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Im Café Prückel dürfen Lesben und Schwule nicht schmusen

Mit der Begründung, dass die „Zurschaustellung von Andersartigkeit" in einem traditionellen Wiener Kaffeehaus nichts zu suchen habe, hat die Besitzerin des Café Prückels diese Woche ein lesbisches Paar aus dem Lokal geworfen.

Foto aus der Serie „Aren't They Lovely" von Eva Zar.

Ruft man im Café Prückel an, läuft ironischerweise eine sehr schlechte Version von „I just called to say I love you". Deshalb habe ich aber nicht zum Hörer gegriffen, vielmehr möchte ich von der Besitzerin Christl Sedlar wissen, was zur Hölle sie eigentlich mit „Zurschaustellung von Andersartigkeit" meint. Mit dieser Begründung—also, dass diese Zurschaustellung nicht in ein traditionelles Wiener Kaffeehaus, sondern in einen Puff gehöre—hat die Besitzerin nämlich diese Woche ein lesbisches Paar des Lokals verwiesen.

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Nachdem sich das Paar zur Begrüßung geküsst hat, wurden sie beim Bestellen von einem der Kellner gebeten, dies hier bloß nicht mehr zu machen. Das Paar blieb noch zirka eine Stunde, der Kellner kam aber nur noch einmal, um die Bestellung zu bringen und abzukassieren.

Das heterosexuelle Paar am Nachbartisch sei hingegen ganz normal bedient worden, erzählt Anastasia, eine der beiden betroffenen Frauen, als ich sie anrufe, um die Geschichte aus ihrer Sicht zu erfahren. Eine Beschwerde bei der Geschäftführung hilft nicht. Eva und Anastasia wollen sich über den Kellner beschweren, aber die Besitzerin steht vollkommen hinter ihm. Die beiden Frauen werden aus dem Café geworfen. Anastasia erzählt, Sedlar habe sich mit den Worten „Egal, was ihr macht, mein Geschäft könnt ihr nicht zerstören, nur ihr werdet zerstört werden" verabschiedet.

Sie haben sich gemobbt gefühlt, weil wir sie angegangen sind, wir haben uns gemobbt gefühlt, weil sie hier rumgemacht haben.

Am Telefon versucht Sedlar ihr Verhalten so zu rechtfertigen: „Ich finde es traurig, dass sie ihre Zuneigung öffentlich kundgeben müssen. Man kann alles von zwei Seiten sehen. Sie haben sich gemobbt gefühlt, weil wir sie angegangen sind, wir haben uns gemobbt gefühlt, weil sie hier rumgemacht haben."

Was genau sie gesagt habe, wisse sie nicht mehr. Aber es sei für sie mehr als ein Begrüßungskuss gewesen, eher ein „öffentliches Ärgernis". Auf die Frage, wie sie das Verhalten des Kellners beurteilt, sagt sie aber, sie wisse nicht, was passiert sei, bevor sie gekommen ist. Den Kuss hat sie also nie gesehen.

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Außerdem betont sie, auch Stammgäste zu haben, die lesbisch seien. Homophob wäre sie also nicht, sie würde auch schmusende Heteros rauswerfen. Dagegen spricht, dass ich selbst auch schon einmal im Café Prückel geschmust habe, aber weiterhin bedient und nicht rausgeworfen wurde.

Letzten Sommer wollte Familienministerin Karmasin erneut versuchen, etwas an der bestehenden Gesetzeslage zur Diskriminierung zu ändern. Sie wollte eine Diskriminierung aus Gründen der Religion, des Alters oder der sexuellen Orientierung auch außerhalb der Arbeitswelt verbieten. Die ÖVP-Frauen waren jedoch dagegen. Derzeit darf zum Beispiel ein traditionelles Wiener Kaffeehaus nicht einen Menschen mit der Begründung feuern oder nicht anstellen, dass er oder sie homosexuell ist, aber es darf sich sehr wohl weigern, homosexuelle Paare zu bedienen.

Um auf diesen Missstand aufmerksam zu machen, wird es kommenden Freitag eine Kundgebung vor dem Café Prückel geben, unter dem Hashtag #KüssenimPrückel kann bis dahin auf Twitter diskutiert werden.

Update: Wir haben die Aussagen der Prückel-Besitzerin überprüft, in verschiedenen Wiener Cafés geschmust und geschaut, was passiert.

Hier findest du mehr Artikel von VICE zum Thema LGBT.

Hanna ist auch auf Twitter und für Küssen im Prückel: @hhumorlos.