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​Proteste und Blockaden gegen Burschenschafter in Graz

In Graz fand am vergangenen Wochenende zum 63. Mal der Ball der Burschenschaften statt. Zum ersten Mal gab es auch Proteste und Blockaden bis in die späten Abendstunden.

Foto mit freundlicher Genehmigung der OGR.

Dieser Artikel ist Teil unserer Berichterstattung zum Akademikerball 2015.

Unter dem Motto „Fasching statt Faschismus" demonstrierte am Samstag Abend das Bündnis „Offensive gegen Rechts" (OGR) gegen den Ball des Grazer Korporationsrings sowie des freiheitlichen Akademikerverbandes. Nach Wien und Linz fanden somit nun auch in Graz erstmals Proteste gegen die rechten Burschenschaften statt. Die Demonstration der OGR zog am Samstag Abend vom Südtiroler Platz durch die Innenstadt zum Hauptplatz. Offiziell endete der Protest am Hauptplatz, im Anschluss an die Demo gab es Blockaden rund um die Sperrzone, die die Polizei ausgerufen hatte. Mehrere hundert AntifaschistInnen versuchten bis circa zehn Uhr abends, die Burschenschafter an ihrer Versammlung zu verhindern. Die Polizei sorgte allerdings dafür, dass die Veranstaltung der Rechtsextremen ungehindert über die Bühne gehen konnte.

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Das Mittel der Blockaden setzt sich in immer mehr Städten durch. Überall im Land gehen Menschen gegen reaktionäre Männerbünde auf die Straße.

Laut Polizei nahmen an der Demonstration 900 Menschen teil, die OGR spricht von 1500 TeilnehmerInnen. Johanna Mayr von der OGR zeigt sich mit der Demonstration sehr zufrieden und sagt: „Wir haben ein großes, buntes, lautes, antifaschistisches Zeichen gegen Burschenschaften gesetzt." Moritz Erkl von der Sozialistischen LinksPartei, die mit einem lauten Block an der Demo teilgenommen hat, spricht ebenfalls von einem großen Erfolg.

Ihm ist vor allem wichtig, dass „rassistische, sexistische und homophobe Hetzer ihre Ideologie der Spaltung" nicht aufrechterhalten können. Er sieht den Akademikerball „als deutliches Zeichen, dass die FPÖ keineswegs ArbeiterInnen vertritt, sondern die Interessen der Wirtschaft und Eliten". Was die Wirtschaft betrifft, könnte insbesondere die steirische Brauerei Murauer künftig Absatz-Probleme bekommen, haben doch bereits erste Lokale und Events in Graz angekündigt, dass sie künftig auf das Bier der Brauerei verzichten werden, die trotz Protesten als Sponsor der Rechtsextremen auftritt.

Foto mit freundlicher Genehmigung der Jungen Grünen.

Die Blockaden im Anschluss an die Demonstration waren offensichtlich bereits im Vorfeld geplant, auch wenn sie nicht öffentlich angekündigt worden waren. Bei der Abschlusskundgebung zogen sich einige Dutzend Menschen Plastik-Ponchos über, diese waren dann auch die Signalfarben der einzelnen Blockaden. Insbesondere am Hauptplatz und bei den Zufahrten zum Congress am Murufer wurde blockiert, jeweils mehrere Dutzend Menschen waren daran beteiligt, viele andere zogen von einem Blockadepunkt zum anderen.

