln—ähnlich wie al-Qaida und dessen internationale Ableger. Gleichwohl haben Raubüberfälle der Pink Panther bestimmte Gemeinsamkeiten—allen voran die, dass die Diebe, nachdem sie ein Geschäft oder einen Juwelierladen betreten haben, genau wissen, wo sie hingehen müssen und was zu tun ist. Ein durchschnittlicher Überfall der Pink Panther dauert bis zu 60 Sekunden; sie entscheiden im Vorhinein, was sie wollen, und verschwinden dann so schnell wie sie kamen. Ich habe Papasifakis gefragt, wie neue Mitglieder geschult werden. „Das weiß niemand so genau“, antwortete er. „Irgendjemand zieht vor Ort in Serbien definitiv die Fäden und irgendjemand ist dafür verantwortlich, jüngere Mitglieder einzuführen und auszubilden. Viele fragen sich, ob das Ganze etwas mit Patriotismus zu tun hat, aber das kann niemand  mit Sicherheit sagen. Meiner Meinung nach ist es wahrscheinlicher, dass sie sich gegenseitig beeinflussen, sich gegenseitig nachahmen und die Tricks des Geschäfts lernen.“

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Beweismaterial, das die YDEZI nach der letzten Verhaftung sichergestellt hat

Die Mitglieder der Panther scheinen den Überfällen mit dem gleichen Ansatz gegenüberzustehen: „Sie ziehen es vor, nüchtern zu sein, um sicherzustellen, dass sie die vollständige Kontrolle über ihre Bewegungen haben“, sagte Papasifakis. „Während eines Einbruchs tragen sie nie Waffen. Generell versuchen sie, die Risiken dadurch zu verringern, dass sie Autos aus verschiedenen Vierteln klauen, ihre Handys wegwerfen und ein generell ruhiges Leben führen.“ „Nur die erste [2007 verhaftete] Gruppe ,prahlte‘—ihre Mitglieder wohnten in noblen Hotels in Glyfada [einem reichen Viertel im Süden Athens], fuhren in teuren Mietwagen durch die Gegend und gaben viel Geld für ihre äußere Erscheinung und Aktivitäten aus.“ Über den Fall berichtete die griechische Presse damals ausführlich, was der Tatsache zu verdanken war, dass Olia Cirkovic—eine serbische Basketballspielerin, die in den 90ern für eine beliebte griechische Mannschaft spielte—an dem Überfall beteiligt war. Die „Spider-Woman“, wie sie im Anschluss an den Raubzug genannt wurde, war dafür verantwortlich, den Ort im Vorhinein zu inspizieren, bevor sie mit ihren Partnern ans Werk ging. Sie tauchte noch einmal in der Presse auf, als sie 2011 aus dem  Gefängnis von Korydallos ausgebrochen und vier Monate später wieder gefasst worden war.

Ein Flyer für die diesjährige Interpol-Konferenz über die Pink Panther zwischen gestohlenen Gegenständen, die bei der letzten Verhaftung von der YDEZI gesichert wurden

Diejenigen Panther, die im März dieses Jahres gefasst worden sind, waren weit vorsichtiger als Cirkovic und ihre Partner. Papasifakis zufolge hatte die Gruppe viel Mühe darauf verwendet, nicht identifiziert und gefangen genommen zu werden. Sie verwendeten gefälschte Pässe, gefälscht Personalausweise sowie gefälschte Führerscheine und kommunizierten untereinander mit „Geistertelefonen“, mit Handys also, die unter falschen Namen registriert waren. Ich fragte Papasifakis, wie es seinem Team trotz all dieser Schutzvorkehrungen gelingen konnte, die Panther ausfindig zu machen. „Kein Verbrechen ist perfekt“, sagte er. „Wir nehmen sie genau unter die Lupe. Irgendwann machen sie einen Fehler und unsere Pflicht besteht darin, da zu sein, wenn das passiert. Bei unseren letzten Ermittlungen trug einer der Täter ein Dokument mit einem Foto und persönlichen Informationen bei sich. Das Foto war echt, aber der Name auf dem Dokument war gefälscht. Wir fingen an, weiter nachzuforschen … Die Hauptsache ist, dass man weiß, wonach man sucht. Wir haben die Gruppe lange beobachtet und mittlerweile eine gute Vorstellung darüber gewonnen, wonach wir Ausschau halten müssen. Dann warten wir geduldig auf den richtigen Moment, um in dem Gebiet simultane Verhaftungen durchzuführen. „Normalerweise geben sie keine Geständnisse zu Protokoll. Auch wenn wir sagen, dass wir belastende Beweismittel haben, die sie mit 10, 20 oder 30 Fällen in Verbindung bringen, sagen sie meistens: ,Das kann gut sein, aber unser Ehrenkodex verbietet es uns, etwas zu sagen.‘ Das verdient Respekt“, gestand Papasifakis ein. Bevor wir unser Gespräch beenden, frage ich ihn noch, ob er denkt, dass sein Team den Kampf gegen die Pink Panthers gewonnen hat—und ob die letzte Festnahme die Bande davon abhalten könnte, in weitere Juweliergeschäfte in Athen einzubrechen. „Wir haben vielleicht drei Gruppen gefasst, aber wir bilden uns nicht ein, dass sie verschwinden“, sagte er. „Sie werden wieder auftauchen, aber wenn es soweit ist, werden wir hier sein, mit noch mehr Erfahrungen."