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Insgesamt jedenfalls hält Käthe Lichtner von der OGR Wien, die mit einer großen Delegation zur Demonstration angereist war, diese Blockade-Taktik für sehr erfolgreich: „Das Mittel der Blockaden setzt sich in immer mehr Städten durch. Überall im Land gehen Menschen gegen reaktionäre Männerbünde auf die Straße. Wir halten das für eine gute und wichtige Entwicklung." Im Zentrum der Blockaden stand schnell der Andreas-Hofer-Platz am Murufer, wo auch die meisten Burschenschafter mit ihren Taxis ankamen. Überraschenderweise wirkte allerdings gerade dieser Blockade-Punkt nicht sehr gut vorbereitet, obwohl die OGR im Vorfeld auf ihren Plänen gezeigt hatte, dass hier die wichtigste Zufahrtsstelle sein würde. Am Andreas-Hofer-Platz lichteten Fotografen sehr auffällig die Gesichter der AntifaschistInnen ab. Laut DemonstrantInnen waren es ihnen bekannte Rechtsextreme, die hier ihre Archive auffüllten.

Foto von Michael Bonvalot.

Beim Versuch, die Taxis mit den Burschenschaftern aufzuhalten, wurden an verschiedenen Punkten auch Mistkübel auf die Straße gerollt sowie Verkehrsschilder auf die Fahrbahn gelegt. Einige dieser Mistkübel sollen dabei angezündet worden sein, woraufhin sie von der Feuerwehr gelöscht wurden. Laut Polizei wurden auch drei Personen verletzt, in welchem Ausmaß diese Verletzungen gewesen seien, konnte mir auf Nachfrage bei der Grazer Polizei allerdings nicht mitgeteilt werden.

Nach der Demonstration sprachen insbesondere steirische Regional-Medien von einer „Eskalation"und berichteten über Ausschreitungen. Nachdem ich selbst fast über die gesamte Zeit der Blockaden in der Gegend rund um den Hotspot Andreas-Hofer-Platz war, kann ich diese Einschätzung allerdings nicht nachvollziehen. Es wirkt auf mich eher wie die Suche nach einer guten Story, als wie eine adäquate Gewichtung der Ereignisse. Ein deutliches Indiz für die weitgehende Harmlosigkeit der Proteste sind auch die Gründe, aus denen es zu den insgesamt zwölf Verhaftungen kam. Eine Festnahme erfolgte wegen versuchter Körperverletzung, die anderen Verhaftungen wegen verschiedener Verwaltungsdelikte, unter anderem wegen „aggressiven Verhaltens". Dieses Delikt, der Paragraf 82 im Sicherheitspolizeigesetz, besagt im Wesentlichen, dass der Versuch, eine Amtshandlung zu behindern, verboten ist, wenn er mit „aggressiven Mitteln" erfolgt.

Foto von Michael Bonvalot.

In Graz war das Ziel der Polizei, den Burschenschaften den Weg in den Kongress zu ermöglichen. Die Blockaden behinderten diese Amtshandlung, wurden also von diesem Paragrafen erfasst. Ob nun aber die Weigerung, der Polizei und damit den Burschenschaftern den Weg freizumachen, aggressiv ist oder nicht, unterliegt der Einschätzung der amtshandelnden PolizistInnen. Es handelt sich hier letztlich um einen ebensolchen Gummi-Paragrafen wie der Mittelalter-Paragraf Landfriedensbruch. Aufschlussreich ist auch, dass wegen einer Verwaltungsstrafe, etwas salopp gesagt also wegen eine Strafzettels, Verhaftungen erfolgen, obwohl auch eine Aufnahme der Daten reichen würde (falls die Betroffenen einen Ausweis dabei hatten, was bei einer Demo aber eigentlich üblich ist). Es bleibt abzuwarten, ob einige der Verhaftungen überhaupt zulässig waren bzw. die ausgesprochenen Strafen bei Beschwerden halten. Die steirische OGR gibt diesbezüglich bereits Informationen für das Verhalten nach Demonstrationen. Jetzt konzentriert sich die Initiative auf die Proteste gegen den Akademiker-Ball in Wien. Auf ihrer Facebook-Seite schreibt die OGR: „Wir hoffen ihr seid alle gut nach Hause gekommen und wir sehen uns am 30.1 in Wien! Stay Antifa!" Ihr könnt Michael auch auf Facebook folgen.